Salziger Wind im Haar, Gischt auf der Haut, Sand zwischen den Zehen – wer dem Meer auf Mallorca ganz nahe sein will, der muss nach El Molinar kommen. Während in Palmas Innenstadt Hunderte im trüben Hafenbecken dümpelnde Boote die Sicht versperren und sich unterhalb der Kathedrale ein felsiger Wall zum Wellenbrecher türmt, herrscht einen Kilometer weiter östlich echt mediterranes Lebensgefühl. Das nutzen bei gutem Wetter Touristen und Residenten gleichermaßen. Besonders an Wochenenden verwandelt sich der Küstenstreifen in die längste Spazier-, Flanier- und Sportmeile der Insel. Dann muss man gehörig aufpassen, den unzähligen Rad-, Roller- und Skateboardfahrern, den Dauerläufern, Gassigehern und Kinderwagenschiebern nicht in die Quere zu kommen.
Kilometerlang zieht sich die Uferpromenade von Palma bis nach Can Pastilla und weiter zur Playa de Palma. Der für viele schönste Abschnitt allerdings liegt in El Molinar, dem ehemaligen Fischer- und Arbeiterviertel, das sich in den vergangenen Jahrzehnten vom schäbigen Vorort zum gefragten Hotspot gewandelt hat. Am Strand Platja d’es Portitxolet bauen Kinder Sandburgen, während sich ganz Mutige bereits ins februarkalte Meer wagen. Ein paar Angler haben ihre Ruten ausgeworfen. Auf den Terrassen der Bars und Restaurants blinzeln die Ausflügler bei Tapas und Erfrischungsgetränken in die Sonne. Die Brise weht den Geruch von gebratenem Fisch herüber, sowie deutsche, russische und englische Sprachfetzen. Ein schier endloser Strom von Geländewagen wälzt sich durch die engen Gassen – auf der hoffnungslosen Suche nach einem Parkplatz.
Wochentags geht es deutlich beschaulicher zu, dann ist die Uferzone fest in Hand der Senioren, die, während sie auf langen Spaziergängen ihren Cholesterinspiegel senken, die Fußballergebnisse vom Wochenende kommentieren oder den neuesten Tratsch aus dem Viertel. Da wäre zum Beispiel die Luxus-Villa in bester Lage, die kürzlich Schlagzeilen machte, weil sie sage und schreibe 17 Millionen Euro kosten soll. Wie man sich erzählt, war der Eigentümer wohl nicht ganz glücklich mit der im Erdgeschoss befindlichen Bar – eines der letzten traditionellen Lokale in dieser Gegend, deren Betreiber offenbar gar nicht daran denken, das Feld zu räumen.
Ringsherum hat sich das Aussehen des Viertels in den vergangenen Jahren derweil drastisch verändert. Viele der niedrigen, einst aus Kalksandstein gebauten Einfamilienhäuser wurden abgerissen und durch moderne Villen ersetzt. El Molinar gehört mitlerweile zu den besonders beliebten Wohnvierteln Palmas und ist auch bei ausländischen Investoren gefragt. Im Schaufenster eines der zahlreichen Immobilienbüros sind Fotos einer 65-Quadratmeter-Wohnung mit zwei Schlafzimmern für 1400 Euro Monatsmiete zu sehen.
Sämtliche angebotenen Kaufimmobilien kosten weit über eine Million Euro. Alle paar Meter kommt man an einer Baustelle vorüber, wo entweder eine Kernsanierung läuft oder etwas ganz neues entsteht. Selbst der kleine Hafen wird derzeit komplett umgebaut. Und gleich gegenüber soll ein ganzer Wohnkomplex mit schicken Apartments entstehen. Dass das nicht alle gut finden, kann man den Schmierereien entnehmen, die jemand auf der Werbetafel hinterlassen hat.