Nicht jedem gefällt die Regulierungswut der EU. An manchen Stellen aber profitieren die Bürger ganz eindeutig von den europaweit einheitlichen Vorschriften. Ein Beispiel dafür ist zweifellos das "Roaming" (auf Deutsch: "Herumwandern"). Jahrelang mussten Reisende, wenn sie sich im EU-Ausland aufhielten, mit horrenden Mobilfunkkosten rechnen. Ein Anruf aus dem Mallorca-Urlaub in die Heimat konnte durchaus mehr kosten als ein Nachmittag Biertrinken an der Playa de Palma.
Nach der Jahrtausendwende nahm man sich dann in Brüssel des Themas an. Das Ergebnis war die erste Roaming-Verordnung 2007, seit 2012 gibt es eine aktualisierte Fassung. In der Verordnung heißt es: "Das hohe Preisniveau für Sprach-, SMS und Datenroamingdienste, die von den Nutzern öffentlicher Mobilfunknetze, wie zum Beispiel Studenten, Geschäftsreisenden und Touristen verlangt werden, ist für diese ein Hindernis für die Nutzung ihrer mobilen Geräte auf Reisen innerhalb der Union und wird von den Verbrauchern, den nationalen Regulierungsbehörden und den Organen der Union als besorgniserregend eingeschätzt."
Also wurden die erlaubten Höchstpreise in den vergangenen Jahren nach und nach gesenkt - und zwar erheblich: 2007 war bei eigenen Anrufen noch ein Minutenpreis von 49 Cent erlaubt. Heute sind es gerade einmal noch 23 Cent (siehe Preistabelle/Foto). Wer nun aber denkt, dieser Höchstpreis gelte generell für alle Anrufe mit dem Mobiltelefon in ein anderes EU-Mitgliedsland, sieht sich getäuscht.
Wer mit einem spanischen Mobiltelefon nach Deutschland reist und dann innerhalb Deutschlands eine SMS verschickt, der zahlt 7 Cent - ganz so wie es die Roaming-Verordnung vorsieht. Wer allerdings nach der Rückkehr in sein spanisches Heimatnetz eine SMS an die gleiche deutsche Nummer schickt - der zahlt je nach Anbieter unter Umständen mehr als 70 Cent.
"Das ist ganz richtig so", heißt es beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) in Kehl. Die EU habe mit ihren Roaming-Verordnungen die Mobilfunkpreise regeln wollen, die für Menschen gelten, die auf Reisen sind und deshalb vorübergehend die Dienste eines ausländischen Mobilfunknetzbetreibers in Anspruch nehmen. "Der Begriff ,Roaming' bezieht sich ja gerade darauf, dass man sich nicht im Bereich seines Heimatnetzes aufhält", so ein EVZ-Experte. Wer nicht auf Reisen ist, zahlt die Tarife seines Anbieters (Beispiele siehe Tabelle) - diese sind nicht von der EU reguliert und werden allenfalls von den nationalen Netzagenturen überwacht.
Aber nicht nur das: Die EU-Roaming-Tarife gelten auch nur für Anrufe innerhalb des EU-Staates, in dem man sich gerade aufhält, und für solche in das Land, in dem man seinen Mobilfunkvertrag abgeschlossen hat, sagt Telekomsprecher Dirk Wende. Wer also ein deutsches Mobiltelefon besitzt und auf Mallorca Urlaub macht, profitiert bei sämtlichen Anrufen innerhalb Spaniens von den EU-Tarifen und bei Anrufen nach Deutschland - nicht jedoch bei Anrufen in einen anderen EU-Staat.
"Mittlerweile ist das Tarifwirrwarr wirklich komplett", sagt Patrick Lohfink vom Telecom Shop in Palma. Er glaubt nicht wirklich, dass es sich für Mallorca-Residenten lohnt, angesichts der teuren Auslandstarife spanischer Mobilfunk-anbieter eine deutsche Sim-Karte zu besorgen, um diese bei Bedarf ins Mobiltelefon zu stecken und dann bei Anrufen in die Heimat von den EU-Roaming-Tarifen zu profitieren. "Für Anrufe gibt es längst andere Lösungen", sagt Lohfink. "Nur wer viele SMS verschickt, kommt unter Umständen günstiger weg."
In jedem Fall macht es Sinn, sich bei seinem spanischen Mobilfunkbetreiber über spezielle Auslandstarife zu informieren. Denn diese sind oft deutlich günstiger als die Preise, die man bei normalen Tarifen zahlt (und die in der nebenstehenden Tabelle angegeben sind).
(aus MM 37/2014)