Als Fernando Ducasse vor rund zehn Monaten von Buenos Aires nach Mallorca auswanderte, suchte er vor allem eines: ein besseres Leben. „In meiner Heimat Argentinien stehen Gewalt und Korruption an der Tagesordnung. Dort wollte ich keine Familie gründen und Kinder großziehen”, so der 31-Jährige. Der Umzug auf die Baleareninsel war für den jungen Südamerikaner rückblickend die beste Entscheidung, die er treffen konnte. „Ich fand sofort eine Unterkunft, einen Job als Hundesitter bei der Tierschutzorganisation Feliz Animal in Andratx und konnte meiner Leidenschaft, der koreanischen Kampfkunst Sipalki-do nachgehen.”
Bereits im Alter von sieben Jahren kam er mit der asiatischen Lehre in Kontakt. Um die Trennung seiner Eltern besser verarbeiten zu können, riet ihm seine damalige Therapeutin, sich einer Kampfkunst zu widmen. Dabei stieß er auf Sipalki-do. Mittlerweile praktiziert er diese schon seit zwanzig Jahren.
Bei Sipalki-do handelt es sich um eine klassische Kampfkunst koreanischen Ursprungs, deren zeitgenössische Version in Argentinien vom Großmeister Yoo Soo Nam (1940-2018) entwickelt wurde. Heutzutage wird die Lehre von seinem Sohn Yoo Dae Won weitergetragen. Si Pal Ki bedeutet „18 Kampftechniken” und wird seit 1759 praktiziert. „Do” bezeichnet den Weg des Wissens oder der Erkenntnis. Bei 17 Techniken kommen auch Waffen zum Einsatz. Dazu zählen zum Beispiel Säbel, Messer, Sperre oder Lanzen. „Damals wurde die Kampfkunst im Krieg verwendet. Sie dient vor allem zur Selbstverteidigung und stärkt das Selbstbewusstsein”, so der 31-Jährige.
Bei der koreanischen Lehre geht es allerdings nicht nur um Kriegsführung. „Es geht weniger um Kampf, sondern mehr um Kunst. Man lernt, seinen Emotionen Ausdruck zu verleihen und seine Gefühle besser zu handhaben”, erklärt Fernando Ducasse.
Die positiven Auswirkungen sind schon nach wenigen Trainingseinheiten spürbar. „Die Schüler fühlen sich nicht nur physisch deutlich fitter, sie haben auch mehr Selbstvertrauen und handeln überlegter und weniger aus einem Impuls heraus”, erklärt der Südamerikaner. Während einer Klasse kann es auch schon einmal laut werden. „Schreien gehört ebenfalls dazu. Ursprünglich sollte das vor allem den Gegner einschüchtern, aber natürlich hilft es auch seinen Gefühlen freien Raum zu lassen. Vor allem bei Wut und Trauer kann Schreien wahre Wunder bewirken”, erklärt Fernando Ducasse. Für den 31-Jährigen ist Sipalki-do nicht nur eine Kampfkunst, sondern eine Lebenseinstellung. „Wenn du auf der Matte mutig bist und deinem Gegner gegenüber treten kannst, dann kannst du dich auch im wahren Leben jeder Situation stellen.” Nicht nur seine Schüler tanken also während der Stunden neue Kraft. „Immer wenn ich zum Training komme, ist es so, als ob ich meinen Rucksack mit Problemen kurz abstelle. Und danach sieht die Welt schon wieder anders aus.”
Fernando Ducasse unterrichtet jeweils montags und donnerstags von 18.30 bis 20 Uhr im Studio Senshi in Can Pastilla und samstags ab 11 Uhr in Santa Ponça.