Spirituelles Zentrum Mallorcas oder Herz der Insel - so wird das Kloster von Lluc vor allem in vielen Reiseführern bezeichnet. Tatsächlich ist der Ort wegen seiner Gründungslegende eine beliebte Pilgerstätte: Ein maurischer Hirtenjunge namens Lluc soll im Jahr 1229 die heute dort verehrte, dunkle Marienstatue zwischen den Felsen gefunden haben. Inzwischen gilt das Kloster als Muss für Touristen bei einem Besuch auf der Insel.
Schon die Anreise nach Lluc mit dem Bus ist ein Erlebnis für sich. Eineinviertel Stunden dauert die Fahrt mit der Linie 330 von Palma mit Zwischenstopps unter anderem in Binissalem und Inca. Vor allem der letzte Teil der Strecke über die engen Bergstraßen der Tramuntana ist nichts für Höhenängstliche. Ein halber Meter trennt die Busreifen vom Abhang, unter dem tiefe Schluchten liegen.
Des Öfteren muss wegen Gegenverkehr, meist in Form von Radlerkolonnen, auch heftig gebremst werden. Entlohnt wird man für die holprige Fahrt mit dem sensationellen Ausblick über das Gebirge. Der Bus und vor allem seine Insassen wirken plötzlich ganz klein und unscheinbar.
Die Ankunft im Kloster wirkt im Vergleich dazu relativ ernüchternd. Der steinerne Mauerbau ist schlicht und unauffällig. Das Gebäude besteht aus mehreren Flügeln, die unter anderem ein Internat, das Museum und eine Herberge für Urlauber beheimaten.
Wer sich nach Lluc begibt, sollte nicht unterschätzen, dass der Ort 525 Meter über dem Meeresspiegel liegt: Ein frischer Wind weht stetig und es ist deutlich kühler als im Tal, vor allem sobald man von den steinernen Klostermauern umgeben ist.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort ergibt sich die Möglichkeit, einem Konzert des Schulchors "Els Blauets" zu lauschen. Besuchen kann man auch den Botanischen Garten und für vier Euro Eintritt das Museum mit Exponaten aus den Bereichen Archäologie, Keramik oder Textil.
Die eigentliche Attraktion besteht für Gläubige aber wohl im Erleben der Heiligkeit. Das Gefühl stellt sich allerdings nicht bei allen Besuchern ein. Zumindest der Bitte um "silenci" kommen die wenigsten wirklich nach.
Dass das Kloster aktuell noch belebt und in Betrieb ist, fällt kaum auf. Lediglich ein paar Kleidungsstücke, die zum Trocknen aus den vergitterten Fenstern hängen, deuten darauf hin, dass tatsächlich Menschen in den Gemäuern leben. Ein Hauch von Geschichte und Religiosität ist allerdings zu spüren, wenn man die langen Flure entlangschreitet und über jedem der steinernen Türbögen ein kleines Keramikschild mit der Aufschrift "Ave Maria" entdeckt.
Die Mutter Gottes ist in Lluc ihrer Gründungslegende geschuldet omnipräsent. Höhepunkt für die zahlreichen Pilger ist der Anblick der schwarzen Madonnenstatue in der Basilika der Anlage. Im 1691 fertiggestellten Renaissance-Bau dominieren die Farben Gold und Grün, generell ist die Kirche sehr dunkel gehalten. Nur durch kleine Fenster an den Seiten der Kuppel dringt etwas Licht in die Kapelle.
Beleuchtete Hinweisschilder deuten den Pilgern und Touristen den Weg in den separaten Raum, in dem die heilige Marienstatue steht. Das Kunstwerk wurde aus mehrfarbigem Sandstein gefertigt und färbte sich erst im Verlauf der Jahrhunderte schwarz, und gilt heute als Symbol für Leid.
Leid und düstere Stunden spielen in Lluc daher auch eine besondere Rolle: "Lluc lädt ein, den eigenen Lebensweg ohne Furcht vor dem Dunkel zu gehen", steht zum Beispiel auf einer der Informationstafeln im Eingangsbereich.
Trotz der allseits betonten Heiligkeit der Mauern ist einer der schönsten Plätze von Lluc außerhalb des Klosters zu finden. Bei gutem Wetter scheint auf den Vorplatz des Santuari, der sogenannten Magnolienanlage, den ganzen Tag die Sonne. Der Platz ist der ideale Ort, um das bunte Treiben auf der Anlage zu beobachten. "Bunt" ist hierbei wörtlich gemeint in Anbetracht der vielen Radfahrer, die in Lluc gerne Rast machen, nachdem sie den Anstieg zum Haus der Heiligkeit erklommen haben.
Ohne Wanderausrüstung kann man das Hinterland des Klosters besteigen
Wer mit dem Bus nach Lluc fährt, hat aufgrund der wenigen Verbindungen viel Zeit, um nach der Besichtigung der Klosteranlage die gebirgige Umgebung zu erkunden. Bei fehlender Wanderausrüstung sollte man sich auf die Besteigung des „Hügels der Geheimnisse” beschränken. Links vom Klostergelände führt ein Weg zur Spitze einer Erhebung, auf der von unten bereits ein riesiges metallenes Kreuz zu sehen ist.
Auf der Suche nach Ruhe und Abgeschiedenheit wird man hier inmitten der Flora und Fauna endlich fündig. Im Tal kann man Hähne krähen und Schafsglocken bimmeln hören. Wenn der Zufall es will, springen einem auf dem Gebirgspfad sogar ein paar Bergzicklein entgegen.
Atemberaubend ist die Aussicht auf die umliegende Serra de Tramuntana. Vor einem erstreckt sich die Gebirgslandschaft, die aussieht, als würde sie gleich zum Leben erwachen. Die grauen Bergfalten erinnern an das Gesicht eines alten Mannes, die grünen Wälder sehen aus wie sein Bart.
Wenn man sich vom Anblick der Landschaft losreißen kann, geht es weiter bergauf. Unsportliche Menschen können hier schon mal aus der Puste geraten.
Allerdings gibt es genügend Gelegenheiten, stehen zu bleiben: Entlang des Wegs sind Denkmäler zu den Stationen des Rosenkranzes errichtet worden. Zuletzt steht das Monument, das an den Fund der Marienstatue durch den Hirtenjungen erinnert.
Es empfiehlt sich aber durchaus, beim Ausflug nach Lluc eine größere Wanderung einzuplanen. Lluc ist Ausgangspunkt für viele beliebte Wanderstrecken. In gut zwei Stunden kann man zum Beispiel nach Caimari hinunterlaufen und erst dort wieder in den Bus einsteigen.
Etwa vier Stunden lang dauert die „kurze Runde um Lluc”. Ausgangspunkt für die Rundwanderung ist der große Parkplatz vor dem Kloster. Von dort aus geht es über breite Wald- und Wanderwege entlang der Route GR-221 durch das Gebirge.
Wer keine Lust zum Wandern hat, sollte sich ein gutes Buch oder einen interessanten Gesprächspartner mit nach Lluc nehmen. Zumindest, wenn man vom Bus abhängig ist, der abends nur einmal Richtung Palma zurückfährt. Andernfalls können die sechseinhalb Stunden in der Klosteranlage ganz schön lang werden. (kp)
INFO
MESSEN UND CHORGESANG
Täglich wird um 11 Uhr im Kloster eine Messe abgehalten. Um 13.15 Uhr singen die Chorknaben. Abends findet eine Bibellesung mit anschließendem Gottesdienst statt.
Am Ostersonntag, 31. März, wird zusätzlich auch mittags um 12 Uhr Messe gefeiert.