MM: Was war in 25 Jahren DO Binissalem der schönste Moment für Sie?
José Luis Roses Ferrer: Das war 2013, als bei der Weinmesse Mundus Vini in Neustadt an der Weinstraße fünf Goldmedaillen an spanische Weine gingen, und davon drei an die DO Binissalem. Wenn man bedenkt, dass wir mengenmäßig lediglich ein Tausendstel der spanischen Weinproduktion liefern, ist das um so beachtlicher.
MM: Welches waren seinerzeit die ersten Schritte auf dem Weg zu einer eigenen Herkunftsbezeichnung Binissalem?
Roses: Mein Großvater José Luis Ferrer war es, der 1974 einen Brief nach Madrid schrieb, um die Gründung anzuregen. Gelungen ist sie dann aber erst 15 Jahre später, denn in den 70er Jahren war es erklärte Politik der Regierung, nur die großen Weinbauregionen zu fördern. Wir als Nischenregion hatten zunächst keine Chance, obwohl Binissalem ja eine Jahrhunderte alte Weinbautradition hat. Vor der Gründung der DO hatten wir eine schwierige Situation, da massenhaft Wein vom Festland importiert und industriell abgefüllt wurde. Es war erlaubt, ihn mit der Bezeichnung "Mallorca" zu verkaufen, während vor Ort die Reben herausgerissen wurden. Es war wichtig, den Namen zu schützen und zu verteidigen.
MM: Wo liegen die Stärken der DO Binissalem?
Roses: Die autochthonen mallorquinischen Traubensorten wie die rote Mantonegro sind ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Interessant ist zudem die Weißweinsorte Moll, die auch Premsal genannt wird. Hier sehe ich noch viel Potenzial für die Zukunft. Auch die roten Callet-Trauben sind dazu geeignet, unseren Weinen Charakter zu geben, und sollen verstärkt produziert werden. Durchaus ohne Beimischung von internationalen Sorten, wie sie momentan vorgeschrieben ist. Derzeit darf ein reiner Callet-Wein nicht als DO Binissalem verkauft werden, sondern nur als Landwein ("Vi de la Terra de Mallorca"). Mit Brüssel und Madrid arbeiten wir daran, dass das flexibler wird. Interessant sind übrigens auch die wiederbelebten historischen Varianten Giró Blanc und Gorgollassa, die seit 2012 wieder offiziell verwendet werden dürfen.
MM: Wäre es nicht besser, die Anbauregionen Binissalem und Pla i Llevant zu einer "DO Mallorca" zu fusionieren?
Roses: Es gab diese Idee, aber technisch ist das ausgeschlossen, weil das Terroir und die Charakteristika einfach zu unterschiedlich sind. Unter Wissenschaftlern ist die Besonderheit der DO Binissalem anerkannt, was natürlich auch dazu führt, dass wir keine Trauben aus Manacor kaufen dürfen. Aber natürlich haben wir alle sozusagen den Nachnamen "Mallorca", der gemeinsam mit der Herkunftsbezeichnung verwendet werden darf. Gemeinsames Marketing oder Messestände sind natürlich denkbar. Und unabhängig von der DO gibt es ja den Landwein "Vi de la Terra de Mallorca".
MM: Die DO ist von 300 auf 600 Hektar gewachsen. Kann das so weitergehen?
Roses: Nein, denn neue Anbauflächen darf es im Zeitraum 2016 bis 2030 nur noch mit staatlicher Genehmigung geben. Bisher war es auch erlaubt, Anbaurechte auf dem Festland zu kaufen und im Gegenzug dort Flächen stillzulegen. Damit ist nun Schluss. Vielleicht ist jährlich noch ein Prozent Wachstum möglich. Hier ist das aus wirtschaftlicher Sicht interessanter als in der Mancha, wo Wein für 40 Cent pro Liter erzeugt wird.
MM: Wie wichtig ist auf Mallorca der Öko-Anbau?
Roses: Mittlerweile haben wir acht Prozent Öko-Anteil. Das Klima ist ideal geeignet, um auf viele Zusatzstoffe verzichten zu können. Zertifiziert wird das nach EU-Regeln vom Rat für biologische Landwirtschaft der Balearen.
MM: Dank der zwölf Millionen Touristen ist die Rede davon, dass rund um Binissalem ein europäisches "Napa Valley" entstehen könnte. Wie weit ist diese Entwicklung auf einer Skala von eins bis zehn gediehen?
Roses: Vielleicht liegen wir bei drei oder vier, wobei die großen Bodegas vielleicht schon etwas weiter sind. Es gibt also noch viel zu tun. Trotzdem hat sich schon viel bewegt. Inzwischen kommen sogar am Sonntag Kreuzfahrtgäste per Taxi nach Binissalem, um sich mit Wein einzudecken. Wir haben jetzt die Chance, nicht nur Wein zu verkaufen, sondern auch Events. Das ist eine ideale Ergänzung zu anderen Segmenten wie Golf- oder Strandtourismus.
MM: Wie sieht man in Binissalem, dass sich immer mehr betuchte internationale Residenten eine Finca mit eigenem Weinbau zulegen?
Roses: Schon seit den Zeiten von Robert Graves haben sich Ausländer auf Mallorca ja als große Verteidiger der ländlichen Kultur hervorgetan. Ich kann es gut verstehen, wenn zur Yacht jetzt auch noch Rebland dazu kommt. Allerdings ist Wein nicht so einfach herzustellen wie Olivenöl. Manche Hobbywinzer verlieren deswegen irgendwann die Lust und verkaufen ihre Trauben lieber an Bodegas.
(aus MM 45/2015)