Den Traum auf Mallorca zu leben, verwirklichen sich viele Auswanderer durch einen Schritt in die Selbstständigkeit. "Als ich vor über 30 Jahren nach Mallorca kam, haben sich eigentlich alle Auswanderer selbstständig gemacht", erzählt Susanne Heibl, Gründerin und Inhaberin der Unternehmensgruppe Susanne Cerdá. Sie berät seit Jahren Ausländer auf Mallorca beim Weg in die Selbstständigkeit und der Firmengründung. "Jetzt nach der Krise nimmt die Zahl der Gründungen wieder zu", sagt Susanne Heibl.
Das typische Bild des Existenzgründers gibt es nicht: Derzeit machen sich viele junge Leute in der Informatik- und Digitalbranche selbstständig. "Es gibt aber auch Ehepartner zwischen 40 und 50 Jahren, die hier neu starten wollen", erzählt Susanne Heibl, davon habe sie in diesem Jahr sicherlich 15 Paare beraten. "Die meisten kommen direkt aus Deutschland, aber kennen die Insel aus vielen Urlauben", weiß die Expertin. Denn wer den Schritt in die Selbstständigkeit wagt, sollte die Insel gut kennen. "Egal, was man hier macht, die Chancen sind groß", versichert Susanne Heibl. Allerdings nur, solange man gut sowie zuverlässig arbeite, sich von anderen Anbietern unterscheide und sein Handwerk verstehe: "Das gilt besonders für die Gastronomie, denn das stellen sich viele leicht vor, dabei ist es Knochenarbeit."
Ob ein Existenzgründer in die Selbstständigkeit geht oder eine Firma gründet, hängt von den erwarteten Einnahmen und den Anfangsinvestitionen ab. Zudem ist die Haftung unterschiedlich geregelt. Eineinhalb bis zwei Jahre sollten sich Existenzgründer Zeit geben, bis sie von ihrem Geschäft oder ihrer Idee leben können. "Für diese Phase sind Rücklagen wichtig", betont Susanne Heibl. Bekommt man in dieser Zeit finanziell keinen Fuß auf den Boden, sollte man über eine Veränderung oder gar die Aufgabe des Geschäfts nachdenken.
Auf den Balearen arbeiten 90.000 Menschen in der Selbstständigkeit. Sie werden "Autónomos" genannt. Auf den Inseln ist jeder fünfte "Autónomo" ein Ausländer, unter ihnen 4014 Deutsche. "Die Deutschen sind die stärkste ausländische Gruppe unter den Existenzgründern", weiß Guillermo Guerrero, Bereichsleiter von der spanischen Selbstständigenvereinigung ATA. Ein Grund sei, dass Deutsche auf der Insel Produkte und Dienstleistungen speziell für ihre vielen Landsleute anbieten.
Sich in Spanien selbstständig zu machen, ist einfach: "Das geht an einem Vormittag", sagt Guerrero. Einen Unterschied gebe es nicht für Spanier und EU-Bürger. Der Existenzgründer braucht eine Steuernummer NIE und eine Bescheinigung darüber, dass er auf Mallorca Resident ist ("Residencia"). Zunächst muss die Person beim Finanzamt ("hacienda") ihre steuerliche Anmeldung abgeben ("Declaración Censal", Formular 036). Anschließend meldet man sich bei der Sozialversicherung ("Seguridad Social") als Selbstständiger an.
"Neu angemeldete Selbstständige bekommen bei der Sozialversicherung gute Konditionen", sagt Guerrero. In den ersten 18 Monaten werden reduzierte Sätze der Sozialabgaben bezahlt. Im ersten halben Jahr werden 50 Euro, danach sechs Monate lang 130 Euro und im Anschluss 190 Euro fällig. Der komplette Satz liegt für Selbstständige bei 266 Euro (2016). "Ein Autónomo erwirbt damit den Anspruch auf die gleichen Sozialleistungen wie ein Angestellter", sagt der Vertreter von ATA, sprich Krankengeld, Elternzeit, Rentenleistungen.
Ein Businessplan ist bei der Anmeldung als Selbstständiger nicht nötig. "Dennoch ist es natürlich ratsam, sich vorher zu überlegen, was man anbieten möchten", betont Guillermo Guerrero. Ein Businessplan ist auch bei der Gründung einer "Sociedad Limitada" (S.L.) nicht vorzulegen, sie entspricht der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. "Doch Banken wollen einen Businessplan bei der Kreditvergabe sehen" weiß Pedro Serrano von der Handelskammer in Palma. Er berät Firmengründer. Auf der Webseite der Handelskammer können kostenlose Gruppen- und kostenpflichtige Einzeltermine vereinbart werden. Sie unterstützt auch bei der Vergabe von Mikrokrediten über die Bank La Caixa. "Es kommen wieder mehr junge Leute mit guten Ideen", freut sich Pedro Serrano.
DIE EIGENE FIRMA GRÜNDEN
Die mallorquinische Handelskammer steht bei der Gründung einer "Sociedad Limitada" (S.L.) mit Rat und Tat zur Seite. Pedro Serrano erklärt die Firmengründung, die wesentlich komplizierter und langwieriger als die Anmeldung zum Selbstständigen ist. Zunächst gilt es zu klären, dass der Firmenname nicht schon im Handelsregister vergeben ist. Des Weiteren muss eine Bescheinigung über die Kapitaleinlage (mindestens 3000 Euro) bei einer Bank ausgestellt werden. Im nächsten Schritt nimmt die Firma Formen an, dann wendet man sich im Normalfall an einen Notar oder übermittelt die Unterlagen über die Webseite des Handelsministeriums. Es wird eine Beurkundung nötig, eine Steuernummer wird beantragt und die S.L. muss ins Handelsregister eingetragen werden. "Auch muss man sich beim Rathaus eine Betriebserlaubnis geben lassen", sagt der Berater. Danach erfolgt die Anmeldung bei Finanzamt und der Sozialversicherung. Das Prozedere kann Monate dauern und bis zu 800 Euro kosten.
(aus MM 53/2016)