Palma de Mallorca ist derzeit eine Art Bienenstock: Zahllose Menschen bewegen sich durch die Straßen und Gassen, mit oder ohne Rollköfferchen, beziehen Hotels und irgendwelche Zimmer oder verlassen diese auch wieder. Manch einer weiß nicht, wo man das Gepäck um Gottes Willen lagern kann, wenn das Zimmer erst in einigen Stunden bezugsfertig ist oder der Flug erst lange nach dem Auszug startet.
Angesichts dessen ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Räumlichkeiten mit Schließfächern für die Koffer (auf Spanisch: „consigna”) in den vergangenen Jahren wie Pilze aus dem Boden schossen. Wobei diese Lagergelegenheiten kaum mehr was mit den guten alten Schließfächern zu tun haben, die man etwa früher in muffigen deutschen Bahnhöfen vorfand – mit Münzen, die mühsam mit scharfem Blick durch schmale Schlitze gesteckt werden mussten.
Heute geht das alles ganz anders, also schnittig, über die Bühne: Bei der Firma Mallorca-Lockers etwa, die über einen Lagerort an der Straße Santa Catalina de Sena nahe der Plaça d’Espanya verfügt, bucht und zahlt man mit Debit- oder Kreditkarte (Bares wird nicht akzeptiert) an einem Apparat vor Ort, erhält einen Code aufs Handy geschickt, und öffnet eines der Schließfächer damit. Auf dass man bei der Abholung keine böse Überraschung erlebt, wird eindringlich empfohlen, die Zahlen- und Buchstabenkombination abzufotografieren.
Automatische Schließfächer gibt es bei Mallorca-Lockers (Carrer Santa Catalina de Sena) , Lock’n Enjoy (Carrer d’en Vilanova) , Mama Lockers (Carrer del Passadís) oder im Intermodal-Bahnhof in verschiedenen Größen, in der Regel werden die Räumlichkeiten mit Videokameras und Alarmanlagen bewacht, das Gepäck ist gegen Diebstahl versichert. Es ist selbstredend teurer, wenn man mehrere große Koffer unterbringen will, als wenn nur ein Trolley deponiert werden muss. Für ein Gepäckstück werden pro Tag vier bis sechs Euro verlangt.
Bei Rent Express Mallorca (Carrer 31 de Diciembre 3) geht es bei der Gepäckaufbewahrung nicht vollelektronisch zu, sondern rustikal wie früher. Hier wird das zu bezahlende Geld noch von einem Mitarbeiter entgegengenommen. Pfiffig ist, dass man dazu gleich ein oder mehrere Fahrräder oder E-Scooter mieten kann, um sich ohne Anstrengung durch die Stadt zu bewegen. „Bei uns kommen die Koffer in einen Lagerraum”, so ein Mitarbeiter, 4 Euro kostet der Spaß pro Tag und Gepäckstück, bezahlt werden muss im Voraus. Auch sämtliche Postämter auf den Balearen und sogar im gesamten Rest von Spanien bieten jetzt die Möglichkeit an, dort Koffer lagern zu lassen. Bis zu 15 Tage ist das laut einer Pressemitteilung möglich.
Auch am Flughafen von Mallorca gibt es im Eincheckbereich seit dem Jahresbeginn neuerdings eine sogenannte „consigna”, die auf traditionelle Art und Weise funktioniert. Dieses Angebot wurde dort jahrelang schmerzlich vermisst. Das Gepäck wird vor der Lagerung gewogen (höchstens 25 Kilo pro Koffer sind erlaubt) und dann mit Strahlen kontrolliert, auf dass sich darin keine verbotenen Gegenstände wie etwa Waffen befinden. Für einen Aufbewahrungstag werden 10 Euro – doppelt so viel wie in der Innenstadt – verlangt. Wer noch zusätzliche Koffer oder Rucksäcke benötigt, kann diese vor Ort gleich kaufen.
Angesichts der hohen Nachfrage bieten neuerdings auch Hotels, Cafés oder Läden, deren Betreiber sich etwas dazuverdienen wollen, Aufbewahrungsmöglichkeiten für Gepäck. Das Ganze kann über Online-Netzwerke gebucht werden, die Preise bewegen sich auf dem Niveau der vollautomatischen „consignas”. Eines dieser Netzwerke ist LuggageHero, ein anderes heißt Nannybag, die Buchungen erfolgen im Internet. Angesichts der zunehmenden Massifizierung haben sich die Zeiten im alten Zentrum von Palma halt geändert. Wo es früher Tante-Emma-Läden gab, verdient man heute Geld mit Gepäckfächern.