In freier Wildbahn bekommt man sie kaum einmal zu Gesicht, und wenn, dann ist es kein gutes Zeichen: Meeresschildkröten gehören zu den scheuen Spezies. Aber nicht nur das: Die Reptilien sind auch besonders gefährdet. Immer wieder kommen Exemplare ums Leben, weil sie sich in Fischernetzen verfangen, Plastikmüll fressen oder Angelhaken verschlucken. Auch verletzte Tiere gelangen hin und wieder an einen der Strände der Insel.
Für solche Fälle gibt es seit dem Jahr 1998 im Marineland-Aquarium in Calvià eine spezielle Pflegestation, in der geschwächte Schildkröten wieder aufgepäppelt werden. Einmal im Jahr lassen die Biologen dann mehrere Exemplare wieder frei, in der Regel auf der naturgeschützten Insel Cabrera. Um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu garantieren, übernehmen meist ranghohe Inselpolitiker das „Schildkröten-Freilassen“. Diesmal hatten sich Ministerpräsident José Ramón Bauzá und Umweltminister Gabriel Company bereit erklärt.
Zu Wasser gelassen wurden zwei Exemplare der Unechten Karettschildkröte (Caretta caretta), die im Mittelmeer besonders häufig vorkommt. Die 26 beziehungsweise 45 Kilo schweren Tiere waren vor Monaten verletzt nach Marineland gebracht worden und dort wieder zu Kräften gekommen.
„Die Gesellschaft muss sich im Klaren darüber sein, dass in 90 Prozent der Fälle die Menschen dafür verantwortlich sind, wenn sich Schildkröten verletzen“, sagte die Marineland-Biologin Gloria Fernández im Rahmen der Aktion auf Cabrera. Seit 1998 seien vor Mallorcas Küste 708 Tiere geborgen worden. Man solle keinen Plastikmüll ins Meer werfen, so Fernández, und die Notrufnummer 112 wählen, falls man eine verletzte Schildkröte entdecke.