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Wenn der Zoodirektor auf Mallorca den Rasen selbst mäht

Auch hier steht Nachwuchs ins Haus: Die Papageien im Natura Parc Santa Eugènia sind derzeit am Brüten. | Natura Parc

| Mallorca |

Wenn sonst mit Beginn der Saison auf Mallorca Tag für Tag Hunderte Besucher durch die zoologischen Gärten schlendern, so herrscht vor den Gehegen und Aquarien derzeit nur eines: Leere. „Gespenstisch“ nennt es Henning Mentz, der Direktor des Safari Zoos Sa Coma. Zusammen mit drei Tierwärtern und dem festangestellten Tierarzt versorgt er im Moment alleine Elefanten, Affen, Löwen & Co, acht weitere Mitarbeiter hat er erst mal nach Hause geschickt.

„An vorderster Stelle steht das Wohl der Tiere“, sagt Mentz und das sei – zumindest im Moment noch – uneingeschränkt gewährleistet. Die Futterhändler beliefern den Safari Zoo wie immer, und durch die eigene Produktion ist auch nach wie vor genügend Grünfutter für die mehr als 600 Tiere vorhanden. „Mein kleines Team und ich, wir kümmern uns jetzt eben in erster Linie um die Tiere. Wenn dann noch Zeit bleibt, machen wir auch noch die Gartenarbeit“, erzählt Henning Mentz, dessen Vater den Safari Zoo vor 30 Jahren gekauft hat.Der Tierarzt habe sich als guter Gärtner entpuppt und der Zoodirektor selbst mäht in diesen Tagen den Rasen persönlich. „Eine Zeit lang geht das schon“, sagt er.

Durch das entgangene Ostergeschäft sei die Saison aber im Grunde jetzt schon gelaufen. Wenn sich die Situation nicht bald entspanne, müsse er das Gespräch mit dem Bürgermeister suchen und auf Unterstützung für seinen Tierpark hoffen.

Der jüngste Bewohner des Safari Zoos Sa Coma ahnt derweil vermutlich nicht, in was für eine schwierige Zeit er hineingeboren wurde: Ein Känguru-Baby erkundet derzeit die neue Welt im sicheren Beutel seiner Mutter.

Nachwuchs gab es auch im Natura Parc in Santa Eugènia. „Die Lemuren haben Junge und die Papageien brüten“ erzählt Direktor Mariano Mas. Auch er und sein Team sehen harten Zeiten entgegen. „Im Moment haben wir noch ein finanzielles Polster“, sagt Mas. Jedoch befürchte er, dass auch nach der Krise erst einmal weniger Besucher kommen werden. „Da muss ich dann wohl zur Bank“, sagt der Mallorquiner, der den Natura Parc vor 22 Jahren zusammen mit seinem Vater ins Leben gerufen hat.

3000 Tiere leben auf dem Gelände: Von zahlreichen Vogelarten über Ziegen und Schweine bis hin zu Löwen und Tigern. Die Kosten für Tierfutter, Personal und den Betrieb belaufen sich in dem Zoo auf etwa 50.000 Euro im Monat. Geld, das normalerweise durch die Eintrittsgelder eingenommen wird. „Selbst wenn es grade schwierig ist: Wir arbeiten auch hinter geschlossenen Türen weiter und kümmern uns selbstverständlich um unsere Tiere“, betont Mas. Etwas ruhigere Zeiten herrschen nach seinen Worten hingegen bei CEPAD. Das Tierheim, das ebenfalls zum Natura Parc gehört, kümmert sich unter anderem darum, entlaufende Tiere wieder mit ihren Besitzern zusammenzubringen. „Aber weil ja alle zu Hause sind, entlaufen gerade deutlich weniger Tiere als sonst“, sagt Mas schmunzelnd. Falls aber doch einmal ein Tier ausbüxen sollte, sei die Abholung unter Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen möglich. Auch Fundtiere können weiterhin nach Absprache dem Zentrum übergeben werden.

Im Marineland Mallorca gibt man sich derweil gelassen. In dem Meerespark leben unter anderem elf Delfine, fünf Seelöwen, drei Robben, sechs Haie und elf Pinguine. „Das Team aus Fachleuten, Biologen und Betreuern widmet seine gesamte Aufmerksamkeit wie sonst auch voll und ganz den Tieren“, betont Direktor Rafael Abraham. Und da der Park Teil einer großen Unternehmensgruppe sei, brauche man sich auch erst einmal nicht um das Finanzielle zu sorgen. Das sei großes Glück, denn die Ernährung von Meerestieren ist kostspielig und kompliziert. „Die Delfine bekommen zum Beispiel jeden Tag sieben verschiedene Sorten Fisch“, sagt Abraham. Aber auch wenn Geld vorerst keine Rolle spielt, räumt der Direktor ein: „Natürlich ist es besorgniserregend, dass der Park – mit oder ohne Besucher – immer dieselben Betriebskosten verursacht.“

Und so hofft man auch im Marineland, dass die Situation es bald wieder zulässt, dass Schulklassen, Anwohner und Touristen den Meerespark besuchen und sich an seinen Bewohnern erfreuen können. Zumal das Zentrum dieses Jahr 50. Geburtstag feiert.

Im Palma Aquarium blickt man unterdessen erst auf eine 13-jährige Firmengeschichte zurück. Allerdings 13 Jahre, in denen der Meerespark nie geschlossen war. Weil es aber jetzt nun einmal nicht anders geht, setzt man dort aktuell auf informative Videos über einige der 8000 Meeresbewohner, die dort in mehr als fünf Millionen Liter Wasser leben. „Zu Hause bleiben muss nicht langweilig sein!“, so das Motto der Aktion. Auf der Facebook-Seite des Zoos werden liebevoll produzierte Kurzfilme veröffentlicht. Dort erfährt man Spannendes unter anderem über Seepferdchen und Kraken und erhält einen Einblick in die Arbeit der „Stiftung Palma Aquarium”, wo man sich derzeit um die Aufzucht wilder Schildkröten von Ibiza kümmert. Ein weiteres Video würdigt das Team der Tierpfleger: Gut gelaunt tanzen sie durch die Gänge des Aquariums oder tauchen mit den Haien. Die Botschaft: Wir halten die Stellung, kümmern uns um die Tiere, und ganz bald sehen wir uns wieder!

„Logischerweise ist diese Ausnahmesituation ohne Einnahmen für alle und auch für das Palma Aquarium kompliziert“, sagt Direktor Joan Rams, „Wir sprechen über Tausende von Euro pro Monat, die wir allein für das Futter der Tiere benötigen.“ Die unfreiwillige Freizeit nutzt man in dem Meereszentrum, um eine neue Ausstellung vorzubereiten: „Blue Desert“ wird sie heißen und den Lebensraum von Fischen direkt unterhalb der Wasseroberfläche beleuchten. Bis die Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert und das Palma Aquarium seine Türen den Besuchern öffnen kann, wünscht Joan Rams vor allem eins: „Viel Mut, und dass wir uns bald wiedersehen.“

Mit der Lockerung der Ausgangssperre wird es bald wieder so weit sein. Und im Natura Parc werden sich dann die Lemuren- und Papageien-Jungen sowie das Känguru-Baby im Safari Zoo wundern, wo sie plötzlich herkommen – die vielen Menschen.

(aus MM 16/2020)

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