Jeder Fluggast, der häufig nach Mallorca reist, kann davon ein Lied singen: Flugausfälle, Verspätungen oder verspätetes Gepäck gehören fast schon dazu. Rund jeder fünfte Flug, der in der ersten Jahreshälfte von Spanien startete, war entweder verspätet oder wurde annulliert – so das Ergebnis einer Analyse des Fluggastrechteportals AirHelp. Den Spitzenplatz bei Verspätungen belegte der Flughafen auf Mallorca, gefolgt von Lanzarote.
Besonders betroffen waren einige Fluggesellschaften wie easyJet und British Airways. Doch nur die wenigsten Passagiere wissen, wie sie im Falle von Flugausfällen Geld zurückfordern oder Entschädigungen für nicht erbrachte Leistungen beantragen können. Fluggastrechte-Spezialist Mario Knauth erklärt, welche Schritte Betroffene unternehmen sollten, damit sie nicht im Stich gelassen werden.
Außergewöhnliche Umstände
„Die Airline sagt standardmäßig: ‚Es lagen außergewöhnliche Umstände vor.’ Das ist ihr typischer Standardausdruck. Was die Passagiere jedoch selten erfahren, ist, dass die Fluggesellschaft gleichzeitig verpflichtet ist, frühestmöglich eine Ersatzbeförderung anzubieten”, erklärt Knauth. „Das wird den Kunden einfach nicht erzählt – stattdessen hört man immer nur von außergewöhnlichen Umständen”, ergänzt der Experte.
Damit außergewöhnliche Umstände und zumutbare Maßnahmen erfüllt sind, müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein: „Die Airline muss proaktiv ein Angebot für den frühestmöglichen Flug unterbreiten. Sie muss also aktiv handeln, nicht erst auf Nachfrage. Zumutbare Maßnahmen sind im Flugrecht dabei mögliche Schritte, die eine Airline ergreifen kann, um Annullierung zu verhindern, ohne dabei unverhältnismäßige Kosten oder Risiken einzugehen.”
Außergewöhnliche Umstände hingegen sind äußere Faktoren, die einen Flug beeinflussen, ohne dass die Airline darauf Einfluss nehmen kann. Dazu zählen unter anderem Sperrungen des Flughafens oder des Luftraums, politische Instabilität, unvermeidbare Sicherheitsrisiken, Streiks der Flugsicherung oder Naturereignisse wie Blitzeinschläge, Vogelschläge im Triebwerk oder Unwetter. Auch wenn die Fluggesellschaft in solchen Fällen machtlos ist, bleibt sie verpflichtet, alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die Passagiere so schnell wie möglich an ihr Ziel zu bringen, insbesondere unmittelbar nach dem Ende des störenden Ereignisses.
Probleme mit dem Gepäck
„Bei Gepäckproblemen ist es besonders wichtig, die Fristen einzuhalten“, erklärt Knauth. „Beschädigungen müssen der Fluggesellschaft innerhalb von sieben Tagen gemeldet werden”, betont er. Auch bei verspätetem Gepäck ist es ratsam, den Verlust sofort am Schalter oder online zu melden. Wird der Koffer innerhalb von 21 Tagen nicht gefunden, gilt er als verloren. Der Düsseldorfer Experte rät zudem: „Es empfiehlt sich, eine Übersicht über den Inhalt des Gepäcks zu erstellen und möglichst viele Quittungen für Kleidung und andere Gegenstände aufzubewahren.” Außerdem sollte man beachten, dass nur der Zeitwert ersetzt wird, nicht der Neuwert. „Wertvolle Gegenstände gehören daher grundsätzlich nicht ins Aufgabegepäck.”
Versteckte Zusatzkosten
„Von versteckten Zusatzkosten kann kaum die Rede sein”, so der Branchenexperte. „Die Airlines bieten Sitzplatzreservierungen und Gepäckoptionen an, um den Passagieren viele individuelle Wahlmöglichkeiten zu geben.” Tatsächlich sind die Margen bei reinen Flugtickets so gering, dass viele Airlines erst durch Zusatzleistungen Gewinne erzielen, erläutert Knauth. „Deshalb wird auch so genau auf Koffergrößen und Gewicht geachtet.”
Verpasster Anschlussflug oder Überbuchung
„Bei Flugverspätungen sollten Passagiere ihre Rechte sofort einfordern”, sagt Mario Knauth. „Airlines sind verpflichtet, zu informieren und die frühestmögliche Ersatzbeförderung anzubieten. Notfalls über eine andere Fluggesellschaft oder auf Umwegen.” Bei Überbuchungen hingegen besteht sofort Anspruch auf eine Ausgleichszahlung und einen Ersatzflug, alternativ auf die Erstattung des Ticketpreises.
Knauth betont, wie wichtig es ist, dass Reisende ihre Rechte genau kennen, um diese gegebenenfalls auch rückwirkend geltend zu machen: „Bei Flugannullierungen haben Passagiere Anspruch auf einen Ersatzflug, Betreuung, etwa durch Mahlzeiten oder Hotelunterbringung, sowie gegebenenfalls auf Ausgleichszahlungen, wenn der Flug weniger als 14 Tage vorher gestrichen wurde.”