Über die Unzulänglichkeiten seiner ansonsten charmanten Wohnung in Palmas Altstadt hatte sich Markus K. schon länger geärgert. Die Reparatur der kaputten Herdplatte, das morsche Dachfenster und eine defekte Toilettenspülung ließen seit Jahren auf sich warten. Seine Freundin hatte schon darüber nachgedacht, die Wohnung zu wechseln.
Da riet ihm ein Freund, doch einfach die Miete herunterzuhandeln. Der Ärger ließe sich so vielleicht leichter ertragen. Gesagt, getan. Tatsächlich schaffte es K., bei seiner spanischen Vermieterin eine Senkung der Monatsmiete von 750 auf 650 Euro durchzusetzen - in sechs Jahren als Mieter war ihm das nie in den Sinn gekommen.
In der Tat wäre das vor drei, vier Jahren undenkbar gewesen. "Herunterhandeln kommt dem spanischen Charakter nicht entgegen", sagt Ramón Palou de Comasema, Inhaber der Immobilienfirma San Nicolás, die seit 26 Jahren in Palmas Altstadt ansässig ist. Aber auch er stellt fest: In Zeiten der Krise lassen sich Vermieter auf niedrigere Mieten ein. "Meistens geben wir die Ermäßigungen aber schon bei der Vermittlung weiter", sagt er. Zehn Prozent weniger seien derzeit durchaus üblich.
Die Ursachen liegen für Immobilienexperten auf der Hand. "Das Angebot auf dem Mietmarkt ist größer als die Nachfrage", sagt Eduard Andreu von idealista.com, dem nach eigenen Angaben führenden spanischen Immobilienportal. Zwar steige die Nachfrage auch, aber eben nicht so stark. Bei San Nicolás ist zwischen 2008 und 2012 die Nachfrage nach Mietwohnungen um 24,4 Prozent gestiegen, das Angebot im gleichen Zeitraum jedoch um 34,6 Prozent.
Palma verzeichnet im laufenden Jahr einen relativ geringen Rückgang der Mietpreise. Mit 748 Euro Durchschnittsmiete im Juli 2012 liegt die Stadt landesweit zwar unter den teuersten fünf Städten. Im Vergleich zum Vormonat ist die Durchschnittsmiete aber nur um 1,2 Prozent gesunken. Dafür sind es im Vergleich zum Vorjahr immerhin 4,6 Prozent weniger, laut Onlinebroker enalquiler.com. Bereits bei den Anzeigen des Portals steht zu lesen: Miete um 200 Euro gesunken - allerdings bei den eher hochpreisigen Objekten.
Trotz des momentanen Überangebots konstatiert Andreu: "Von einer Generation, in der sich jeder eine Wohnung kaufen konnte, werden wir eine Gemeinschaft von Mietern." Bislang habe Spanien eine Mietquote von 17 Prozent, während der europäische Schnitt bei 40 Prozent liege. Das ändere sich aber gerade schnell. Viele, die sich früher eine Wohnung gekauft hätten, bekämen jetzt kein Geld mehr von der Bank und gingen auf Mietwohnungssuche.
Anscheinend ist die Zahl derer, die eine Wohnung abzahlen, aber die Hypothekenraten nicht mehr stemmen können, höher. Die ziehen dann beispielsweise nach Hause oder in eine billigere Wohnung und vermieten lieber. Das trifft auch auf diejenigen zu, die lange Zeit eine Immobilie lieber ungenutzt ließen, als mit der Miete herunterzugehen.
Ein neuer Gesetzentwurf der Regierung trägt dem Trend Rechnung: Den Vermietern sollen mehr Sicherheiten eingeräumt werden (siehe unten), sie sollen so animiert werden, ihre Immobilien zu vermieten.
Die Onlineportale bieten eine gute Übersicht, über den Mietmarkt, reflektieren jedoch nicht immer das reelle Preisniveau. "Ein Großteil sind unverkäufliche und vermietbare Immobilien", sagt Andreu. Die preislich wirklich attraktiven Objekte seien immer nur kurz im Netz. Ob sich ein Vermieter auf eine Mietsenkung einlasse, hänge stark von der Gegend ab. "In einer begehrten Wohngegend wird er die Wohnung auch anderweitig los, hat also keinen Grund zur Mietsenkung", sagt Andreu.
Dennoch werde es immer mehr zur Praxis. "Viele haben angesichts massiver Gehaltskürzungen gar keine andere Wahl", sagt Andreu. Da gelte dann das Argument, dass man lange ein treuer Zahler war, nach dem Motto: Besser ein Spatz in der Hand, als eine Taube auf dem Dach. So hat es auch bei Markus K. Funktioniert.
DAS NEUE MIETRECHT
Der Gesetzentwurf zum neuen Mietrecht ist bereits vom Ministerrat abgesegnet. Er sieht vor, die Rechte des Vermieters zu stärken. So kann säumigen Mietern bereits nach einer Frist von zehn Tagen gekündigt werden. Die Räumung kann dann sofort vollzogen werden, ohne Gerichtsverfahren.
Neu ist auch, dass die Mietdauer vertraglich festgelegt werden kann. Bislang galt automatisch eine Mindestmietdauer von fünf Jahren, die nur der Mieter einseitig kündigen konnte. Auch die jährliche Mietsteigerung soll künftig vertraglich festgelegt werden und sich nicht mehr automatisch durch die jährliche Preissteigerung errechnen lassen.
Eigennutzung soll der Vermieter künftig jederzeit geltend machen können, mit einem Vorlauf von zwei Monaten. Bislang geht das erst nach Ablauf von mindestens drei Jahren.
Mietern soll hingegen die Möglichkeit eingeräumt werden, Renovierungen mit der Miete zu verrechnen. Bislang war das in der Praxis nicht üblich.
Bislang handelt es sich jedoch nur um einen Gesetzentwurf. Es kann mehrere Monate dauern, bis das Recht in Kraft tritt.