Ein Arztbesuch ist wohl für die wenigsten Menschen ein Vergnügen, doch in diesen Tagen kann der Gang ins Gesundheitszentrum unangenehm werden. So ist es Katharina S. (Name ist der Redaktion bekannt) ergangen. Die 37-Jährige wurde Mitte August von ihrer Hausärztin zum Coronatest ins staatliche Gesundheitszentrum Camp Redó in Palma geschickt. „Bereits am Eingang warteten mindestens 30 Menschen“, erzählt sie. Eine Krankenschwester rief nach und nach die Namen der Patienten auf, die zum Test sollten. „Da rückten dann alle noch mehr zusammen, um überhaupt etwas zu verstehen“, erzählt Katharina S.. Als sie an der Reihe war, bekam sie noch eine zweite Maske aufgesetzt und ihr wurde ein Stuhl im Eingangsbereich zugewiesen. Die junge Frau ist hochschwanger. Sie fühlte sich sehr schlecht und gesundheitlich angeschlagen zu jenem Zeitpunkt. „Ich habe dann lieber weiter draußen gewartet“, erzählt sie, „im Wartebereich saßen die Leute dicht beieinander und dort, wo ich zunächst sitzen sollte, gingen Menschen mit allen möglichen Krankheiten vorbei.“ Sie habe das Gefühl, in der aktuellen Situation werden Patienten nicht mehr wie Menschen, sondern nur noch als Nummern wahrgenommen.
Das Ergebnis des Tests fiel negativ aus, zwei Wochen später musste die 37-Jährige ihn wiederholen. „Ich habe mich geweigert, noch einmal nach Camp Redó zu fahren“, erzählt sie gegenüber MM. So wurde sie an eine neue Teststation auf dem Gelände von Son Dureta verwiesen, dort wurde immer nur eine Person vorgelassen. Diese Erfahrung war besser, doch es blieb ein bitterer Nachgeschmack. „Hat man Symptome, bekommt man zwei Wochen lang keinen Arzt zu Gesicht. Ich fühlte mich hilflos und mir ging es schlecht“, erzählt die junge Frau. Nachdem, was sie erlebte, schätzt sie das Ansteckungspotenzial durch solche Zuständen wie in Camp Redó als sehr hoch ein. „Ich hoffe, es wird etwas verbessert“, fügt sie an.
„In jedem Gesundheitszentrum gibt es derzeit zwei Bereiche. Einen für Patienten mit Symptomen und einen für alle anderen“, teilt die balearische Gesundheitsbehörde Ib-Salut auf MM-Nachfrage zu diesem Fall mit. Man arbeite kontinuierlich an Verbesserungen des Systems. Seit Beginn der Coronakrise stellte die balearische Gesundheitsbehörde Ib-Salut 900 neue Mitarbeiter ein. Auf den Balearen wurden bisher 182.250 Coronatests durchgeführt. 190 Personen sind derzeit damit beschäftigt, Kontakte bei Covid-19-Infizierten nachzuverfolgen. Es sei aber nicht auszuschließen, dass es in den vergangenen Tagen aufgrund der hohen Fallzahl zu einem besonders hohen Andrang in den Ärztehäusern gekommen sei. Die Pressesprecherin verweist auf die aktuell geltenden Regeln, dass kein Patient ein Gesundheitszentrum ohne vorherigen Termin aufsuchen sollte.
Wer sich krank fühlt, muss zunächst über die Hotlines von Ib-Salut (Tel. 902-079079 und Tel. 971-437079) beziehungsweise direkt über das ihm zugewiesene „Centro de Salud“ Kontakt aufnehmen. Eine Liste der Telefonnummern der Gesundheitszentren findet sich unter www.ibsalut.es. Des Weiteren ist es möglich, über die App „Cita previa Goib“ oder die Webseite von Ib-Salut, um ein Telefonat mit medizinischem Personal zu bitten. Der Hausarzt ruft dann an und entscheidet, wie weiterverfahren wird, ob der Patient vorstellig werden soll oder ob die Diagnose per Telefon erfolgen kann. Zudem kann es passieren, dass der Kranke Fotos von sich an den Arzt schicken muss.
Auch Hausbesuche gibt es weiterhin. Wer am Wochenende oder abends erkrankt, ruft zunächst im nächstgelegenen PAC (Punt d’atenció continuada) – einem Ärztezentrum, das rund um die Uhr besetzt ist – an. Die Notaufnahmen der Krankenhäuser sollten nur in besonders schweren Fällen aufgesucht werden.
Wie lange diese Vorsichtsmaßnahmen aufrechterhalten werden, ist noch nicht absehbar. Nach und nach will das öffentliche Gesundheitssystem auf Mallorca wieder zu seiner alten Form zurückkehren. Einzelne Schritte sind schon erfolgt: Seit diesem Monat sind alle Gesundheitszentren auf der Insel wieder aktiv. Einige kleinere waren geschlossen worden, das medizinische Personal musste an anderer Stelle einspringen. Die Kinderärzte führen wieder die Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten bei den Jüngsten durch. Nach wie vor kann es passieren, dass Patienten einen Facharzt in einem anderen Gesundheitszentrum als gewöhnlich aufzusuchen haben. So müssen beispielsweise Familien, die in den Urbanisationen von Llucmajor wohnen, mit ihren Kindern ins Ärztehaus Trencadors nach Arenal fahren anstatt nach Badia Gran.