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Internationales Forum auf Mallorca: Schifffahrt soll sauber werden

Beim einem Branchentreffen auf der Insel gelobten Politiker, Unternehmer und Experten die maritime Energiewende einzuleiten

Starkstromanschluss für Fähren und Frachter in Palmas Hafen. Die Anlage wurde mit EU-Geldern finanziert | Foto: Archiv UH

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Mallorca war am vergangenen Montag (8.10.) für einen Tag lang nicht nur Urlauberparadies, sondern auch Versuchslabor der Zukunft. Unter der Sonne der Balearen lud die Hafenbehörde zum großen Branchentreffen ein: den „Mallorca International Blue Marine Talks 2025”. Ein Titel, der so klingt, als hätten PR-Agenturen und Umweltministerien gemeinsam am Flipchart gesessen. Dahinter aber steckte ein ernstes Anliegen: die Dekarbonisierung der Schifffahrt. Oder, weniger technokratisch: endlich weg von Diesel und Schweröl, hin zu Elektromotoren und sauberer Energie – auch auf See.

Mehr als 90 Prozent der CEO-Emissionen stammen von Fähren und Frachtern

Die Schweiz schickte Sue Putallaz, Gründerin von „Zero Emissions Boat”, die gleich zu Beginn Klartext redete: „Mehr als 90 Prozent der CO-Emissionen in der Schifffahrt stammen von professionellen Passagier-, Charter- und Transportschiffen, nicht von privaten Booten.” Wer also dachte, der Kampf um die Klimarettung werde im Yachtclub entschieden, irrte. „Der Wandel muss sich auf den gewerblichen Sektor konzentrieren”, sagte Putallaz und fügte mit schweizerischer Selbstgewissheit hinzu: „Wir wollen weltweit ein Vorbild sein.”

Noch deutlicher wurde einer der deutschen Gäste. Philipp Franke, Leiter im Verkehrsministerium Baden-Württemberg, hatte sich offenbar fest vorgenommen, nicht nur schwäbisch zurückhaltend zu sein. „Dies ist eine großartige Gelegenheit, die Kräfte zu bündeln”, erklärte er. Am Bodensee arbeite man bereits eng mit der Schweiz und Österreich zusammen, um den Umstieg von Verbrennungs- auf Elektroflotten zu beschleunigen. „Internationale Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Fortschritt.” Ein Satz, der im deutschen Föderalismus sonst selten fällt.

Während draußen die Sonne Palmas Hafen in mediterranes Postkartenlicht tauchte, stapelten sich drinnen die Versprechen. Die Balearen-Regierung erinnerte daran, dass sie bereits 15 Millionen Euro in die Hand genommen hatte, um Boote umzurüsten. Das Ergebnis: rund 105 Elektroboote schipperten schon durch die Gewässer. Die Zahl wirkt beeindruckend – bis man sich klarmacht, dass allein in Palma an einem Sommermorgen mehr Verbrenneryachten im Hafen liegen.

Ausbau von Landstromanlagen auf den Balearen geplant

Auf den Podien wechselten sich Schlagworte wie „Energieeffizienz”, „Hafenelektrifizierung” und „Kreislaufwirtschaft” ab. Besonders stolz zeigte sich die Hafenbehörde auf neue Landstromanlagen, mit denen Schiffe in Palma bald ihre Motoren ausschalten und trotzdem Strom zapfen könnten. In Ciutadella, Maó, Alcúdia und La Savina soll die Technik folgen. Corinna Graf, CEO von Puerto Portals, bemühte sich, das Ganze in die richtige Dimension zu rücken: „Die Transformation wird nicht billig, aber sie ist alternativlos.

Zwischen den technischen Details blitzte immer wieder der größere Anspruch auf. Federico Navarro Cabrera, nationaler Koordinator für den Schutz der Meeresumwelt, formulierte es so: „Spanien hat die Chance und die Verantwortung, die blaue Energiewende im Mittelmeerraum anzuführen.” Man konnte das Pathos belächeln – oder daran denken, dass das Mittelmeer im Sommer tatsächlich so warm war wie nie zuvor und die Algenblüten in manchen Buchten an eine Zukunft erinnerten, die keiner will.

Forderung nach klaren Vorschriften und einheitlichen Standards

Die Deutschen jedenfalls schienen es ernst zu meinen. Franke sprach am Nachmittag erneut und erklärte, wie Baden-Württemberg Elektroboote fördern wolle. „Wir brauchen klare Vorschriften, einheitliche Standards und Förderprogramme”, sagte er. Dass er dabei den Binnen-Bodensee mit dem offenen Mittelmeer gleichsetzte, nahm ihm auf Mallorca niemand übel. Immerhin schien klar: Der deutsche Beitrag zum Klimaschutz fährt künftig nicht nur auf Straßen, sondern schwimmt auch.

Die privaten Unternehmen nutzten das Forum, um ihre Technologien zu präsentieren: Batterien, Ladeinfrastruktur, Hybridantriebe. „Öffentlich-private Zusammenarbeit ist der Schlüssel”, hieß es unisono von Werften und Start-ups. Die Tonlage erinnerte an klassische Industriemessen – nur dass man statt SUV nun Boote elektrifizieren wollte.

Mallorca als Labor für nachhaltige Innovation

Natürlich durfte auch der Tourismus nicht fehlen. Pere Joan Planas von der Strategischen Tourismusagentur der Balearen erinnerte daran, dass die Inseln nicht nur „ein Paradies für Urlauber”, sondern auch ein „Labor für nachhaltige Innovation” seien. Mit anderen Worten: Wer nach Mallorca fliegt, soll künftig emissionsfrei übers Wasser gondeln – das schlechte Gewissen bleibt dann nur noch beim Hinflug.

Am Ende des langen Tages standen dicke Ordner mit Plänen, ein frisch vorgestelltes Strategiepapier und die vage Hoffnung, dass aus den schönen Worten auch Taten folgen. „Wir wollen nicht nur diskutieren, wir wollen handeln”, hatte ein spanischer Funktionär in die Mikrofone gesprochen. In welchem Jahr das geschehen wird, blieb offen.

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