Kann es sein, dass sich Mallorcas Reise- und Tourismus-experten auf Mallorca bei ihren euphorischen Saisonprognosen in den vergangenen Monaten doch geirrt haben? Dass diesen Sommer keine neuen Rekorde hinsichtlich Besucher- und Buchungszahlen aufgestellt werden? Dass an den Stränden, in Restaurants, Bars und auf den Straßen in den kommenden Wochen eher tote Hose statt Überfüllung herrschen wird?
Nach einem Bericht der MM-Schwesterzeitung Ultima Hora klagen zumindest mehrere Hotelketten auf der Insel für die Monate August und September über Flaute in ihren Buchungseingängen. „Seit Juni hat sich die Situation drastisch geändert, es gehen sehr viel weniger Buchungen ein als noch im April und Mai”, wird ein Sprecher einer Hotelkette zitiert. Statt 75 Prozent wie im vergangenen Jahr habe die Bettenauslastung in den vergangenen drei Wochen bei 65 Prozent gelegen. Und für August sehe die Lage noch schlimmer aus.
Nach Meinung von Branchenbeobachtern sei das Problem zum Teil hausgemacht. „Viele Hotels haben Anfang dieses Jahres ihre Preise erhöht, in der Hoffnung, dass die Nachfrage mindestens so hoch liege wie 2022”, so Biel Roig, Ökonomie-Dekan an der Balearen-Uni in Palma. Doch das sei eine Fehleinschätzung gewesen. „Der Kaufkraftverlust in Deutschland hat dazu geführt, dass insbesondere Familien ihren Urlaub sehr viel preisbewusster planen und gestalten als noch vor ein paar Jahren. Teurere Hotels haben somit das Nachsehen”, meint Roig. Und müssten an der Preisschraube rückwärts drehen, um nicht einen „bösen Sommer” zu erleben. Laut Ultima Hora hätten einige Hotelketten Reiseveranstaltern und Direktbuchern Last-Minute-Rabatte von bis zu 25 Prozent eingeräumt.
Der deutsche Reiseverband will von einer Mallorca-Flaute nichts wissen. „Die Deutschen sind weiterhin in großer Reiselaune, auch wenn sie in diesem Jahr wieder früher gebucht hätten”, erklärte DRV-Sprecherin Kerstin Heinen auf Anfrage. Bei Flugpauschalreisen bleibe Spanien mit den Balearen, den Kanaren und dem Festland das liebste Auslands-Reiseziel der Deutschen. Allerdings: „Insgesamt entwickeln sich Ziele am östlichen Mittelmeer besser als am westliche Mittelmeer”, so Heinen. Hier würden sich Türkei und Griechenland derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.
Doch zurück zur vermeintlichen Tourismuskrise nach Mallorca. Dort sei laut Ultima Hora die Hotelbranche nicht die einzige, die über eine einsetzende Flaute jammert. Rafael Roig, Präsident des Arbeitgeberverbands für das Transportgewerbe (FEBT), erklärte gegenüber der Zeitung: „Bis Ende Juni lief alles gut, aber jetzt verbuchen wir einen Auftragsrückgang von 15 Prozent gegenüber 2022, da die Nachfrage der Reiseveranstalter nach Bussen zum Transport ihrer Urlauber eingebrochen ist.”
Der Gastronom und Gründer der Qualitätsinitiative Palma Beach, Juan Miguel Ferrer, schätzt den bisherigen Umsatzrückgang in seinen Lokalen auf bis zu 15 Prozent. „Es wird weniger konsumiert und das Einzige, was funktioniert, wie an der Platja de Palma, ist das Geschäft mit Party- und Exzesstouristen”, so Ferrer. Die Saison sei, entgegen den Prognosen auf den Tourismusmessen Fitur oder der ITB in Berlin, entkoffeiniert”.
Der Arbeitgeberverband des mallorquinischen Gaststättengewerbes, Caeb, hatte bereits im Juni bekannt gegeben, dass die Umsätze in Bars, Cafés und Restaurants in nicht-touristischen Orten um 20 Prozent zurückgegangen seien. Diese Situation sei nun auch in den Ferienorten zu beobachten. „Lokale und Restaurants im mittleren oder etwas gehobenen Niveau müssen in den kommenden Monaten mit Einbußen rechnen. Das Einzige, was läuft, sind Luxusrestaurants und Edelbars”, so ein Caeb-Sprecher.