Auf seine alten Tage wollte es Jens Heidenreich nochmal wissen. Eigenen Wein herstellen, das war sein Ziel, und zwar auf Mallorca. Doch dann gab es ein Problem: Der gelblich schimmernde Boden seiner Finca bei Llucmayor war zwar schön anzusehen, aber zwischen all den Steinen wollten die mühsam gepflanzten Reben nicht wachsen. Aber der gelernte Steuerberater, der einen Großteil seines Arbeitslebens in der Schweiz verbrachte, ließ sich nicht beirren. Dann sollte es halt Obst und Gemüse sein.
Als Jens Heidenreich seinem Projekt einen Namen verpasste, Fresópolis, wütete auf dem Planeten bereits Corona. Aber in der flachen Weite Lucmajors sollte das kein Hindernisfaktor für sein neues Lebenswerk sein. Der Deutsche fing zunächst an, im großen Stil Erdbeeren anzubauen. Fresas auf Spanisch, daher auch Fresópolis. Wenig später entschied sich Jens Heidenreich, seine Produktpalette auszubauen, wer will schon auf einer Monokultur sitzen. Hinzu kamen also Tomaten, Kürbisse, Gurken, Paprika, Brokkoli und so manches mehr.
Und weil selbst ein Mann von stattlicher Größe wie Jens Heidenreich all sein Obst und Gemüse nicht im Eigenverzehr aufbrauchen kann, hatte er eine Idee: "Es sollte ein Obst- und Gemüsegarten für die Stadtmenschen sein. Sie können hier mit eigenen Händen ernten, was sie brauchen und mitnehmen möchten", sagte der Deutsche gegenüber der MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora". Mal kommen Pärchen vorbei, mal ganze Haushalte, mal eine Schulklasse. Letzteren bietet er eine ausgedehnte Führung über die Finca an, dann stellt er den mallorquinischen Pennälern auch sein privates Tierreich vor: Esel, Hühner, Enten und Meerschweine, eine bunte Mischung aus störrischen Vierbeinern und eierlegendem Federvieh.
Während Jens Heidenreich sein angebautes Obst und Gemüse bewusst auswählt, bestimmt die Zusammensetzung seiner tierischen Freunde die Tierschutzorganisation Animal Police. Immer wenn dort ausgesetzte oder verwahrloste Vierbeiner die Kapazitätsgrenze zu sprengen drohen, fragen deren Betreiber bei dem Deutschen an. Und der sagt selten nein. "Wir bieten diesen Tieren Schutz und Pflege, damit auch sie ein glückliches Leben führen können." So entwickelte sich Fresópolis allmählich zu einem Paradies für ernährungsbewusste Städter und hilfsbedürftige Tiere.
Glücklich schätzt sich auch Jens Heidenreich selbst in Fresópolis, wenn da nicht die hohen laufenden Kosten wären. Allein für die Tierhaltung muss er Monat für Monat um die 25.000 Euro aufbringen, sagt der deutsche Zahlenjongleur. Als Steuerberater muss er daher nicht lange rechnen, um festzustellen, dass seine Tierliebe auf Dauer kaum finanzierbar ist. Zumindest ohne fremde Hilfe. Spenden sind daher sehr willkommen.
Auf seinen eigenen Wein muss Jens Heidenreich trotz des Umwegs über Fresópolis dennoch nicht verzichten. Schließlich besitzt er noch eine Finca in Porreres, mit Böden, auf denen sich seine weißen und roten Trauben sichtlich wohl fühlen. Und dann wäre da auch noch eine Finca in Binissalem, auf denen er einen Tropfen kellert, dem er den Namen Viva la Vida verlieh. "Darauf bin ich sehr stolz", sagt Jens Heidenreich zum Abschied.