Seit 2009 hat Corina van der Lans um ihr Recht gestritten. Jetzt hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in ihrem Sinne ein Urteil gefällt und damit auch die Rechte anderer Fluggäste bei Verspätungen und Annullierungen, die durch technische Mängel verursacht werden, gestärkt: den Passagieren steht eine Entschädigung zu.
Im Fall der Niederländerin ging es darum, dass die Frau vor sechs Jahren mit der niederländischen Fluggesellschaft KLM von Quito nach Amsterdam fliegen wollte. Abflugzeit wäre in Ecuadors Hauptstadt um 9.15 Uhr gewesen, stattdessen hob die Maschine erst am nächsten Tag um 19.30 Uhr ab - eine Verspätung von 29 Stunden. Am Flugzeug waren Mängel aufgetreten, Ersatzteile mussten erst aus Amsterdam eingeflogen werden. KLM verweigerte Corina van der Lans eine Entschädigung von 600 Euro und berief sich auf "außergewöhnliche Umstände", heißt es im Urteil des EuGH.
Die Begründung ließen die Richter nicht gelten. Denn die Fluglinien müssten mit technischen Problemen klarkommen, die im Alltag anfallen, auch wenn sie unerwartet auftreten (Ausnahmen sind Fabrikationsfehler, Sabotageakte und Terroranschläge auf die Maschine).
Den Passagieren stehen dann je nach Entfernung des Flugortes Ausgleichszahlungen zwischen 250 und 600 Euro zu, so geben es europäische Verordnungen vor. "Nichtbeförderung und Annullierung oder eine große Verspätung von Flügen sind für die Fluggäste ein Ärgernis und verursachen ihnen große Unannehmlichkeiten", schreiben die EuGH-Richter.
Doch welche Ansprüche kann der Reisende konkret geltend machen? Ab einer Verspätung von zwei Stunden ist die Fluggesellschaft verpflichtet, ihre Kunden zu verpflegen und ihnen Telefonate zu ermöglichen, schreibt das Europäische Verbraucherzentrum. Landet der Flieger drei Stunden später als geplant, werden für Reisen unter 1500 Kilometern Distanz 250 Euro, zwischen 1500 und 3500 Kilometern 400 Euro sowie bei längeren Flugstrecken 600 Euro Entschädigung fällig. Das gilt auch für Passagiere, die aufgrund einer Verspätung ihren Anschlussflug verpasst haben, wenn die Flüge zusammen gebucht wurden. Gezahlt wird bar, per Überweisung oder Gutschein. Verbraucherschützer raten den Reisenden bei ihren Forderungen hartnäckig zu bleiben, da die Airlines nur unzureichend informieren und verzögert auf Beschwerden reagieren würden.
Des Weiteren kann ab einer Verspätung von fünf Stunden das Ticket storniert werden und die Airline muss den Kaufpreis erstatten. Bei Annullierungen steht dem Reisenden ein Ersatzflug zu. Auch haben Passagiere ein Recht auf Verdienstausfall, Erstattung für verfallene Reservierung und ähnliches. Das gilt für alle Flüge, die ab einem Flughafen innerhalb der Europäischen Union starten oder dort landen, wenn die Fluggesellschaft ihren Sitz in der EU hat. Liegen allerdings außergewöhnliche Umstände wie ein Streik vor, greifen die Ansprüche nicht.
SPEZIALFALL PAUSCHALREISE
Bei einer Pauschalreise nach Mallorca und anderswo ist der Flug Teil des gebuchten Paketes. Vier Stunden Verspätung des Fliegers müssen allerdings als Unannehmlichkeit hingenommen werden. Betroffene können laut Europäischem Verbraucherzentrum Ansprüche auf der Grundlage des Pauschalreiserechts gegen den Reiseveranstalter richten. So haben Touristen die Möglichkeit den Reisepreis zu mindern, wenn sie durch eine Flugverspätung einenUrlaubstag verloren haben. Das gilt auch für den Rückflug in die Heimat. Die Reklamation muss dem Veranstalter innerhalb eines Monats vorliegen. Ratsam ist es, sich rasch an einen Mitarbeiter vor Ort zu wenden.
(aus MM 39/2015)