Sie sind durchsichtig, länglich, werden am Kopf befestigt und schützen Mund, Nase und Augen, ohne dass man wie eine Art hinterwäldlerisches Monster hinter einem weißen Etwas aussieht. Die ganz ungewohnt daherkommenden Antivirus-Masken des Palmesaner Kleinunternehmens Cut & Go finden derzeit, mitten in der Coronakrise, erwartungsgemäß reißenden Absatz. „1000 haben wir schon produziert”, sagt Manuel Granero. Der Leiter der in normalen Zeiten vor allem für den Nautik-Bereich wirkenden, auf Design spezialisierten Laser-Technologiefirma hatte zusammen mit einem Kompagnon die Idee, die plötzlich aufkommende Nachfrage zu befriedigen. „Jetzt produzieren wir 24 Stunden lang in mehreren Schichten die Masken”, freut sich Granero, und das mit zwei unlängst extra aus Barcelona dafür herbeigeholten Maschinen. „Etwa 20.000 Masken sollen es werden.”
Was kein großes Problem sei, denn eine der je nach Größe zwischen acht und zehn Euro kostenden Masken sei in nur 45 Sekunden fertig. In Läden würden sie – da diese ja derzeit geschlossen sind – nicht angeboten, so der Firmenchef, aber auf E-Mail-Anfrage ( info@ cutandgo.es ) zugestellt. Dumm nur, dass der Preis des Grundstoffs Polikarbonat angesichts der steigenden Nachfrage in den vergangenen Tagen um 300 Prozent in die Höhe geschossen sei.
Auf Rohstoffe dieser Art sind auch andere Insulaner angewiesen, die Masken herstellen. 350 Personen stehen bereit, um mit 3D-Druckern vielfarbige Schutzmasken zu kreieren, 277 stellten sie bisher her. 85 dieser „Coronavirus Makers” verfügen über solche Drucker. Sie sind Teil eines Netzwerks, das die gleichen, auf einem in Asturien ersonnenen Prototyp basierenden Produkte in ganz Spanien anbieten will.
Weniger aus Altruismus, sondern vor allem aus Geschäftssinn hat auch die in Marratxí beheimatete Firma Grupo Cid die Gunst der Stunde erkannt. Sie stellt in einer Halle im dortigen Gewerbepark Trennwände aus Plexiglas her, in etwa 100 pro Tag. „Wir beliefern Apotheken, Banken, Supermärkte und Tierkliniken”, so ein Sprecher zu MM. „Vier Mitarbeiter sind damit zugange.” Das Plexiglas werde von der spanischen Halbinsel herbeigeschafft, und das in unterschiedlichen Größen ab 70 Euro pro Stück. Da man auch an Apotheken liefere, verfüge man über eine behördliche Sondererlaubnis, während des derzeitigen Alarmzustandes zu produzieren.
Man muss als Unternehmer ideenreich sein, um in Tagen wie diesen überleben zu können. Allein die ersten zwei Wochen des Alarmzustandes bedeuten ein Minus von 0,4 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt der Balearen, wie das Umfrage-Institut Impulsa herausgefunden hat. Dies wieder aufzuholen, sei sehr schwierig, hieß es.
Und so versucht man auf den Inseln weiter, auf Ideen zu kommen: So wie die Grupo Cid in Marratxí ist seit Jahrzehnten der Parfümhersteller „Flor d’Ametler” aktiv, der sich auf Mandel-Aromen spezialisiert hat. Bereits zu Beginn der Virus-Krise Mitte März wurde die Produktion teilweise auf eine Desinfektionslösung umgestellt, die zu 70 Prozent aus Alkohol besteht. Diese Substanz verkauft das Unternehmen an Ärzte, Krankenhäuser, Gesundheitseinrichtungen und Sicherheitskräfte. Abgefüllt wird das Gebräu in 100-Milliliter-Flaschen.
Kreativität mobilisiert zuweilen Unterstützer: Der spanische Investment-Fonds Samaipata kündigte an, ideenreichen Online-Start-up-Unternehmern finanziell bei ihrem coronabedingten Tun in der Anfangsphase unter die Arme zu greifen. Der Fonds verfügt über Büros in Madrid, Paris und London. Sogenannte Streamer und Gamer gehören zu den Personen, denen bei der Monetarisierung ihrer Arbeit geholfen wurde.
Kurios mutet in diesem Zusammenhang aus der Not geborener Ideen ein Geistesblitz der zwar nicht auf den Balearen, aber im nahegelegenen Barcelona beheimateten Firma Tiendeo an: Dank Geo-Tracking kann man sich online ausrechnen lassen, wie lang gerade eine Schlange vor einem bestimmten Supermarkt ist.