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So entgeht eine mutige Familie dem Ladensterben auf Mallorca

| Mallorca |

Zarte Musik ertönt im Hintergrund. Es duftet, die alten Kristallleuchter strahlen ein warmes Licht auf die Auberginen-Apfeltörtchen, Baisér-Tartes, Ensaimadas und frischen Cocas mit Paprika, Zwiebeln und Tomate. Die matt-weißen Säulen im denkmalgeschützten Gebäude Can Corbella an Palmas Rathausplatz mit der goldenen Galerie bildet das perfekte Umfeld. Man möchte sich kurz kneifen, weil man zu träumen glaubt.

Mit diesem Ort haben sich Tomeu Arbona und seine Frau María José Orero einen weiteren Traum ihrer Marke „Fornet de la Soca” erfüllt. Die beiden haben ein Händchen für Dekor, bereits den Traditionsladen „Forn des Teatre” haben sie in ihre mittelalterliche Zuckerbäckerei verwandelt. Viele Passanten bleiben stehen und drücken sich wie Kinder die Nase an den Schaufenstern platt und bestaunen die mit Feigen drapierten Empanadas, mit kleinen Sardellen belegte Teilchen, die riesigen mit Puderzucker bestäubten Mandelkuchen.

In Zeiten, in denen Mallorca als Touristeninsel finanziell ächzt und nach Atem ringt, wagten die beiden Unternehmer einen mutigen Schritt. „Wir sahen das ,Zu vermieten’-Schild des Ladens, sprachen mit den Besitzern und griffen zu”, erzählt María José Orero. Und bislang sind sie auch zufrieden, wie es läuft, selbst wenn die kaufkräftige Touristenklientel fast komplett fehlt.

Das neueste Geschäft ist ein Kleinod für das Auge. Bunte runde Glasfenster im Modernisme-Stil zieren die Fassade, innen gleicht die Bäckerei einem Märchen. Tomeu Arbona hat einen Blick für schöne Antiquitäten, der verspielte Kronleuchter und die Lampe im Schaufenster hat er auf einem Flohmarkt erstanden. Doch das meiste konnte unverändert vom Vorgänger, dem Fanartikelladen des Fußballclubs „Real Madrid” übernommen werden. Lediglich die verschnörkelten Elemente waren etwas zugestellt gewesen.

Das Schmuckstück ist Ergebnis eines kleinen Familienunternehmens. Der frühere Psychologe hat die archäologische Gastronomie, wie er sie nennt, für sich entdeckt, stöbert in alten Kochbüchern und findet fast vergessen geglaubte Rezepturen. Seine Frau managt mit ihm die beiden Läden, Sohn Adrià steht auch mal hinter der Theke, wählt die Hintergrundmusik aus und bewegt professionell die sozialen Netzwerke. Die mittlere Tochter hat gerade ihre Ausbildung zur Konditorin beendet – und kann sich nun direkt in die Welt der Torten und Kuchen stürzen.

Während der Ausgangssperre waren sie erfinderisch und lieferten nach Hause. Trotz des Erfolges haben sie den Online-Service jetzt wieder eingestellt. „Wir sind Freunde des stationären, kleinen Handels. Unser Angebot ist etwas, das man vor Ort erleben sollte”, sagt Tomeu Arbona.

Recht hat er! Man vergisst nach wenigen die Sinne betörenden Sekunden, warum man eigentlich den Laden betreten hat – so viel gibt es zu entdecken, zu bestaunen und zu genießen. Und dann wandert am Ende natürlich doch noch eine kleine Auberginen-Apfel-Tarte in die Einkaufstasche.

Ein weiteres Stück „schönes Mallorca” wurde in diesen harten Zeiten geboren. Auf dass dieser Mut belohnt werde.

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