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Die Palmesaner entdecken den Schrebergarten

Die Senioren im Parc de Sa Riera legen selbst Hand an. | Patricia Lozano

| Palma, Mallorca |

Zeit für einen Schwatz muss auch sein, da sind sich die Senioren Manolo und Fernando einig. Gerade bei der Gartenarbeit kommt den Palmesanern Gesellschaft recht. "Was man selbst gesät und geerntet hat, schmeckt doch viel besser", schwärmt Manolo. Fernando ist stolz auf seine Auberginen: "Wir kommen jeden Tag her, wenn wir Lust haben." Die beiden Rentner sind Hobbygärtner und lieben es, mehr zu tun als nur im Patio mal das Orangenbäumchen zu wässern. Ihnen hat die Stadt Palma einen Minigarten im Parc de Sa Riera zugeteilt. Dort wird biologisch angebaut, was das Inselklima hergibt.

Während der Wirtschaftskrise 2010 schuf das Rathaus von Palma fünf städtische Kleingartenanlagen - neben dem Parc de Sa Riera auch in Ses Cases des Retiro de Bellver, Parc de les Sorts, Parc de Son Perera und in der städtischen Baumschule. Ähnliche Projekte entstanden auch in den Gemeinden Sant Llorenç, Capdepera und Inca. Per Losverfahren wurde in Palma entschieden, wer für fünf Jahre eine der insgesamt 140 Parzellen bewirtschaften durfte, die je 20 bis 40 Quadratmeter groß sind. Einzige Voraussetzung: Die Hobbygärtner müssen über 65 Jahre alt sein. Die Senioren sollen in den "huertos urbanos" etwas lernen sowie Anschluss und Beschäftigung finden. Die Minigärten sind kostenlos. Wasser, Samen und Stecklinge stellt die Stadt.

30 Parzellen und Schließfächer für Gerätschaften gibt es im Sa-Riera-Park. "Derzeit sind wir aber nur 14 Aktive", erzählt Manolo, während er sein Beet wässert. Einige der Mitgärtner seien bereits verstorben, andere hätten das Interesse verloren, jedoch den Schlüssel zur Anlage behalten.

Einmal pro Woche kommt ein Mitarbeiter der Stadt vorbei und schaut nach dem Rechten. "Manchmal teilt er uns eine ungenutzte Parzelle zu, die wir noch bepflanzen können", sagt Manolo und setzt die Spitzhacke ab. "Es sieht ja auch nicht schön aus, wenn manche Flecken voller Unkraut sind." Eigentlich hätten die Parzellen vor zwei Jahren neu verlost werden müssen, doch Manolo und Fernando können immer noch ihrem Hobby nachgehen. Die Verwaltung vonseiten der Stadt lässt zu wünschen übrig und das, obwohl die Wartelisten für ein Stück Land in den urbanen Gärten lang sind.

Ein Rückzugsort für Städter ist die "Biogranja La Real" in der Nähe der Son-Espases-Klinik. Vor acht Jahren gründeten David Junquera und zwei Geschäftspartner das Anwesen mit Bioladen, Schulungsräumen und Minigärten. Seit April bewirtschaftet Anna Jacobsson dort mit einer Bekannten zusammen eine Parzelle.

"Für mich wird es das erst Mal sein, dass ich einen Garten über den Winter bringe", erzählt die Schwedin. Das Gärtnern ist für sie eine gute Möglichkeit zu entspannen und zur Ruhe zu kommen. "Am Anfang wusste ich gar nichts über die Arbeit", sagt sie.

Deshalb hat sie viele Fragen an David Junquera. Welche Pflanzen bleiben in der kalten Jahreszeit stehen? Was muss zurückgeschnitten werden? "Wir erklären unseren Mitgliedern, wie sie ihre Parzelle saisonal pflegen", sagt er: "Machen müssen sie es allerdings selbst." Die Beete sind bunt gemischt, da steht Rote Bete neben Kohl und Chili neben Lemongras. 50 Euro pro Monat kosten die Minigärten von drei mal zwei Meter Größe. Auch dort kommt keine Chemie aufs Beet, alles wird biologisch angebaut.

"Zurzeit boomt die Nachfrage", erklärt Junquera. Die Städter hätten ein Bedürfnis nach Entschleunigung und wollten wieder zurück zum Einklang mit der Natur finden. Fast alle Mitglieder der Biogranja seien Frauen oder junge Familien. "Wenn die Kinder dann das erste Mal ihr selbst angebautes Gemüse essen, schmeckt es ihnen besonders gut", sagt der Geschäftsführer. "Ich habe meine Melone, die hier wuchs, auch mit Freunden und einer Flasche Champagner genossen", erzählt Anna Jacobsson und lacht.

Doch nicht überall florieren die "Huertos" noch. 2011 und 2012 zu Zeiten der "Bewegung 15. Mai" entstanden mehrere urbane Gärten. Angehörige der linken Szene besetzten leer stehende Grundstücke und begannen sie zu bewirtschaften. Der bekannteste Fall war der Jardí d'Epicur (Ecke Bisbe Maura und Joaquim Maria Bover). Dort wurden Workshops abgehalten und Gemüse für den Eigenbedarf angebaut. Im Juli wurde das Grundstück geräumt, es war als Bauplatz verkauft worden. Einige Mitglieder verlegten ihre gärtnerischen Tätigkeiten danach in den Parc de Ses Estacions.

In Son Sardina am nördlichen Stadtrand gründete sich eine Vereinigung, die ihren Mitgliedern Möglichkeiten zum Gärtnern sowie frisches Obst und Gemüse bietet. Derzeit werden neue Helfer gesucht, um den Garten wieder neu zu beleben.

(aus MM 44/2017)

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