Wer offenen Auges über die Playa de Palma läuft, der sieht, dass der von den Politikern versprochene Wandel tatsächlich auf dem Vormarsch ist. Es fallen renovierte und aufgehübschte Hotels auf, umgestaltete Strandbars, redesignte Lokale. Der Wandel ist auf dem Vormarsch - ungeachtet der Versprechungen der Politiker. Denn das große Geld, das die Modernisierung der angejahrten Tourismusmeile finanzieren sollte, ist seitens der öffentlichen Hand nie geflossen, von nicht nennenswerten Beträgen einmal abgesehen.
Und doch hat sich in den vergangenen zwei, drei Jahren viel getan. Es waren vor allem die großen Privatunternehmen, die Geld in die Hand nahmen und ihre zum Teil jahrzehntealten Hotels generalsanierten. Häufig wurden die Betriebe so umgebaut und ausgestattet, dass die Sterne-Kategorie aufgewertet werden konnte. Seit 2012 investierten die Unternehmen 280 Millionen Euro in das Aufhübschen ihrer Bettenburgen.
Die pekuniären Anstrengungen zeigen Erfolg: Im vergangenen Jahr eröffnete mit dem umgebauten Garonda nach 40 Jahren Auszeit erstmals wieder ein Fünf-Sterne-Hotel an der Playa de Palma. In diesem Sommer kam mit dem Iberostar Playa de Palma ein zweites saniertes Luxus-Hotel hinzu. Es besitzt auf dem Dach den ersten großzügigen Infinity-Rooftop-Pool, der an dem 4,81 Kilometer langen Sandstreifen der Bucht zu finden ist. Und 2017 werden zwei weitere Fünf-Sterne-Neubau-Hotels unweit der berüchtigten Ballermann-Zone in Betrieb gehen.
Dass die Hoteliers bereit waren, in ihre alte Bausubstanz zu investieren, ist einem ehemaligen Rechtspolitiker zu verdanken, der sowohl bei der Opposition als auch in der eigenen konservativen Partido Popular äußerst unbeliebt gewesen ist. Carlos Delgado boxte 2013 als Tourismusminister das "Dekretgesetz für dringende Maßnahmen" durch. Es erklärte die Playa de Palma zur "gereiften Tourismuszone" und sah weniger Bürokratie bei der Erteilung von Baulizenzen vor. Hoteliers, die ihre Übernachtungsbetriebe von Grund auf sanierten und die Kategorie erhöhten, durften in bestimmten Fällen bis zu zwei zusätzliche Etagen aufstocken. Diese Möglichkeit wurde von den Unternehmern gerne genutzt, um dort edle Hotelsuiten zu integrieren. Sie bringen deutliche höhere Renditen als der Verkauf von veralteten Zimmern auf Drei-Sterne-Niveau, sagt die Branche.
Es ergibt sich an der Playa de Palma somit das kuriose Bild, dass immer mehr Hotels in der ersten Linie edel in neuem Glanz erstrahlen; der öffentliche Raum in ihrer Umgebung - Straßen, Bürgersteige, Sitzbänke, Beleuchtung, Kanalisation - wirkt jedoch nach wie vor schäbig und verlottert. Das sind Widersprüche, die einen Kontrast wie Tag und Nacht bilden.
Doch selbst in dieser Umgebung ist stellenweise ein Wandel zumindest im Privatsektor zu erkennen: Hier und da entstehen Lokale, die mit einem neuen Look aufwarten. Statt der bisherigen Standards gibt es mehr Surf- und Beach-Atmosphäre, legen die Verantwortlichen Wert auf fröhliche Farbigkeit, gediegene Materialien, mediterranisch-karibisch-pazifisches Ambiente. Statt Eimern oder Bierseideln mit überlangen Strohhalmen stehen eisgekühlte Longdrinks auf den Tischen. Cocktail-Beach contra Bier-Playa.
Es liegt auf der Hand, dass die kaufkraftstarken Gäste eines Edelhotels beim Ausgehen an ihrem Urlaubsort ebenfalls Lokale gehobener Service-Kategorie vorzufinden erwarten. Und es gibt Gastronomen an der Playa, die diesen Trend bereits bedienen. Einige von ihnen haben sich in einer frisch gegründeten Unternehmer-Lobby eigenen Qualitätsstandards verpflichtet, die den Wandel an der Tourismusmeile beflügeln sollen.
Auch namentlich geht die Tendenz weg von der bisherigen "Playa". Die neue Stoßrichtung verwendet lieber "Beach". Das klingt mehr nach Miami und Kalifornien, und lässt die schmuddelige "Ballermann"-Playa hinter sich. Jüngstes Beispiel: Die neue Edel-Werbemarke "Palma Beach" und die in diesem Sommer eröffnete Chill-out-Lounge des Nautikklubs Arenal, "Varadero Beach".
Der Wandel ist spürbar, auch wenn die Politik sich schwertut mit einer adäquaten Begleitung des Prozesses. Für die hochfliegenden Umgestaltungspläne, wie sie der niederländische Landschaftsarchitekt Adriaan Geuze 2008 vorgestellt hatte, fehlten stets Geld und Mut zur Umgestaltung.
Und selbst die Verordnung der "Benimm-Regeln", die 2014 vom Stadtrat in Kraft gesetzt worden war, musste wegen Formfehler abgeschafft werden, so dass nun wieder eine frühere Verordnung gegen Saufgelage in der Öffentlichkeit greifen muss.
Die Verbote sind da, was zählt, ist ihre Einhaltung durchzusetzen. Das gilt auch für die Maßnahmen gegen die Kleinkriminalität, Hütchenspieler, Taschendiebe, Markenfälschungen, Straßenprostitution. Die anhaltende Aufarbeitung des Polizeiskandals durch die Justiz wird in diesem Bereich sicher noch positive Auswirkungen zeigen.
Ungeachtet aller bisherigen Defizite der öffentlichen Hand und ihrer Verwaltungsbehörden setzt die Privatwirtschaft explizit auf "Palma Beach" - auch weil sie die Chance sieht, auf dem Sandstreifen deutlich mehr Gewinne einzufahren als früher. Schickes bringt Schecks.
Tourismusminister Biel Barceló wird nicht müde, in Madrid versprochenes Geld einzufordern. "Wir sind den privaten Unternehmern, die ihre Geschäfte, Bars und Restaurants modernisiert haben, zu Dank verpflichtet. Das ist der richtige Weg, wenn wir weniger Partyurlauber und mehr Familien- und Qualitätstourismus für die Playa de Palma wollen."
(aus MM 33/2016)