Das Thermometer zeigt im Schatten 15 Grad an. Doch im prallen Sonnenschein fühlt sich die laue Meeresluft nahezu frühsommerlich an. Das Meer glitzert verführerisch, der Strand ist weiß, breit und - menschenleer. Bis auf vielleicht vier, fünf Strandbesucher, die sich so nah ans Wasser gesetzt haben, dass von der Promenade aus betrachtet lediglich ihre Kopfbedeckung hinter der abfallenden Sanddüne hervorragt.
Die Playa de Palma wirkt am Sonntagnachmittag, dem ersten Tag der verkündeten Ausgangssperre, geradezu unbewohnt. Die Bierstraße liegt verlassen da, alle Lokale sind zu. "Gestern war hier noch alles offen", sagt ein braungebrannter Deutscher, der einsam die Hauptstraße längs läuft und mit dem Kopf in Richtung der Gasttätten wie "Deutsches Eck" und "Et Dömsche" nickt. "Jetzt ist alles dicht - wegen Corona."
Schon die Fahrt an die Playa ist eigenartig. Die Autobahnen liegen gespenstisch leer da, auch Palmas Zentrum wirkt wie ausgestorben. "Keine unnötigen Fahrten", mahnen die Leuchtanzeigen an der Autopista, "der Notstand ist ausgerufen".
Die weiße Strandkirche auf halbem Wege zwischen Bier- und Schinkenstraße liegt verlassen im Sonnenschein, im Park dahinter warten drei Taxifahrer auf Kundschaft. Ratlos zucken sie mit den Schultern auf die Frage, ob sie heute noch mit vielen Fahrten rechnen.
Auch der Platz um die weiße Strandkirche an der Playa de Palma ist verlassen. Foto: as
Auf der Meerseite sind die Geschäfte wie verrammelt. Einzig zwei Souvenirgeschäfte, die neben Handtüchern und Sandspielzeug auch Obst, Chips, Kekse, Eis und Getränke verkaufen, haben geöffnet, dürfen geöffnet haben. Doch auch hier ist Kundschaft so gut wie Mangelware.
Alle Lokale und Läden haben geschlossen, bis auf die Lebensmittelkioske. Foto: as
Am geschlossenen Strandkiosk Six, dem legendären einstigen "Ballermann 6", hat sich ein Trio an die niedrige Mauer gestellt, die den Strand von der Promenade abtrennt. Auf dem Deckel einer Mülltonne steht eine Literflasche Coca-Cola, die Männer genießen die warmen Strahlen bei nacktem Oberkörper, die Frau blickt durch ihre Sonnenbrille aufs Meer. Weit und breit sind keine Handvoll Passanten auszumachen. Ein Afrikaner rollt auf einem Fahrrad mit zwei am Lenker hängenden Plastiktüten über das Holperpflaster.
Keine fünf Menschen am "Ballermann 6". Foto: as
Es gibt sie: Urlauber an der Playa de Palma, die jetzt, Mitte März, knapp vier Wochen vor Ostern, hier ihre Ferien verbringen. Sie sitzen auf den Balkons der Hotels wie etwa dem Riu San Francisco oder dem Playa Golf in der Sonne, lediglich mit einer Badehose angetan. Seitdem die Ausgangssperre in Spanien gilt, seit diesem Sonntag, und somit vorgezogen um einen Tag, dürfen auch die Touristen die Hotelanlagen nur noch aus unerlässlichen Gründen verlassen, etwa zur Abreise, zum Arztbesuch oder um Lebensmittel im Shop um die Ecke einzukaufen.
Ausgangssperre: Hotelgäste sonnen sich auf den Balkons. Foto: as
"Wir weisen die Gäste seit heute morgen darauf hin", sagt der Rezeptionist. Manche der Urlauber seien vorzeitig abgereist, rund 100 Gäste wohnen aber derzeit in dem Haus. Sie können sich am Pool und auf den Gemeinschaftsflächen aufhalten. Durch den Zaun des Hipotels hinter dem abgeriegelten Mega-Park sieht man die Gäste in Shorts und Badebekleidung auf den Sonnenliegen im Garten verteilt.
Zwei junge Männer aus Bayern verlassen ihr Hotel. "Wir sind von der Aussgangssperre kalt erwischt worden", sagen sie. Sie bewegen sich in die Straße hinter dem geschlossenen Bierkönig, um einen Fahrradverleih aufzusuchen. Erst hieß es, sie dürfen radeln, doch nun ist klar, auch das ist untersagt. Sie gehen den Deal annullieren. Am Montag fliegen sie nach einer Woche Mallorca wie geplant nach Deutschland zurück.
Zwei Gäste kehren zurück in ihr Hotel. Foto: as
An der Playa de Palma ist es - ohne Autos, Passanten und dudelnden Kneipen - so still, dass man die Vögel singen hört. Während auf den Feldern im Hinterland der Playa die wilden Margariten und die Mimosenbäume in üppigstem Gelb aufleuchten, ergehen sich die gefiederten Gesellen eifrig in ihren Balzgesängen.
Nur an der Baustelle des Hotels Riu Concordia ist etwas Lärm zu vernehmen. Handwerker sind in dem Gebäude eifrig mit Hämmern und Bohren beschäftigt - sogar am Sonntagnachmittag. Die Neueröffnung steht demnächst bevor, dann, wenn es nach dem Coronavirus an der Playa de Palma wieder so richtig brummen soll.
Das Hotel Riu Concordia wird derzeit renoviert. Foto: as