Der Streit um illegale Ferienunterkünfte auf Mallorca droht zur Glaubwürdigkeitsprobe für beide Seiten zu werden. Der Consell de Mallorca weist entschieden zurück, dass fast sämtliche 1341 Objekte, die vom Wohnungsministerium auf die schwarze Liste gesetzt wurden, automatisch kriminell seien. Nach Prüfung durch die Inselbehörde seien lediglich zwölf Wohnungen tatsächlich illegal – also weniger als 1 Prozent. Damit widerspricht der Inselrat in dramatischem Ausmaß der zentralstaatlichen Darstellung, es handele sich um hunderte oder gar tausende Schwarzunterkünfte.
Zwischen Zulassung und Registrierung: Wo liegt die Grenze?
Laut dem Inselrat verfügen diese 1329 übrigen Wohnungen über alle notwendigen Genehmigungen, die die Inselbehörde verlangt – etwa Lizenzen und kommunale Erlaubnisse. Offiziell beanstandet werden nur fehlende Dokumente im Sinne des neuen Königlichen Dekrets 1312/2024, das im Juli in Kraft trat. Dieses Gesetz verlangt für Ferienwohnungen eine einheitliche Registrierungsnummer (NRU) und eine Katasterreferenz, wenn sie auf digitalen Plattformen beworben werden sollen. Viele Objekte würden diese Papiere nicht (rechtzeitig) vorgelegt haben – doch das sei kein Hinweis auf tatsächliche Illegalität.
Der Clou: Das Ministerium für Wohnungswesen und Stadtentwicklung verweigert insgesamt 2373 Wohnungen auf den Balearen die Zuweisung der NRU, mit der Begründung, sie erfüllten nicht die gesetzlichen Anforderungen. Das heißt: Aus Sicht der Zentralregierung sind diese Objekte „in Verzug“ – für den Inselrat jedoch längst regulär genehmigt. Der Consell argumentiert, dass es sich um rein administrative Mängel handelt – formal notwendig, aber inhaltlich unverdächtig.
Die Kriminalisierung des Normalen?
Der Inselrat erhebt schweren Vorwurf gegen den Minister Bustinduy: Er kriminalisiere ein reguläres Angebot, selbst wenn eine Wohnung schon seit Jahren legal operiert – nur eben solange sie die neuen Unterlagen nicht vorlegen kann. In seiner Perspektive werden dadurch öffentliche Wahrnehmung und Rechtsdurchsetzung verzerrt: Vom Gesetz her legal arbeitende Betreiber würden plötzlich in den Status von Verdächtigen gehoben. Die Arbeitgebervereinigung Habtur hatte bereits prognostiziert, dass ein Großteil der schwarzen Liste auf Wohnungen zutrifft, die eine NRU beantragt haben, noch aber nicht erhalten – ein Szenario, das der Consell nun bestätigt.
Die Diskrepanz fällt besonders scharf aus: Die Zentralregierung meldet landesweit 53.876 angebliche illegale Touristenunterkünfte, und übergibt 2373 Fälle allein für die Balearen an nationale Register. Damit gehört der Archipel zu den Regionen mit dem höchsten Fallaufkommen. Auf Mallorca aber führt der Inselrat nur 12 eindeutig rechtswidrige Fälle an, die bereits in Fachstellen zur Entfernung von Plattformen und zur Sanktionierung liegen.
Kurzzeitmieten als Graubereich
Ein Sonderproblem stellen sogenannte Kurzzeitvermietungen dar – solche, die von einem bis zu zwölf Monaten laufen. Hier ergibt sich ein taktischer Zweck: Viele dieser Objekte werden offiziell als längerfristige Vermietungen deklariert, in der Realität aber wie Ferienwohnungen genutzt. Der Consell beklagt, dass diese Verschiebung die Nachverfolgung erschwert und erlaubt, dass ein erheblicher Anteil dieser Angebote unter dem Radar agiert. Der juristische Rahmen für diesen Bereich sei kaum ausgeformt – was Opportunisten Raum lasse.
Für Mallorca heißt das: Selbst wenn eine Wohnung formal genehmigt ist, kann sie praktisch im Schattenbetrieb agieren. Solche Fälle lassen sich kaum pauschal identifizieren – und sollen laut Inselbehörde gezielt behandelt werden, statt mit generellen Vorwürfen übergossen zu werden.
Wer schreibt das Gesetz – und wer dekretiert das Verbot?
Hinter all der Statistik und Bürokratie liegt eine Machtfrage: Wenn das Ministerium zentrale Standards setzt – wie das Dekret und die Registrierungsnummer – bestimmt es de facto, wer als legal gilt. Der Inselrat dagegen beruft sich auf lokale Sachkenntnis und langjährige Genehmigungsverfahren. Wenn dieser nun vorrechnet, dass nur 12 von über 1300 Objekten wirklich illegal sind, schrumpft das zentrale Narrativ der massenhaften Schwarzvermietung empfindlich zusammen. Die Glaubwürdigkeit beider Ebenen hängt vom richtigen Umgang mit Transparenz, Beweislast und Öffnung der Daten ab.
Nicht zuletzt stellt sich die Frage, wieviel Ungenauigkeit, wieviel Vereinfachung und wieviel politisches Kalkül in der zentralen schwarzen Liste stecken – und wie sehr der Mittelmeerraum erneut zur symbolischen Bühne für Regulierungskämpfe wird. Mallorca darf nicht zur Zählmarke eines Zahlenkriegs verkommen. Es wäre zu wünschen, dass Fakten zählen – und nicht ideologische Panikmache.