Mehr als eine Million Euro für eine Entlassung. Das Oberlandesgericht der Balearen in Palma de Mallorca hat die Touristikgruppe TUI dazu verurteilt, einem Manager eine der höchsten Entschädigungen für eine ungerechtfertigte Entlassung zu zahlen. So berichtet es diesen Sonntag die MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora”. Das Urteil hat neben der Höhe der Entschädigung eine weitere Besonderheit: Der leitende Angestellte hat nie in Spanien gearbeitet. Fast zwei Jahrzehnte lang war er in verantwortlichen Positionen im Konzern tätig: in der Dominikanischen Republik, Brasilien, den Vereinigten Staaten und schließlich in Singapur. Er rotierte durch verschiedene Unternehmen, bis er 2015 formell entlassen wurde. Grund: Er hatte sich geweigert, zu einer Sitzung in Palma zu erscheinen, als er in dem asiatischen Stadtstaat stationiert war.
Der Fall war zudem besonders verworren. Jahrelang war der Rechtsstreit offen. Erst 2021 entschied der Obersten Gerichtshof, dass die spanischen Gerichte für die Entlassung zuständig sind. In der Urteilsbegründung hieß es, dass von den verschiedenen Verträgen, die der geschasste Manager unterzeichnet hatte, der wichtigste im Jahr 2011 in Palma unterschrieben worden war. Alles Weitere musste erst noch geklärt werden, einschließlich der Frage, ob die Entlassung gültig war oder nicht und welches Recht anzuwenden war, das spanische oder das in Singapur.
Mit seinem jetzt gefällten Urteil hat das Oberlandesgericht eine Entscheidung des Arbeitsgerichts auf, das entschieden hatte, dass zwischen dem Arbeitnehmer und dem Konzern kein Arbeitsverhältnis bestehe und er daher die vier an dem Rechtsstreit beteiligten Unternehmen nicht verklagen könne. Das Oberlandesgericht geht dagegen davon aus, dass ein Arbeitsverhältnis sehr wohl bestand, weil es sich um eine einzige Unternehmensgruppe handelt und der Manager den Leitern der anderen Unternehmen unterstellt war.
Bei der Frage, welches Recht anzuwenden ist, das spanische oder das singapurische, da einer der Verträge auf asiatisches Recht verweist, entschied sich das Gericht für das erstgenannte Recht. Ob die Kündigung nach spanischen Gesetzen rechtmäßig oder nicht war, daran hatte das Oberlandesgericht wenig Zweifel. Es warf den Unternehmen vor, nicht begründet zu haben, warum die Sitzung so wichtig war, dass die Nichtteilnahme die Kündigung rechtfertigte. Es fügt hinzu, dass der Manager eine Reihe von begründeten familiären Problemen geltend machte, um nicht nach Spanien zu reisen, und dass er anbot, per Videokonferenz an der Sitzung teilzunehmen. Daher wurde die Entlassung als ungerechtfertigt erachtet und der Arbeitnehmer zu einer Entschädigung und zur Zahlung des Gehalts verurteilt, das der Kläger seit 2015 nicht erhalten hatte.