Jaime lehnt sich lässig an das Boot im Yachthafen auf Mallorca, während Carlos direkt blank zieht und seinen Oberkörper in den Wind und die Sonne reckt. Pedro hingegen möchte sich von seiner Ex noch nicht ganz verabschieden – warum sonst hat er ein Profilbild gewählt, auf dem er sie noch im Arm hält - zumindest kann man das auf dem abgeschnittenen Foto erahnen. Spanische Singles auf der Datingseite Badoo sind offenherzig, digital zumindest. Man zeigt, was man hat.
Die Online-Plattform Badoo ist kostenlos, verlangt werden allerdings einige persönliche Daten. Mindestens drei Fotos, davon mehrere Profilaufnahmen - die Lieblingsblume oder ein Foto mit viel Hintergrund mag die Singlebörse nicht. Damit man selbst die Auserwählten anschreiben kann, muss das Profil weitestgehend ausgefüllt sein, sonst meckert die Seite.
Die "likes" prasseln ziemlich zügig auf das neue Profil ein. Auch an Anfragen mangelt es nicht. Ein kreatives "hola" ist ein beliebter Einstieg für den ersten Kontakt. Oft bleibt es dabei. Richtige Dialoge, wenn auch zuerst im Chat, sind selten. Der gut aussehende Juan schickt beim späteren Hin- und Herschreiben dann sein "eigentliches" Profilbild. Der Realitätscheck fällt ernüchternd aus. Ob es dienlich ist, statt sich selbst mit lichtem Haar einen Katalogschönling zu verwenden, sei dahingestellt.
Im Laufe des Badoo-Tests fällt die Wahl auf vier Männer. Der schlanke Spanier aus dem Baskenland ist erst seit Kurzem auf der Insel. Als erste gemeinsame Aktivität treffen wir uns zum Paddlesurfen. Der Körper und die motorischen Fähigkeiten können so in einem Rutsch begutachtet werden. Auch wie der andere mit Stress umgeht, findet man gut bei einem solchen Treffen heraus. Dass er ständig in die leichten Wellen fällt, scheint den Mann zu ärgern. Auch sonst ist er schnell auf die Palme zu bringen. Die Umarmung zum Abschied wird die erste und letzte bleiben.
Da legt sich der Mallorquiner Jaume schon mehr ins Zeug. Das selbst gekochte Essen schmeckt fantastisch, auch seine Finca ist charmant, doch der Altersunterschied von über zehn Jahren gibt Grund zum Zweifeln.
Der ökologisch orientierte Südamerikaner ist zurückhaltend, was ein persönliches Treffen angeht. "Schlechte Erfahrungen", gibt er als Grund an.
Mann Nummer vier macht vieles richtig. Die Online-Gespräche bestehen aus ganzen, wohlgeformten Sätzen, das Gespräch beim persönlichen Treffen fließt mühelos dahin, das kühle Bier mundet, der Blick aufs Meer gefällt beiden gut.
Unterscheidet sich das Datingverhalten der Spanier von dem der Deutschen? "Spanier sagen viel schneller ,Ich liebe dich' - meinen aber eigentlich eher ,ich mag dich sehr'. Das kann Nordeuropäer verschrecken. Auf der anderen Seite mögen deutsche Frauen die romantische Seite der spanischen Männer", sagt Danielle de Groot, Koordinatorin der internationalen Datingplattform Expatica.com.
Foren dieser Art sind ideal für deutsche Singles auf Mallorca, die lieber in altbekannten "Gewässern fischen". Die für ein gezielt internationales oder sogar ausschließlich deutschsprachiges Publikum kreierten Seiten heißen Expat.com oder Singles-in-spanien.de.
Bei Singles in Spanien spricht man schon beim Ausfüllen des Online-Formulars Tacheles. Um Missverständnisse zu vermeiden, kann man das Häkchen bei "nette Leute kennenlernen" oder direkt "One-night-stand" setzen. Auch ob der Wunschpartner mollig sein darf oder doch lieber athletisch, möchte die Suchmaske wissen. Um das Interesse der anderen Suchenden zu wecken, kann man in einem Kasten mit der Überschrift "Flirttext" in maximal 1000 Zeichen für sich werben. Bei den internationalen Ausgewanderten kann man per Filter den Partner mit der Wunschherkunft suchen.
Glaubt man einer Befragung des Dating-Portals match.com, so lieben Deutsche besonders "grenzenlos". Sie sind im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn flexibel und offen, eine Partnerschaft über die Ländergrenzen hinaus einzugehen. Tobias ist 30. Der Deutsche, der seit einem guten Jahr auf Mallorca lebt, passt in dieses Bild. Er hält nicht viel von Online-Portalen, sondern setzt auf Begegnungen im Alltag. Er hat kein bestimmtes Faible, was die Herkunft angeht. "Wenn es passiert, dann passiert es." Für seine kulturelle und sprachliche Integration wäre eine Spaniern natürlich gut, "eine Mallorquinerin noch besser", sagt er lachend. "Man kommt hier schon schnell ins Gespräch, sich aber wirklich richtig gut zu verstehen, das ist schwierig." Sprachlich und kulturell sei das nicht so einfach wie in Deutschland. "In Ländern wie China und Indien bereiten sich Ausländer aus Europa oder den USA gezielt auf die Unterschiede im Alltag vor und sind entsprechend gewappnet", sagt de Groot aus Erfahrung ihrer Dating-Teilnehmer.