Folgen Sie uns F Y T I R

Mallorca rüstet auf: Digitale Überwachung für El Arenal

An der Playa de Palma soll in Zukunft Künstliche Intelligenz Taschendiebe, Schläger und Krawallmacher erkennen. Doch was bedeutet das für Urlauber, Anwohner – und ihre Privatsphäre?

| | Mallorca |

Mallorca hat schon viele Sommer der Exzesse gesehen. Doch was sich heute Nacht für Nacht an der Platja de Palma abspielt, spottet jeder Bierwerbung: Schlägereien, Diebstähle, sexuelle Übergriffe zwischen Plastikbechern und Sandburgen. Die Bier- und Schinkenstraße sind längst Synonym für billigen Alkohol, laute Nächte und Anwohner, die vor Müdigkeit kaum noch die Rollläden hochziehen. Doch Jetzt kommt der große Aufpasser: Fünfzehn hochmoderne Kameras mit Künstlicher Intelligenz, vier Drohnen, acht zusätzliche Einsatzfahrzeuge – bezahlt mit fast sechs Millionen Euro aus der Übernachtungssteuer für Urlauber (Ecotasa). Wer hier feiert, darf künftig damit rechnen, dass er mehr Blicke auf sich zieht als nur die vom Barpersonal.

Mehr als nur Kameras

Im Rathaus von Palma klopft man sich auf die Schultern: Endlich ein Mittel, um das Chaos in den Griff zu bekommen, das so mancher Billigflieger jeden Sommer anspült. Die neuen Geräte sind keine stillen Zeugen – sie sind denkende Detektive. Sie erkennen Waffen, lesen Nummernschilder, sortieren Mensch von Möwe und Alarm von Alltagsgetümmel. Wer zu lange an einer Hoteltür herumfummelt, hat bald mehr als nur den Rezeptionisten am Hals.

Vor allem nachts sollen die Kameras wirken, wenn Taschendiebe zwischen Handtuch und Sangria-Kübel ihre Beute suchen. Hoch oben, unzerstörbar angebracht, mit Adlerblick – so sollen die digitalen Augen die Partymeile überwachen. Und wenn’s am Boden doch zu turbulent wird, kreisen Drohnen über dem Sand, während zusätzliche Streifenwagen die „besonderen Zonen“ zwischen Can Pastilla und s’Arenal im Auge behalten.

Sicherheit gegen Privatsphäre

Klar, Orwell darf nicht fehlen. Doch während in 1984 Gedankenverbrechen verfolgt wurden, bleibt es hier – vorerst – bei sichtbaren Vergehen. Die Stadt versichert, alles bleibe im Rahmen der Datenschutzregeln, trotz Gesichtserkennung keine verdächtigen Datenbanken, alles nur zu unserer aller Sicherheit. Nur: Wer kontrolliert die Kontrolleure? Die Kameras lernen täglich dazu, erkennen immer mehr Muster, werden immer klüger. Heute ist es der Taschendieb mit der Beutehand, morgen vielleicht der Betrunkene mit dem merkwürdigen Wanken. Was bleibt von der viel gepriesenen europäischen Privatsphäre, wenn ein Algorithmus entscheidet, wer verdächtig ist und wer nur betrunken?

Startschuss mitten im Hochsommer

Ein genaues Datum für den digitalen Wachwechsel gibt es nicht, doch die Stadt will noch in dieser Saison starten. Zeit wird’s, seufzt die Polizei, die schon lange von einer „titanischen Aufgabe“ spricht, die Trinkexzesse an der Playa de Palma in zivilisierte Bahnen zu lenken. Mehr Streifen, mehr Bußgelder, mehr Appelle an den gesunden Menschenverstand – alles gut gemeint, alles eher wirkungslos.

Jetzt also die totale Überwachtung: Wer nachts badet, knutscht oder gleich mehr tut, darf sicher sein, dass irgendwo ein Pixelauge zusieht – und womöglich einen Alarm auslöst. Vielleicht wirkt’s. Vielleicht auch nicht. Sicher ist nur: Die Playa de Palma bleibt, was sie ist – ein Ferienmeile, auf dem jedes Jahr dieselbe Party tobt. Nur diesmal schauen ein paar mehr Augen zu. Und ob man das alles wirklich sehen will, ist eine andere Frage.

Meistgelesen