Der Wunsch nach einer deutschen Schule auf Mallorca ist nicht erst mit dem sogenannten "Deutschen-Boom" Mitte der 1990er Jahre aufgekommen. Er ist viel älter. In diesem Jahr jährt sich zum 100. Mal, dass genügend Engagement und guter Wille zusammenkamen, um eine deutsche Lehranstalt auf Mallorca zu verwirklichen.
Im Jahre 1912 öffnete die "Escuela Católica Alemana de Palma" ihre Pforten. Angesiedelt war die Einrichtung in einem Nebengebäude des Sant-Francesc-Klosters in Palmas Altstadt. Der Kreuzgang diente den Jungen als Pausenhof.
Treibende Kraft der Schulgründung war ein spanischer Marineoffizier, dem eine große Verehrung des kaiserlichen Deutschland nachgesagt wurde. Gemeinsam mit interessierten Eltern rief er eine Initiative ins Leben, um Schulkindern neben den üblichen spanisch-katholischen Lehrplänen auch die deutsche Sprache zu vermitteln, und das schon im Kindergartenalter. Zu diesem Zweck wurden drei deutsche Grundschullehrerinnen eingestellt.
Im März 1913 wurde Otto Boelitz, Direktor der 1894 gegründeten Deutschen Schule Barcelona, von dem Offizier und dem damaligen deutschen Konsul Alfred Müller nach Palma eingeladen, um die Schule und deren Ausbildung zu begutachten. Die "Escuela", die in der höheren Gesellschaft guten Anklang gefunden hatte, zählte 79 Schüler: 78 Spanier, ein Franzose.
"Die Schule ist vorläufig mit drei Klassenzimmern, einem Turnraum, einem Lehrerzimmer und dem nötigen Zubehör in einem alten Franziskanerkloster eingerichtet, das dem Schulverein von der Regierung kostenlos zur Verfügung gestellt wurde", hielt Boelitz damals fest. Er zeigte sich angetan von den Sprachkenntnissen der Kleinen. "Der Gesang deutscher Lieder macht ihnen besondere Freude."
Wie lange die Deutsche Schule in Palma existierte, ist unklar. Vermutlich bereiteten ihr die Wirren des Ersten Weltkrieges und die Niederlage des Kaiserreichs ein baldiges Ende.
Eine deutsche Schule mit "deutschen" Schülern erblickte eine Generation später das Licht der Welt. Bereits in den 1920er Jahren ließen sich - als Ableger zu Barcelona - verstärkt deutsche Kaufleute, Hoteliers und Handwerker auf Mallorca nieder. Mit dem Zuzug ihrer Familien wurde die Notwendigkeit eines Unterrichts in der eigenen Muttersprache akut.
Anders als mitunter dargestellt, wurde die "Deutsche Schule" bereits 1932, also noch vor der Kanzlerschaft Hitlers, gegründet. Die Idee ging - wie später so oft auf Mallorca - von einem deutschen Lehrer-Ehepaar aus, das für sich ein neues Betätigungsfeld auf der Sonneninsel erschließen wollte. Nachfrage war vorhanden. Schon im ersten Schuljahr zählte die Einrichtung in Palma 35 Schülerinnen und Schüler.
Doch die politische Entwicklung in Deutschland warf bald Schatten auf das junge Unternehmen. Je mehr sich zeigte, dass der Schulbetrieb reibungslos lief, desto mehr wuchs auf Seiten der neuen Machthaber die Begehrlichkeit, die Schule für sich zu vereinnahmen. Unter Mithilfe des Nazi-Konsuls Dede wurde mit willfährigen Unterstützern ein Schulverein gegründet, der die Vergabe von Geldmitteln an die Zusammenarbeit mit dem neuen Deutschland knüpfte.
Ende 1933 trennte sich das Lehrerpaar von seinem Projekt. Die Schule siedelte nach Son Armadans über, wo sie gedieh. Bald fanden nur noch Lehrer mit Parteibuch eine Anstellung, sie brachten den Unterricht auf NS-Linie. Im Juli 1936 kam es zu einem weiteren Wechsel im Schulvorstand, um noch mehr braune Parteigänger einzugliedern. Auswirkung hatte dieser Schritt kaum noch. Der Spanische Bürgerkrieg, der wenige Tage später ausbrach, ließ die Deutschen "in Scharen" von der Insel fliehen, wie der Schriftsteller Albert Vigoleis Thelen in seinem Roman schrieb. Ohne Schüler fand kein nennenswerter Schulbetrieb mehr statt.
Eine Generation später zogen mit dem Aufkommen des Massentourismus wieder mehr deutsche Familien auf die Insel. Hinzu kamen deutsch-spanische Ehepaare, die ebenfalls Wert auf einen Deutschunterricht für Muttersprachler legten. Beherzte Eltern wie etwa der künftige "Wurstkönig" Horst Abel oder der Bowlingbahnbetreiber Gerhard Pfitsch gründeten 1972 einen deutschen Schulverein, der sich für den Zusatzunterricht stark machte. Er wurde an der San-Cayetano-Schule ins Leben gerufen und fand stets samstags statt.
Eine ganzwöchentliche deutsche Schule auf Mallorca existierte von 1989 bis 1993 in Binissalem. Sie war die erste von diversen Privatschulen, die von deutschen Lehrern oder Unternehmern - mit hehren Versprechungen - auf den Weg gebracht wurden und dann nach wenigen Jahren meist unter chaotisch-skandalösen Begleitumständen wieder ihr Ende fanden. Oft kam es zu Unstimmigkeiten zwischen Eigentümern und Elternschaft, das Schulgeld war ein häufiger Zankapfel. Stand die Schule - oft über Nacht - vor dem Aus, mussten die Kinder eine harte Umschulung über sich ergehen lassen.
1997 gründete ein Lehrer- und Kaufmannsehepaar die "Academía Alemana" als Samstagsschule in Magaluf, 1998 wurde sie zur Tagesschule. Bald schon erhielt die Schule den Beinamen "Can Hasso", dank der Fördermittel des "Mietwagen-Königs" Hasso Schützendorf. Als der Unternehmer starb und - entgegen seinem Versprechen - die Schule nicht in seinem Testament bedacht hatte, trennte sich das Ehepaar 2004 von seinem Werk, das von einer Gruppe Eltern gekauft wurde.
Bald hieß die Einrichtung "Deutsche Internationale Schule Mallorca". Nach weiteren Wirrungen wurde sie als "Mallorca Südwest" nach Santa Ponça verlagert und später in "Viva" umbenannt. Im September 2011 wurde der Schulbetrieb eingestellt.
Mit der "Ecolea" in Marratxí ist hingegen jüngst ein gänzlich neues Schulprojekt an den Start gegangen.
Eine Sondererscheinung in der deutschsprachigen Bildungslandschaft auf Mallorca ist die "Deutsche Schule Eurocampus". Sie wurde 2002 von einer Mutter gegründet, die von dem Binissalem-Debakel selbst betroffen gewesen war. Die Schule genießt heute die offizielle, wenn auch nicht finanzielle, Förderung durch deutsche Schulbehörden und durch das Konsulat. Mit zehn Jahren Existenz ist der Eurocampus das langlebigste deutsche Schulprojekt, das Mallorca bislang gesehen hat.