Die erlösende Nachricht kam am 24. Januar: Die Polish Aviation Group (Polska Grupa Lotnicza, PGL), Eigentümerin der polnischen Fluggesellschaft LOT, wird den Ferienflieger Condor mit Sitz in Frankfurt übernehmen. Am selben Tag wurde der Kaufvertrag unterschrieben, bis April soll der Deal perfekt sein, um Condor aus dem „Schutzschirmverfahren” zu führen, in dem sich die ehemalige Thomas-Cook-Tochter seit Dezember 2019 befindet.
„Die momentan wichtigste Botschaft für das Unternehmen ist, dass Condor auch Condor bleibt, und wir den KfW-Überbrückungskredit von 380 Millionen Euro pünktlich zurückzahlen können”, sagt Condor-Sprecherin Magdalena Hauser auf MM-Anfrage. „Und für unsere Kunden, dass die Marke mit der Qualität bestehen bleibt, die sie seit 60 Jahren kennen.” „Was sich am Streckennetz ändern wird, können wir derzeit noch nicht sagen. Mallorca bleibt ein sehr beliebtes Ziel, zunächst müssen aber alle rechtlich normalen Schritte geprüft werden, und das Kartellamt muss zustimmen.” Zum Kaufpreis wollte sich die Sprecherin nicht äußern.
Der Abbau von 170 Stellen in der Condor-Verwaltung und weiteren 150 in der Kabine folgte noch vor der Übernahme. Rund 5000 Beschäftigte verbleiben. Weitere Stellenstreichungen seien laut der Condor-Sprecherin nicht geplant. „Im Gegenteil: Wir wollen wachsen”, sagt sie. Im Management solle sich personell nichts ändern. Ralf Teckentrup bleibt CEO von Condor. Condor und LOT sollen weiterhin als jeweils eigene Marke agieren. Die Flugzeug-Flotte genau wie das Streckennetz im europäischen Ausland sollen sich jedoch vergrößern, heißt es von PGL-Chef Rafal Milczarski auf einer Pressekonferenz.
LOT war 2008 selbst Übernahmekandidat, konnte seit 2015 die Passagierzahl allerdings von vier auf zehn Millionen mehr als verdoppeln und betreibt derzeit eine Flotte von 80 Flugzeugen. Condor kommt auf mehr als 50 Jets und beförderte zuletzt 9,4 Millionen Reisende. Der unabhängige Luftfahrtexperte Cord Schellenberg bewertet LOT als „seriösen Anbieter auf Wachstumskurs”, Kunden in Deutschland und Polen würden künftig durch eine größere Vielfalt an Zielen und Frequenzen profitieren. Die Strategie von LOT sei quasi die, die Mitbewerber Lufthansa schon seit Jahren verfolge: Fluggesellschaften in den Nachbarländern zu übernehmen – etwa Swiss in der Schweiz oder Austrian Airlines in Österreich. Die LOT betreibe auch eine Langstreckenbasis im ungarischen Budapest und vergrößere so ihren Einfluss in Europa. Condor habe laut des Experten mit seiner Mischung aus klassischen Sonnenzielen in Europa und interessanten Langstreckenflügen erfolgreich ein eigenes Profil entwickelt. Deshalb besitze die Airline einen großen Markenwert als Ferienflieger.
Luftfahrtexperte und Ex-Air-Berlin-Manager Álvaro Middelmann begrüßt Condors Fortbestehen für den Wettbewerb am Himmel und erwartet frühestens für den Winterflugplan 2020/21 erste Auswirkungen. „Gemischte Gefühle” hat er beim Verschmelzen „zweier so unterschiedlicher Unternehmenskulturen”: das Staatsunternehmen LOT und die bis vor Kurzem noch zu Thomas Cook gehörende Privatairline Condor. „Aber Condor braucht dringend eine Langstreckenflotte, da kann LOT sein Know-how als Operator der 787-Dreamliner bieten”, so Middelmann. „Alles, was mehr Wettbewerb bringt, ist gesund.”
Das sieht auch Schellenberg so: „Fluggesellschaften wie Lufthansa oder Tuifly werden parallel mit ihrem Ferienfluggeschäft an den touristisch besonders starken Flughäfen Düsseldorf, Frankfurt oder München wachsen, wodurch der Wettbewerb unter den großen Anbietern weiter verstärkt wird.”