Ein deutsches Sprichwort besagt: Zu viele Köche verderben den Brei. "In unserem Fall lautet es eher: Wenn einer etwas verbockt, dann schiebt er die Schuld in der Küche auf den anderen", scherzt Gastgeber Jens Bräuning bei seiner Rede, die den kulinarischen Abend einleitet.
Zum ersten Mal seit der Eröffnung seines Restaurants Adelfas by Jens in Santa Ponça vor zwei Jahren lud Küchenchef Bräuning am Montag, 8. August 2022, seine Gäste zu einer Großveranstaltung unter freiem Himmel. Die hellsten Sterne schienen an diesem Abend allerdings im Innenraum – der Küche.
"Ich wollte meinem Lehrmeister Bertold Siber unbedingt mein Restaurant vorstellen und ihm zeigen, was aus mir geworden ist – dank seiner herausragenden Ausbildung versteht sich”, erklärt Jens Bräuning mit einem Augenzwinkern, und erzählt wie es zu diesem Anlass kam. Doch die Sternekochlegende Siber wollte nicht einfach nur zu Besuch kommen. So wurden kurzerhand seine ehemaligen Schützlinge Jochen Fecht aus Deutschland sowie Lokalmatador Gerhard Schwaiger mit ins Boot geholt, und der Event "Generationen kochen" nahm seinen Lauf.
Schon beim Cocktailempfang wird deutlich, dass viele der zirka 110 geladenen Gäste nicht nur mit dem Lokal, sondern auch mit den Köchen des Abends sehr vertraut sind. Die Stimmung ist locker, nahezu familiär. Man kennt sich. Doch selbst wenn die Person einem gegenüber unbekannt ist, so schweißt die geteilte Begeisterung über das Essen schnell zusammen – die Weinbegleitung und der aufmerksame Service, der kein Glas leer lässt, helfen sicherlich auch dabei.
Durch den Abend führt Mallorcas-Musikgröße Willi Meyer mit Live-Akts, wie einer Gesangseinlage von Jens Bräunings Tochter Nina, die das Ambiente in eine entspannte, unaufgeregte Atmosphäre hüllt.
Bereits mit dem ersten Gang ist ein anerkennendes Raunen bei den Gästen zu hören. Kunstvoll angerichtet und dennoch schlicht gehalten, präsentiert Jens Bräuning seine Kreation eines Rindertatars mit Kräuter-Senfeis. Farbenfroh und geschmacksintensiv zergeht die Vorspeise zartschmelzend auf der Zunge. Gefolgt von Gerhard Schwaigers Ravioli in leichter Currybutter, gefüllt mit mallorquinischen Gambas und dem Wunsch, der Teller möge nicht so schnell leer werden.
Bekannt für seine französische Küchenkunst, trumpft Bertold Siber im Anschluss mit einer Bouillabaisse von Edelfischen auf, die seinem Ruf alle Ehre macht. „Wer bei dem Gang auch nur einen Tropfen der Flüssigkeit auf dem Teller lässt, der muss wahnsinnig sein”, hört man eine entzückte Stimme am Nachbartisch fast schon ermahnend in die Runde sagen.
Und auch der nächste Gang bringt einige Gäste dazu, die Augen genussvoll zu verdrehen: Butterweicher Kalbsrücken und BBQ-Terrine vom schwarzen, mallorquinischen Schwein, auf Kohlrabirisotto, abgerundet mit Pfifferlingen und Portweinjus. „Das muss Jens unbedingt mit auf seine reguläre Karte nehmen!”, schwärmt ein Stammgastpaar, das sich bereits auf den nächsten Besuch im Adelfas freut, obwohl der Abend noch nicht einmal seinen Höhepunkt erreicht hat.
Noch während das Dessert zu den Gästen herausgetragen wird, sieht man die vier Spitzenköche – abseits des Geschehens – mit müdem, jedoch breitem Lächeln, zurückgelehnt an einem runden Tisch sitzen. „Ohne Bertold Siber als Referenz in meinem Lebenslauf hätte mich der Schwaiger damals wahrscheinlich nicht bei sich eingestellt”, erzählt Jochen Fecht mit verschmitztem Plauderton seinen Kollegen.
Sie alle pflegen auch nach vielen Jahren getrennter Wege noch immer engen Kontakt miteinander. Und so birgt dieser Abend, bei dem kulinarisch ein sternereifes Fünf-Gänge-Menü von vier Spitzenköchen präsentiert wurde, vor allem eines: die gemeinsame Leidenschaft für den Beruf.
"Dieser Abend hat deutlich gezeigt, dass Mallorca auch Qualitätstourismus vorzuweisen hat. In diesem Fall in Form von sehr guter Gastronomie. Dabei meine ich vor allem den Service, das Ambiente und das zwischenmenschliche Miteinander”, fasst Lutz Minkner den Event zufrieden zusammen.
Doch abgesehen vom Stellenwert der Köche, der zweifelsohne präsentiert wurde, war es vor allem ein emotionaler Abend. "Der Siber und Schwaiger hatten sich 40 Jahre nicht gesehen,” erzählt Jens Bräuning gerührt. "Da wir in dieser Viererkonstellation so noch nie zusammengearbeitet haben, war es auch für uns interessant zu sehen, wie der Ablauf sein wird."
Viele der Gäste kamen speziell für diesen Anlass auf die Insel, so Bräuning. "Sogar unser geschätzter Kollege Stephen Coyne hörte von der Aktion und organisierte sich sogleich einen Flug. Als Ankündigung schrieb er nur: ‚Ich komme zum Kartoffelnschälen.’ Kartoffeln gab es gar nicht, aber er kam trotzdem."