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Diese Deutschen verarbeiten auf Mallorca den Schock der Flut

Petra Klebe-Voigtberger und Herbert Klebe leben seit zwei Wochen in ihrem Ferienhaus im Süden der Insel. | Privat

| Mallorca |

Seit zwei Wochen sind Petra Klebe-Voigtberger und ihr Ehemann Herbert Klebe nun auf Mallorca. Allerdings nicht, um Urlaub zu machen und das schöne Wetter am Strand zu genießen, sondern um von vorne anzufangen.

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli wurde ihr Heimatort Bad Neuenahr im Ahrtal von der Jahrhundertflut überrascht. Von einem auf den anderen Tag wurde der Familie Klebe, ihren Kindern und Enkeln sowie vielen anderen Menschen in den betroffenen Gebieten in Deutschland das Zuhause genommen. Viele Familien verloren durch die Flutkatastrophe Angehörige. So auch die Klebes.

Acht Wochen schlief die Familie in einer Notunterkunft und im Hotel. Auch das Zuhause der Kinder war durch die Katastrophe unbewohnbar. Schließlich beschlossen Petra Klebe-Voigtberger und ihr Mann zunächst nach Mallorca zu reisen.

Vor etwa vier Jahren hatte das Ehepaar im Süden der Insel eine Immobilie käuflich erworben. In den vergangenen Jahren verbrachte die Familie dort in regelmäßigen Abständen ihren Urlaub. Zu Spanien hatte die Familie schon immer eine besondere Bindung. „Unser Schwiegersohn kommt aus Nordspanien, aus Santander. Der neunjährige Enkel versteht mittlerweile schon sehr gut Spanisch”, so Herbert Klebe. Nun ist das Ferienhaus für die kommende Zeit ihr Zuhause. „Dieses Mal kommen wir mit einem ganz anderen Gefühl nach Mallorca. Wir können immer noch nicht begreifen, was da eigentlich passiert ist”, erzählt Petra Klebe-Voigtberger. Durch die Flut wurde das Haus so stark beschädigt, dass es nicht mehr bewohnbar ist und nun abgerissen und wieder neu aufgebaut werden muss. „Alles war voller Schlamm. Von den Möbeln bis zu den Haushaltsgeräten. Und obwohl man dann natürlich erstmal gehörig unter Schock steht, musste noch eine Liste aller Gegenstände für die Versicherung aufbereitet werden”, erklärt Petra Klebe-Voigtberger. Wann das Haus wieder einzugsbereit ist, steht derzeit noch nicht fest. Das Ehepaar rechnet aber damit, dass der Wiederaufbau mindestens zwei Jahre dauern wird. „Mein Mann ist 68 Jahre und hat sich sein Rentendasein nicht so vorgestellt. Ich selbst werde bald 63 und sprühe normalerweise vor Elan und Tatendrang. Aber diese Situation stellt auch mich vor eine große Herausforderung”, berichtet die Stuttgarterin. „Natürlich sind wir privilegiert, dass wir einen zweiten Rückzugsort haben, aber unser vorheriges Leben gibt es einfach nicht mehr. Zudem sind wir räumlich von unseren Kindern und Enkeln getrennt.” Petra Klebe-Voigtberger war in Deutschland beruflich als psychologische Beraterin tätig und kümmerte sich um die Enkelkinder, während Tochter und Schwiegersohn arbeiteten. Nun muss sie sich an einen neuen Alltag gewöhnen.

Doch trotz des harten Schicksalsschlags, den die Familie derzeit verarbeiten muss, gibt es auch Momente, die Hoffnung schenken und die beiden zum Weitermachen bewegen. „Zum einen denke ich immer wieder an die rührende Hilfe, teils unbekannter Menschen während der Aufräumarbeiten zurück. Wildfremde Personen brachten Essen vorbei und machten uns Mut”, berichtet Herbert Klebe. Momentan schöpfen die beiden vor allem Kraft aus der Natur und dem Wandern. „Die Bewegung an der frischen Luft hilft, die Gedanken zu sortieren”. Zudem wollen Sie in Zukunft mit Leuten auf der Insel in Kontakt treten, die ihr Schicksal teilen.

Wenn es nach Petra Klebe und ihrem Mann geht, wollen sie Mallorca eine Chance geben. „Der erste Schritt ist die Sprache zu lernen und sich zu akklimatisieren. Das Ankommen dauert aber noch.”

(aus MM 39/2021)

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