Der weiß-braun gescheckte Basset liegt auf der Seite. Seine Augen sind geschlossen, er hat einen friedlichen Ausdruck im Gesicht. Das Tier hatte ein hohes Alter erreicht. Im Vorraum der weiß gekachelten Trauerhalle von Son Batlet steht ein mallorquinisches Paar mittleren Alters. Die Frau weint leise in ein Taschentuch. Sie werden sich heute von ihrem geliebten Vierbeiner verabschieden müssen. Eva Borrás und ihre Mitarbeiterinnen haben den Hund vorbereitet, damit Herrchen und Frauchen ihn ein letztes Mal sehen können.
Eva Borrás gründete 2006 Son Batlet. Auf dem Gelände betreibt sie eine Pension für Hunde und Katzen. Dort befindet sich auch ein Tierkrematorium. Die Tierärztin erzählt, wie die Idee entstand: „Ich habe in meinem Beruf immer wieder von Haltern gehört, dass sie sich ein würdiges Ende für ihre Vierbeiner wünschen.” Die meisten Haustiere finden ihr Ende beim Tierarzt, wenn sie eingeschläfert werden. Von dort aus werden die Kadaver in der Müllverbrennungsanlage entsorgt.
Eva Borrás arbeitet mit Tierärzten auf der gesamten Insel zusammen. Die Mitarbeiter von Son Batlet holen die Tierleichen ab und bringen sie zur Einäscherung nach Sencelles. Rund 15 Einäscherungen pro Woche führen die Mitarbeiter durch. In den Sommermonaten können es manchmal mehr sein: „Denn die Hitze setzt besonders alten Tieren stark zu.” Hauptsächlich werden Hunde und Katzen verbrannt, aber auch die Halter von Kaninchen, Vögeln und Schlangen entscheiden sich für diese Dienstleistung. Die sterblichen Überreste bekommen die Halter zurück.
Was machen diese dann mit der Asche? „Das ist eine ganz individuelle Entscheidung”, sagt Eva Borrás. Wer möchte, bekommt die Asche in einem Pappbehältnis, um sie später in den Bergen oder im Meer zu verstreuen. Son Batlet bietet auch Urnen aus unterschiedlichen Materialien an: „Diese bewahren die Menschen dann oft zu Hause auf. Einige stellen die Urne sogar mit in die Familiengruft.” Beliebt sind auch Bilderrahmen, die ein kleines Behältnis für die Asche integriert haben.
Auf seiner Webseite bietet Son Batlet auch einen virtuellen Friedhof an. Dort können die Halter ein Foto und ein paar Sätze zu ihren verstorbenen Fellnasen hochladen. „Gerade an Allerheiligen steigen die Klickzahlen massiv an”, sagt die 50-Jährige. So besuchen die Trauernden eben digital den Friedhof und gedenken ihrer Haustiere.
„Es sind ganz unterschiedliche Menschen, die sich eine Einäscherung und Totenwache für ihre Tiere wünschen”, erzählt Eva Borrás. Gerade die Aufbahrung, auf Spanisch „velatorio” genannt, werde immer mehr nachgefragt. „Die Menschen suchen eine Möglichkeit, ihre Trauer auszuleben.” In der Trauerhalle standen schon alte Mallorquiner, junge Residenten-Familien und Mitarbeiter eines Mannes aus Saudi-Arabien. „Der Halter hat sich per Videokonferenz dazuschalten lassen”, erzählt die 50-Jährige. „Ich muss oft mitweinen, wenn ich meine Kunden hier um ihre Tiere trauern sehe”, fügt Borrás an. Den Schmerz der Kunden zu erleben, das bewegt sie.
Die Mitarbeiter von Son Batlet richten die Tiere vor der Aufbahrung ein wenig her. So aufwendig wie bei Menschen passiert das allerdings nicht, denn bei Hunden und Katzen ist die Leichenblässe aufgrund des Fells nicht zu sehen. „Auch haben die Tiere ohnehin einen seeligen Ausdruck im Gesicht. Schnauze und Augen sind geschlossen.”
Eva Borrás versucht so weit es geht, den Wunsch ihrer Kunden zu erfüllen. Manche wollen den geliebten Hund vor der Einäschung noch einmal sehen, andere nicht. „Ich sage aber auch ehrlich, wenn sich eine Totenwache nicht mehr anbietet”, sagt die Tierärztin. Das könne beispielsweise passieren, wenn es lange dauerte, bis der Tod des Tieres entdeckt wurde und die Verwesung deshalb schon stark fortgeschritten ist.
Auch weist sie die Trauergäste immer wieder darauf hin, dass ihr verstorbener Liebling sich kalt anfühlt. Denn die Tierleichen werden im Kühlhaus aufbewahrt. „Viele Menschen erschrecken sonst, wenn sie das Tier anfassen.” Wieder andere Halter wollen vor Ort warten, bis die Verbrennung abgeschlossen ist, andere lassen sich die Asche liefern.
Claudia Nagyivan hat von ihrem Tierarzt von Son Batlet erfahren. Die deutsche Residentin aus Alaró besuchte die Anlage kürzlich: „Ich möchte nicht, dass mein Hund mal in einer Mülltonne entsorgt wird.” Ihr 13-jähriger Golden Retriever ist recht fit: „Tiere sind für viele Menschen wichtige Begleiter geworden”, sagt sie. Nagyivan arbeitet eigentlich als Hochzeits- und Trauerrednerin. Nun bietet sie unter dem Namen „Furry Funerals” auch Trauerreden für Tierbeerdigungen an.
Hund und Halter verbringen oft mehr als ein Jahrzehnt zusammen: „Über unsere Fellnasen gibt es doch viel zu berichten.” Mit dem Tod eines Tieres schließe sich für den Menschen auch ein Kapitel seines Lebens. „Ich sehe einfach, wie wichtig es den Menschen ist, sich richtig von ihren Tieren verabschieden zu können.”
(aus MM 44/2021)