"Zum Glück habe ich viele Stammgäste“, erzählt Juana Prohens. Die Mallorquinerin, die lange Jahre in Stuttgart gelebt hat, vermietet in Sineu zwei Ferienhäuser. „Denn sie machen sich Gedanken, wo ich als Vermieterin in diesen Krisenzeiten mein Geld herbekomme.“ Um die Hälfte seien die Buchungen aufgrund von Covid-19 bei ihr eingebrochen. Doch viele Gäste würden anstatt zu stornieren auf den Herbst oder ins kommende Jahr umbuchen. Zu Juana Prohens kommen vor allem deutsche Urlauber, das sind Familien aber auch Leute, die ihre Computerarbeit vom Homeoffice für ein paar Tage nach Mallorca verlagern. „Wer hauptsächlich an Briten vermietet, bei dem sieht es zurzeit noch schlechter aus“, weiß sie.
Wie tritt sie der Krise entgegen? „Ich investiere“, sagt sie, „für beide Häuser habe ich Jacuzzis gekauft, das brachte mir vier Neubuchungen ein“. Jeder neue Kunde sei zudem ein potenzieller Gast im kommenden Jahr. Auch die Preise senkt die Ferienvermieterin. „Ich denke, nun wird sich die Spreu vom Weizen trennen.“ Viele Eigentümer hätten nicht in ihre Ferienwohnungen oder -häuser investiert. „Viel Geld mit wenig Aufwand zu machen, das funktioniert nicht mehr“, befindet die Reisekauffrau. Die Urlauber würden sich in privaten Ferienunterkünften sicherer fühlen, weiß Juana Prohens von ihren Gästen zu berichten. Sie lässt am Tag vor der Ankunft neuer Reisender das Haus desinfizieren. Zudem stören sich viele an der Maskenpflicht im Hotel.
„Ich denke, die Ferienvermietung ist in diesen Zeiten mehr denn je die Zukunft des Tourismus auf Mallorca. Es ist wie Urlaub zu Hause – nur besser“, sagt Jordi Cerdó, Vorsitzender des Verbands der Ferienvermieter (ETV) auf Mallorca. „So ein Urlaub ist günstiger, individueller und sicherer als im Hotel. Das ist doch Luxus!“ Seine Gäste seien froh darüber, „isoliert“ ihren Urlaub verbringen zu können. „Manche verlassen das Grundstück nur, um ab und zu mal einzukaufen, das war’s dann auch schon.“ Er denkt, dass, so lange es keine Impfung gegen das Coronavirus gibt, Reisende individuelle Unterkünfte bevorzugen. Jordi Cerdó berichtet davon, dass es bereits Buchungen für 2021 gibt. Viele Urlauber würden den direkten Kontakt mit dem Ferienvermieter ohne Zwischenhändler schätzen.
Im Juli lag die Auslastung bei den 1400 Mitgliedern des Verbandes bei 60 Prozent, im August bisher bei 23 Prozent. „Es ist alles in allem ein schlechtes Jahr. Doch zurzeit retten uns die Deutschen“, sagt Jordi Cerdó. Zum Vergleich: Bei den großen Hotels liegt die Auslastung im Hochsommer bei 34 Prozent, so der Hoteliersverband Playa de Palma. In der Gegend um Pollença seien derzeit zwei Prozent der Ferienhäuser ausgelastet, dort verbringen normalerweise gern die Briten ihren Urlaub. „Doch die Johnson-Regierung mit ihrer Quarantäne macht uns einen Strich durch die Rechnung.“ Im Inselinneren liege die Auslastung bei 15 bis 20 Prozent, wesentlich besser laufe es hingegen in der Gegend rund um Colònia de Sant Jordi.
„Die Eigentümer investieren jedes Jahr in ihre Ferienimmobilien“, sagt Cerdó. Auch er ließ erst im November für 30.000 Euro Bäder sanieren. „Doch jetzt ist nicht der Moment für große Ausgaben, jetzt muss jeder das Geld zusammenhalten.“ Viele Vermieter seien Rentner, die ihre Familien, Kinder und Enkel mit dem Zuverdienst unterstützen – gerade in Zeiten von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. Lediglich fünf Prozent würden allein von der Ferienvermietung leben können.
„In der Ruhe eines Agroturismo liegt sein Luxus“, sagt Miquel Artigues, Vorsitzender des Verbandes der Landhotels. „Die Betreiber müssen viele Stornierungen hinnehmen“, berichtet er. Die Auslastung der Häuser liege bei 55 Prozent, fast alle Agroturismos haben geöffnet. „In den Vorjahren waren die Häuser im Sommer oft komplett ausgebucht.“ Die Gäste stammen zum Großteil aus dem Ausland, darunter viele Deutsche, aber auch Einheimische urlauben dort. Einige Landhotels öffneten bereits Mitte Mai für Gäste von der Insel, um so den Betrieb anzukurbeln.
Bald soll eine Werbekampagne starten, die vor allem Ärzte und medizinisches Personal auf den Balearen und dem Festland anspricht, ihren Urlaub im Oktober und November in einem Agroturismo zu verbringen. „Wir hoffen, so die Saison ein wenig verlängern zu können“, sagt Artigues. Er denkt, dass die kleinen Landhotels im kommenden Jahr den Vorteil, fernab vom Massentourismus zu sein, nutzen könnten: „Doch wir müssen abwarten, wie sich die Coronakrise entwickelt.“
(aus MM 34/2020)