Aufgeregt gackernd stürmt die Hühnerschar in den Stall, denn der Futterautomat hat sich in Bewegung gesetzt, und die Hennen kennen sein Geräusch genau. Durch Rohre schickt die Maschine Trockenfutter in zylinderförmige Tröge. Während sich die meisten Hühner um die Futterstellen scharen, wackeln manche glucksend zum Stallende und hocken sich in Strohkästen.
"Das sind die Legeboxen", erklärt die Hofleiterin Fani Zuzama. "Ganz junge Hennen legen ihre Eier normalerweise zunächst irgendwo auf dem Fincagelände ab, aber dann gewöhnen sie sich rasch an die Boxen, weil sie geschützte Stellen mögen." Die gut fünf Hektar große Finca Son Boira liegt bei Llubí unweit von Inca und ist die einzige zertifizierte Bio-Eier-Farm auf Mallorca.
Es gibt noch andere Betriebe, die Eier "aus ökologischer Produktion" verkaufen. Ohne offizielle Registrierung können in Spanien bis zu 50 Hühner gehalten werden. Alles, was darüber hinausgeht, wird jedoch kontrolliert.
In Son Boira leben 1100 Hennen. Und ein Hahn. Laut Fani Zuzama hat man ihn aber von den Legehennen getrennt, da befruchtete Eier nicht verkauft werden dürften. Gemäß der EU-Rechtsvorschriften für ökologischen Landbau haben die Hennen von Son Boira ständig Frischluft, Ställe mit viel Tageslicht und Auslauf ins Freie, wobei die Mindestanforderungen von sechs Quadratmeter Stallfläche und vier Quadratmeter Auslauffläche pro Tier sogar übertroffen werden.
Jedes Huhn hat also reichlich Raum zum Ruhen, Laufen, Picken, Scharren, Staub- und Sandbaden, außerdem gibt es einen Scharrraum mit eingestreutem Stroh. "Als Futter geben wir den Hühnern Mais, Soja und grüne Alfalfa, alles aus ökologischem Anbau, und Molke als Ergänzung", zählt Fani Zuzama auf. Den Boden, auf dem die Hennen picken, bewirtschaftet sie ebenfalls ohne Chemie. Für den Legehennenbetrieb hat sie die Rasse Isa Brown gewählt, weil sie widerstandsfähig und sehr produktiv sei, meint die Landwirtin.
Im Alter von 16 Wochen kommen die Küken auf den Hof. Einen Monat später beginnen sie mit der Eiproduktion. Eineinhalb bis zwei Jahre lang seien die Hühner sehr fleißig. "Danach fressen sie mehr und legen weniger Eier", so Fani Zazuma. Die älteren Hühner gibt sie an Privatleute oder kleinere Höfe ab. Viele landen im Suppentopf.
Am produktivsten seien die Hennen im Frühjahr. Dieses Jahr hat Son Boira zu dieser Zeit 1000 Hennen beherbergt, die täglich 750 Eier gelegt haben. Bei Hitze und großer Kälte sinke die Eiproduktion stark.
Isa-Brown-Eier haben eine feste, braune Schale, aber die Farbe des Eigelbs variiert je nachdem, was die Hennen gerade gefressen haben. "Im Frühling ist das Eigelb kräftiger, weil die Hennen viel frisches Alfalfa picken. Im Sommer wird die Farbe blasser, da sie mehr Trockenfutter zu sich nehmen. Aber schmecken tun sie immer lecker", meint die Landwirtin.
Eine Sortiermaschine klassifiziert die Eier nach Gewicht von S (bis 55 g) bis XL (über 75 g). Danach bekommt jedes Ei einen Stempel. Er beginnt mit "0" für Bio, dann folgt "ES" für Spanien, schließlich noch die Nummer der Finca. Gestempelt und verpackt verteilt Fani Zuzama die Eier dann auf verschiedenen Märkten in Palma, in ausgesuchten Lebensmittel- und Feinkostläden.
Bio-Eier kosten ein Mehrfaches von konventionellen Eiern, doch die Nachfrage sei trotz Wirtschaftskrise groß, sagt die Hofleiterin von Son Boira. Das Umweltbewusstsein wachse eben, so ihre Erklärung. Mais und Soja, die Hauptfuttermittel für Hühner, seien im konventionellen Betrieb gentechnisch verändert - im Gegensatz zu ihrem Öko-Futter. Allerdings sei Biofutter auch sehr teuer, besonders auf den Balearen, da es vom Festland auf die Insel geschifft werden müsse.
Fani Zuzama hat die Finca vor zwei Jahren von ihrer Schwester übernommen. Eigentlich sei sie Sozialpädagogin, erzählt sie, doch als ihr Schwager ernsthaft erkrankte, sei sie eines Tages mit ihrem Vater zur Finca gefahren, um die Hühner zu füttern - und dort geblieben. "Meine neuen Schüler sind gehorsamer als die alten", meint sie lachend. Ihren alten Job vermisse sie ein bisschen, aber gegen die Arbeit in der Natur und mit den Tieren wolle sie ihn nicht mehr eintauschen. Wenn sie müde sei, dann körperlich, nicht mental. Das sei viel angenehmer.
Letztes Jahr habe sie sich im Sommer verrückt gemacht, weil die Hühner so wenig Eier legten. Diesen Sommer sei sie gelassener gewesen: "Man lernt, den Rhythmus der Natur zu respektieren. Wir sollten uns daran gewöhnen, dass wir nicht zu jeder Jahreszeit alles essen können."