Es klingt immer wieder verlockend: "Komm, wir fahren ans Meer, setzen uns in eines der Cafés und essen ein paar Tapas." Wenn dieser Satz fällt, ist in Palma meist das Stadtviertel El Molinar gemeint. Es liegt östlich vom Zentrum direkt am Meer, mit Fischerhäuschen, die heute Bars und Restaurants beherbergen.
Das "Barrio", das seinen Namen 28 Windmühlen verdankt, von denen heute nur noch drei existieren, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein lebhaftes Wohn- und Industriegebiet, wie dem Fotoband "El Molinar" zu entnehmen ist. Hier entstand 1859 das erste Gaswerk der Insel, 1903 das erste Elektrizitätswerk Palmas, bis 1921 folgten zwei weitere.
1880 errichtete die Familie Salas zudem mit der "Petrolera" eine Raffinerie (das Gebäude steht noch). Schon vorher hatte sich das Gerberhandwerk in dem Viertel angesiedelt. Mit dem elektrischen Strom geriet der Windmühlenbetrieb aus dem 17. Jahrhundert ins Aus. Die Gebäude wandelten sich zu Wohnungen für Fischer und Arbeiter. "Auch Sommergäste aus Palma richteten sich in El Molinar ein, aber es waren nicht die Reichen - die zogen nach El Terreno - sondern der Mittelstand, der sich das Viertel leisten konnte", sagt Buchautor Xavier Terrasa.
Von den heute ebenso beliebten wie teuren Fischerhäuschen gab es übrigens ein weiteres Viertel mit sieben Straßenzügen. Im Volksmund wurde dieses Barrio "El primer Molinar", das erste Mühlenviertel, genannt. 1960 begann dort die Immobilienspekulation. Die Bewohner wurden teils mit Gewalt aus ihren Häusern geworfen, in den 80er Jahren wurde das Viertel abgerissen. Heute stehen dort das einsame Hochhaus am Strand von Can Pere Antoni samt zwei verbliebenen Mühlen.
Xavier Terrasa bedauert die erfolgte Stadtentwicklung. "Das war ein großer Verlust für Palma."
INFO
„Así era El Molinar”. Zu Deutsch: So war El Molinar. Das Buch enthält 190 Fotos, die teils noch nie veröffentlicht gewesen waren. Erschienen im Verlag Temporae, Preis 16,90 Euro. ISBN: 978-84-939440-8-7.