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Die Quittung fürs Recyceln

Auf der Insel wird weniger Müll produziert, gleichzeitg muss Abfall importiert werden

Braucht Futter: Die von der Firma Tirme betriebene Müllverbrennungsanlage in Son Reus. | Foto: Miquel Àngel Cañellas

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"Balearen - Landesmeister im Glas-Recycling", titelte die MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" kürzlich. Allein auf Mallorca soll jeder Einwohner im Schnitt 23,6 Kilogramm Glas pro Jahr sammeln.

Mallorca Vorreiter in Sachen Recycling und gleichzeitig Importeur von Müll? Joan Mateu, Sprecher des Müllentsorgers Tirme, der im Auftrag des Inselrats für die Abfallverwertung zuständig ist, kann beides erklären. Die hohe Recyclingquote liege vor allem an den Hotels, die teilweise ausgefeilte Systeme erfunden haben, um effektiv den Müll zu trennen. Das wird prämiert und bringt Tirme gleichzeitig ein Problem: Eine mangelnde Auslastung der Müllverbrennungsanlage. Daher bestehe die Notwendigkeit von Müllimporten aus Italien und vom Spanischen Festland. 125.000 Tonnen sollen im kommenden Jahr in der Müllverbrennung von Son Reus verbrannt werden.

Mateus Mitarbeiterin stellt einen Kasten voller Restmüllschnipsel auf den Tisch, der an eine Art Hamsterkäfig erinnert. In dieser Form komme der Müll aus Italien auf die Insel. "Geliefert wird nur in den Monaten Oktober bis Mai, das ist ganz klar abgesprochen", sagt Mateu. Die touristische Saison solle nicht beeinträchtigt werden.

Im Übrigen seien Müllimporte nichts Ungewöhnliches, Deutschland sei einer der größten Importeure in Europa. Das "Konfetti", wie Mateu die Restmüll-Streifchen nennt, sei schlicht notwendig, um die Anlage am Laufen zu halten. "Tarife erhöhen oder die Einnahmen? Der Inselrat hat sich für die zweite Option entschieden", sagt er.

Um sechs bis sieben Prozent sei das Restmüll-Aufkommen in den vergangene Jahren zurückgegangen. Im vergangenen Jahr standen zwei von vier Öfen fast fünf Monate still, die Brennrate war entsprechend gering. "Das bedeutet Kosten", sagt Mateu. Der Rückgang sei zum einen der Krise, zum anderen auch der steigenden Bereitschaft zum Recyceln geschuldet. "Wir sterben am Erfolg", sagt er. Der Satz stammt nicht von ihm, sondern einer Besucherin aus Schweden. In dem skandinavischen Musterland hat man mit demselben Problem zu tun. Auf der Insel komme der große Unterschied zwischen Haupt- und Nebensaison hinzu.

Dass die Anlage mit dem Ausbau 2011 auf eine Kapazität von 700.000 Tonnen pro Jahr schlichtweg zu groß geworden sein könnte, ist für Mateu kein Thema. Man sei von anderen Zahlen ausgegangen und müsse auch in der Hauptsaison funktionieren. "Ein Ausfall in unserem System könnte im August fatale Folgen haben." Man verfahre nach dem Prinzip, dass kein Abfall auf der Halde lande.

Schließlich liefere man auch Energie. Mit vier Prozent sei die Müllverbrennung am gesamten Energieaufkommen der Insel beteiligt, damit könnte eine Stadt wie Manacor mit Strom versorgt werden. Allerdings habe Madrid die Prämien für erneuerbare Energien gestrichen, davon sei auch die Müllverbrennung betroffen. Früher gab es zwölf Euro pro Tonne, heute nichts.

Ungeachtet der Notwendigkeit, den Brennöfen Futter zu liefern, bringen die Tirme-Mitarbeiter auch die Segnungen des Recycling-Systems unter die Leute, wenn zum Beispiel Schulklassen die hochmoderne Anlage besuchen. "Wir wollen, dass die Leute Wertstoffe trennen, und alles, was wir zum Recyceln bekommen, wird auch recycelt", betont Mateu und begegnet damit Gerüchten, dass zuvor getrennt gesammelter Abfall den Öfen zum Fraß vorgeworfen werden könnte.

Immer wieder betont er im MM-Gespräch, dass die Formel "Je mehr Recycling, umso billiger wird der Müll für alle" nicht stimme. Vielmehr sei die Restmüllverbrennung eine Art Sponsoring fürs Recyceln. "Recycling ist teurer als verbrennen, nicht nur hier, sondern in der ganzen Welt. Wenn man vom wirtschaftlichen Standpunkt ausgehst, würden wir nie recyceln. Man muss also einen Ausgleich finden. Es darf keinen Zusammenstoß beider Systeme geben."

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