Der Bundeswirtschaftssenat BWS, Exzellenzgremium des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft, veranstaltet ab diesem Freitag erstmals eine Mitgliedertagung auf Mallorca. Geplant sind unter anderem ein Besuch des Technologieparks Parc Bit sowie eine Zusammenkunft mit der Insel-Politik uns lokalen Unternehmern unter der Schirmherrschaft der PlattesGroup. Senatspräsident Christoph Ahlhaus, früher Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, erklärt gegenüber MM die Ziele und Erwartungen der Reise.
Mallorca Magazin: Warum veranstaltet der Bundeswirtschaftssenat ausgerechnet im „fernen” Palma de Mallorca eine Tagung?
Christoph Ahlhaus: Das Treffen des Bundeswirtschaftssenates, dem Exzellenzgremium des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft BVMW, ist in der Tat etwas ganz besonderes, weil wir auf Mallorca ideale Voraussetzung vorfinden, um führende Unternehmerinnen und Unternehmer aus Deutschland und den Balearen mit politischen Entscheidungsträgern der Insel in Austausch zu bringen. Damit reagieren wir auch auf die erfreuliche Entwicklung, dass Mallorca schon lange nicht mehr nur ein Sehnsuchtsort für viele Deutsche ist, die Urlaub machen wollen, sondern auch ein Hot Spot für Unternehmer, die etwas bewegen wollen.
MM:Was sind die Ziele und Absichten des BWS auf Mallorca?
Ahlhaus: Ein Thema, auf das ich mich besonders freue, lautet: „Nachhaltige Strukturen für Familienunternehmer: Erfolgreich navigieren im Bermuda-Dreieck von Geld, Macht und Emotionen“. Hierbei beschäftigen wir uns mit dem Phänomen, dass rationale Entscheidungen von emotionalen Dynamiken beeinflusst werden. Wichtig ist mir aber auch, was zwischen den Vorträgen, Key Notes und Diskussionen beim Netzwerken passiert. Das ist mindestens genauso wichtig, wie die offizielle Agenda.
MM:Welche Unternehmer und Mitglieder nehmen an der Tagung auf der Insel teil?
Ahlhaus: Dem BWS gehören rund 350 hochkarätige Unternehmen des deutschen Mittelstandes an, die zusammen für 1,2 Millionen Arbeitsplätze und 120 Milliarden Euro Jahresumsatz stehen. Auf Mallorca erwarten wir rund 90 Unternehmerinnen und Unternehmer dieser Firmen.
MM: An diesem Freitag ist unter der Schirmherrschaft der PlattesGroup auch ein Treffen mit mallorquinischen bzw. auf Mallorca ansässigen Unternehmen geplant. Worum geht es dabei?
Ahlhaus: Kennenlernen, Kontakte initiieren, Schnittmengen finden – oder einfach nur Freude an der Begegnung mit gleichgesinnten Unternehmerinnen und Unternehmen haben. Jeder, der ein eigenes Unternehmen führt, weiß, dass solche Kontakte manchmal völlig neue Perspektiven und Möglichkeiten eröffnen. So etwas kann man nicht 1:1 planen, aber bei unserem Treffen auf Mallorca sind die Bedingungen für neue Erkenntnisse und Kontakte geradezu perfekt.
MM: Nach Ihrer Ansicht - so zu lesen auf der Homepage des BVMW - befindet sich Deutschland in einer katastrophalen Lage. Warum?
Ahlhaus: Die Lage, insbesondere für viele Mittelständler in Deutschland, ist derzeit äußerst angespannt. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Die Folgen der Pandemie, der russische Angriffskrieg in der Ukraine, die angespannte Lage in Gaza oder die unklaren Verhältnisse in China und Taiwan haben erheblichen Einfluss auf die Weltwirtschaft und globale Lieferketten. Die unsichere Lage bekommt die exportorientierte deutsche Wirtschaft in besonderer Weise zu spüren.
MM: Liegen diese Probleme allein in der Verantwortung der Politik?
Ahlhaus: Es wäre zu einfach, der Politik an allem die Schuld zu geben. Aber: Viele unserer Probleme sind hausgemacht. Die lähmende Bürokratie, die viel zu hohen Steuern und Abgaben, fehlende Arbeits- und Fachkräfte sowie die wettbewerbsfeindlichen Energiepreise haben zu Verunsicherung und Frustration nicht nur im Unternehmerlager geführt.
MM: Welche Maßnahmen müsste die Ampel-Regierung auf den Weg bringen, um die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen?
Ahlhaus: Die Ampel müsste sich endlich zusammenraufen und die hausgemachten Probleme Bürokratie, Steuern und Abgaben, Energie und Fachkräftemangel, beherzt angehen. Wir sehen auch, dass sich hier seit dem Beginn der Legislaturperiode durchaus etwas getan hat. Aber viele politische Initiativen bleiben Stückwerk und gehen im politischen Klein-Klein und Ampel-Zank unter.
MM: Welche Rolle spielt die Immigration für die Wirtschaft in Deutschland. Stichwort: Arbeitskräfte aus dem Ausland / sowie Milliarden-Ausgaben für immer mehr Sozialempfänger?
Althaus: Die Unternehmerinnen und Unternehmer suchen händeringend nach motivierten und qualifizierten Arbeitskräften in fast allen Bereichen. Hier stellen wir fest, dass wir es uns mit unserer Bürokratie und Regelungswut oft unnötig schwer machen. Wer es nicht glaubt, kann ja mal versuchen, für ausgebildete Krankenpfleger aus Thailand oder einen indischen IT-Experten eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. Darum sagen wir: Deutschland braucht einen breiten gesellschaftlichen Konsens, wie wir die Migration sinnvoll steuern wollen. Deutschland muss wieder zum Magneten für Leistungs- und Wissensträger werden.
MM: Ist die Kürzung der Wochenarbeitszeit von Arbeitnehmern eine Lösung für das Beschäftigungsproblem?
Ahlhaus: Wir begrüßen Arbeitszeiten, die den Bedürfnissen von Unternehmen und Arbeitnehmern in gleicher Weise gerecht werden. Einmischung, wie die staatlich verordnete Vier-Tage-Woche, lehnen wir strikt ab. Wenn wir wieder zur Weltspitze gehören wollen, müssen wir uns mehr anstrengen und bereit sein, die Ärmel hochzukrempeln. Anders wird es im internationalen Wettbewerb nicht funktionieren.
MM: Mallorca ist das beliebteste Ferienziel von Millionen von Bundesbürgern. Welche Auswirkungen könnte ein Fortschreiten der Rezession in Deutschland für die Urlaubsbranche haben?
Ahlhaus: Menschen, die unter wirtschaftlichen Sorgen und unsicheren Zukunftsaussichten leiden, geben weniger Geld aus. Das könnte auch die Urlaubsbranche empfindlich treffen. Umso wichtiger ist es, dass wir wieder stärker an einem Strang ziehen und unser Land wieder auf den Wachstumspfad zurückführen. Der Mittelstand und seine Unternehmen sind dazu bereit. Man muss sie nur endlich wieder lassen.
MM: Auf der Insel haben viele deutsche Unternehmer ihren Zweitwohnsitz? Wäre das auch für Sie eines Tages interessant?
Ahlhaus: Ich komme seit 30 Jahren regelmäßig nach Mallorca. Für meine Familie und mich ist es schon jetzt eine zweite Heimat geworden.