Kommt Ihnen das bekannt vor? Sie unterhalten sich gerade mit einem Spanier. Die Worte wurden scheinbar von Ihnen und dem Gegenüber verstanden. Sie waren höflich, nett, kamen direkt zur Sache. Ihr Gesprächspartner wird jedoch still, lächelt verlegen und ein unangenehmes Gefühl macht sich breit. Sie können sich aber nicht erklären, was gerade schieflief? MM erklärt die kulturellen Unterschiede in deutsch-spanischer Kommunikation, sodass Ihnen bald nichts mehr „spanisch vorkommt”.
Spanier kommunizieren einfach anders als Deutsche. In Sachen Höflichkeit und Benehmen gelten in jedem Land andere Regeln, das macht sich auch in Gesprächen bemerkbar, wie etwa die Romanistin Lisa Graf-Riemann in ihrem „Fettnäpfchenführer Spanien” beschreibt. Den Deutschen ist wichtig, keine Zeit zu verschwenden und ein Anliegen direkt anzusprechen. Denn nur so kommt jeder schnell und effizient an sein Ziel. Keine Zeit für Smalltalk.
Ganz anders sieht das bei den Spaniern aus: Der kleine Plausch vor jedem Gespräch gehört einfach dazu. Es kann nichts so wichtig und eilig sein, dass die persönliche Ebene zu kurz kommt. Es gehört zum guten Ton, erst einmal nach dem Wohlergehen zu fragen. Alles andere erwecke den Eindruck, als falle jemand ohne zu klopfen direkt mit der Tür ins Haus. Betrachten Sie das sich nach dem Befinden erkunden als verbale Aufwärmphase. Und formulieren Sie kritische Dinge mehr durch die Blume.
Weniger dezent erscheinen Deutschen hingegen die spanischen Imperative im Alltag, die häufig ohne Höflichkeitsfloskeln auskommen: Statt „Kannst Du mir bitte die Butter herüberreichen?” lautet die flotte Aufforderung im Spanischen salopp: „Gib mir die Butter!” Typisch deutsche Formulierungen schaffen eher künstliche Distanz zwischen den Kommunizierenden und sollten daher vermieden werden.
Sie wollten einen Termin mit einem Handwerker vereinbaren. Sprachlich wurde alles verstanden. Die Situation ist glasklar, aber es ist trotzdem kein fester Termin entstanden? Sie können es sich nicht erklären, woran es hakt?! „Können Sie morgen vorbeikommen und das Problem beheben?” – „Ich werde sehen, was ich machen kann.” – „Ist das jetzt ein ja oder nein?!” –„Ich weiß noch nicht genau wann, aber ich werde alles versuchen, um morgen bei Ihnen vorbeizukommen. Ich melde mich bei Ihnen und sage Ihnen Bescheid!”
Nun ist der Tag gekommen und Sie hören und sehen nichts von besagtem Handwerker, der sich doch melden wollte. Sie sind womöglich extra zu Hause geblieben, um die Ankunft auf keinen Fall zu verpassen. Abends haben Sie aber die Nase voll und rufen ihn um 20 Uhr an, um jetzt endlich zu erfahren, was los ist. Und dann sagt der Handwerker: „Tut mir leid, aber heute schaffe ich das nicht mehr. Vielleicht morgen.”
Hätte er das nicht früher sagen können? Warum hat er nicht gleich gesagt, dass er keine Zeit hat? Warum hat er so um den heißen Brei geredet?
Ganz einfach. Die Spanier sind nicht so direkt wie die Deutschen. Auf spanische Art hatten Sie sogar eine ganz klare Absage bekommen. Es gehört sich nicht, jemandem direkt ein „Nein” so hart an den Kopf zu werfen. Die Harmonie zwischen den Personen ist wichtiger als das Ankommen einer Nachricht. Nun mag es sein, dass spätestens jetzt die deutsche Harmonie ins Wanken gerät, denn so war die Angelegenheit verschwendete Zeit. Für die Spanier wurde indes auf diese Weise eine brenzlige Situation sanft umgangen.
Sie wollten ihren spanischen Freunden gerade etwas erzählen und werden dauernd lauthals unterbrochen? Auf einmal redet alles durcheinander und Sie kommen gar nicht mehr zu Wort? Willkommen in einer ganz normalen, lebhaften Konversation in Spanien, an denen die Beteiligten sich lautstark einbringen. Jetzt gekränkt das Erzählen einzustellen und zu schweigen, wäre schlecht. Es könne von spanischer Seite schlichtweg nicht nachvollzogen werden. Klar, in Deutschland gelten Unterbrechungen als respektloses Verhalten. Jeder hat seine Redezeit, und wenn diese abgelaufen ist, darf der nächste sprechen. Diese Regel müssen Sie in Spanien nicht auf die Goldwaage legen. Ganz im Gegenteil, so zeigen Sie ebenfalls Interesse!
Die spanischen Gesprächspartner kommen Ihnen zu nahe und berühren Sie zum Beispiel am Arm oder an der Schulter? Und das, obwohl man sich noch gar nicht kennt? Sie haben es nicht unbedingt mit einer aufdringlichen Person zu tun. Eine gewisse Distanz zum Gegenüber ist in Deutschland erwünscht, um jemandem nicht „zu nahezutreten”. In Spanien wird sich hingegen bemüht, die Distanz zu anderen Menschen schnellstmöglich zu überwinden. Daher ist das Händeschütteln viel zu bezugslos. In Spanien gibt es gleich links und rechts ein Küsschen auf die Wange. Bei der Gelegenheit wird sich auch nahezu überall sofort gedutzt. Denn es wird Wert auf Beziehungen gelegt. Wenn man sich kennt und sich versteht, werden eventuelle Schwierigkeiten viel schneller gemeinsam überwunden.