Schwere Hufschläge donnern über die Piste des Hipòdromo in Palma, Sand wirbelt auf. Mehrere Pferde mit Sulky-Wagen rasen nebeneinander in hoher Geschwindigkeit über die Rennbahn. Währenddessen sitzt das überwiegend mallorquinische Publikum auf der Tribüne oder im anliegenden Café und feuert mit Wettscheinen in der Hand seine Favoriten an. Ausländische Besucher trifft man eher selten. In Son Pardo bleiben die Insulaner eher unter sich.
Es ist ein milder Dezembertag. Die Sonne lässt das schweißnasse Fell der Pferde noch mehr glänzen als ohnehin schon. „Um ein gutes Trabrennen zu sehen, muss man nicht auf das kommende Wochenende warten, auch unter der Woche ist schon viel los”, erklärt Bartholomeu Crespi. Der Mallorquiner aus Pont d’Inca kommt häufig auf die Rennbahn, um zu wetten und sich mit seinen Kumpels auf einen Cortado zu treffen. „Wer auf das richtige Pferd setzt, kann einiges gewinnen. Da sind schon mal einige Hundert bis Tausend Euro drin”, bestätigt Gasper Lirola, Programmleiter der Rennbahn Son Pardo. Die Glücksspieler können beim Trabrennen entweder auf das Gewinner-Pferd setzen oder auf das sogenannte „Trio” wetten. Hierfür muss man vorab verraten, welche drei Sulkys als erste die Ziellinie erreichen. Je nach Rennen kann bereits ab 1 Euro Einsatz mitgewettet werden.
Das Trabrennen, auf Spanisch „Trote”, hat auf Mallorca eine lange Tradition. „Die Ursprünge liegen in den mallorquinischen Dörfern. Damals wurden an den freien Sonntagen Arbeitstiere zu Rennpferden umfunktioniert. Das war dann eine richtige Gaudi”, erzählt Gasper Lirola. Bei den Trabrennen ist, wie der Name schon sagt, nur die zweitschnellste Gangart Trab erlaubt. Sobald das Pferd in den noch schnelleren Galopp verfällt, wird der Jockey disqualifiziert.
Als Hochleistungssportart gewann das Trabrennen auf Mallorca erst ab den 1960er Jahren an Bedeutung – und wurde immer wichtiger. Im Mai 1961 begannen die Bauarbeiten der Rennbahn Son Pardo, am 16. Mai 1965 wurde die Anlage schließlich eingeweiht. Sie gilt nach den Instandsetzungen im Jahre 2000 wegen ihrer besonderen Kurvenneigung als eine der schnellsten Rennbahnen Europas.
Aufzeichnungen des Reitclubs „La Real Sociedad Hípica de Mallorca” dokumentieren bereits im Jahr 1919 erste professionelle Trabrennen auf der Insel. Damals gewann das Pferd „Faro” des Arztes Bernardo Roca Rayó einen der ersten offiziellen Wettkämpfe.
Ein weiterer wichtiger Austragungsort für nationale und internationale Trabrennen ist die Rennbahn in Manacor. Das Hipòdrom im Inselosten wurde rund fünf Jahre vor der Rennbahn Son Pardo fertiggestellt. Da das Hipòdrom in Manacor mittlerweile in die Jahre gekommen ist, soll es in den kommenden vier Monaten für rund 258.000 Euro modernisiert werden.
Neben den beiden Rennbahnen in den zwei größten Städten der Insel, gab es jahrelang noch kleinere Hipodromos auf den Balearen, wie zum Beispiel in Palmas Stadtteil Bons Aires, das bereits 1928 eingeweiht wurde, sowie auf der Nachbarinsel Ibiza.
Vor jedem Rennen muss der Jockey gewogen werden. Das Gewicht des Reiters kann einen großen Einfluss auf die Leistung der Pferde haben. Wiegt ein Reiter beispielsweise besonders wenig, kann das seinem Pferd einen erheblichen Vorteil verschaffen. Stichprobenartig wird auch untersucht, ob die Pferde, die an den Rennen teilnehmen, mit illegalen Substanzen gedopt sind. Danach geht es in die Aufwärmphase. Jedes Paar (Jockey und Pferd) macht sich bereit. Nach kurzer Zeit dröhnt durch die Lautsprecher die Aufforderung, sich an der Startlinie einzufinden. Beim Trabrennsport gibt es verschiedene Startmethoden: „Bänderstart”, „Autostart” oder „Fliegender Start”. Beim MM-Besuch in Son Pardo finden zwei Arten von Trabrennen statt. Das erste Rennen beginnt mit einem „Fliegenden Start”. Die Teilnehmer legen in einer bestimmten Kreisformation los und starten gemeinsam auf Kommando. Das zweite Rennen wird per „Autostart” durchgeführt. Dafür positionieren sich die Jockeys mit ihren Sulkys hinter einem Fahrzeug mit ausgebreiteten Gitterflügeln. Wenn der Start erfolgt, setzt sich das Auto in Bewegung, die Fahrer steuern ihre Pferde zur jeweiligen Startnummer, das Fahrzeug beschleunigt und das Rennen wird freigegeben. Dieser Beginn eines Rennens ist besonders spannend, da sich das Fahrzeug zügig von den Pferden und Jockeys entfernen muss. Bei beiden Rennen absolvieren die Paare eine Distanz von zwei Kilometern. Das entspricht auf der Trabrennbahn in Son Pardo etwa zwei Runden.
Nach dem Rennen nähern sich die Jockeys in ihren Sulky dem Publikum. Nicht nur die Pferde sind aus der Puste, sondern auch die Fahrer. Die Anspannung fällt nach dem Wettkampf sichtlich von ihnen ab. „Wer Jockey werden will, muss zunächst eine langjährige Ausbildung absolvieren. Zudem ist es notwendig, stetig auf das Körpergewicht und die Fitness zu achten. Da muss schon viel Leidenschaft und Liebe zum Pferdesport vorhanden sein”, erklärt Jockey Jaume Fluxá.
Für die einzelnen Wettkämpfe reisen sowohl Jockeys samt Pferde von der ganzen Insel an. Auf der eigenen Anlage von Son Pardo befinden sich derzeit etwa rund 50 bis 60 Tiere. „Bei den meisten handelt es sich um Jungpferde, sogenannte Traber, zwischen zwei und vier Jahren, die für ihre ersten Rennen gezüchtet und trainiert werden. Die Pferde sind athletisch gebaut. Bei der Farbgebung handelt es sich meistens um Füchse, Braune oder Rappen”, erklärt Gasper Lirola.
Wer sich den mallorquinischen Volkssport einmal aus nächster Nähe anschauen will, kann ein Trabrennen in Manacor oder in Son Pardo in Palma kostenlos besuchen. Weitere Informationen finde Sie unter: www. hipo dromsonpardo.com.