Mallorca Magazin: Herr Baum, wie war für Sie das Wiedersehen, als Sie zu den Dreharbeiten der zweiten Staffel nach Mallorca zurückkehrten?
Henning Baum: Das war eine große Freude, denn ich mag diese Geschichte sehr gern. Sie ist künstlerisch eine große Herausforderung, weil sie zwei Genres miteinander verbindet, nämlich das Genre des Thrillers mit einem Familiendrama. Und ich habe mich deswegen gefreut, weil es meine schöpferische Arbeit ist, die ich gemeinsam mit den Showrunnern von Anfang an begonnen habe, die ich sehr schätze. Auch die Kollegen, mit denen ich am Set spielen durfte, sind mir ans Herz gewachsen, sehr liebenswerte, tolle Kollegen und ein wunderbares Team. Und das ist natürlich eine Freude, wenn man so arbeiten darf.
MM: Vor einem Jahr erzählten Sie im Interview, dass Sie anfangs Einfluss auf die Figur des Matti Adler genommen hatten, wo Sie Ihnen nicht kohärent erschien. Wie war das diesmal?
Baum: Ich habe bei einer Drehbuchsitzung mit den Autoren meine Ideen dazu artikuliert. Das hat sehr gut funktioniert, sie haben gut zugehört und hatten auch selbst gute Ideen. Das Ineinandergreifen von Ideen ist ja das, was es letztlich zu etwas Besonderem macht. Was ich Ihnen im letzten Jahr gesagt hatte, das betraf die Anfangszeit, in der die Figur überhaupt erst entwickelt wurde. Die hat inzwischen laufen gelernt, und alle Beteiligten haben inzwischen natürlich eine Vorstellung davon, wie dieser Matti Adler tickt.
MM: Wie hat sich für Sie Matti Adler weiterentwickelt?
Baum: Das ist wie im Leben, man wächst mit den Aufgaben. Matti Adler befindet sich ja seit zwei Jahren in einem Kampfmodus. Man will ihm permanent etwas wegnehmen, man will ihn fertig machen, und er kämpft dagegen an. Natürlich verändert das einen Menschen, wenn er gewissermaßen ständig im Krieg ist. Und meine Aufgabe als Schauspieler war, äußerlich einen Matti Adler zu erzeugen, dem man das auch ansieht. Etwas salopp gesagt: Der ist ja schon fast ein Terminator, der kennt auch keine Angst. Aber wie alle Helden hat er ein Lindenblatt, das ihm auf den Rücken gefallen ist, als er sich im Drachenblut gebadet hat, und das ist die Liebe zu seiner Familie. Und wie in den Mythologien offenbart der Held seine verwundbare Stelle selbst.
MM: Wie?
Baum: In diesem Fall bedarf es keines Hagens, der ihm den Speer in den Rücken wirft, sondern er wirft sich den Speer gewissermaßen selbst in den Rücken, indem er eine Affäre, eine Liebe zu dieser jungen Frau (Bianca Bärwald, gespielt von Pia-Micaela Barucki; Anm. d. Red.) hat und bis zu einem Punkt weiterbetreibt, wo er gezwungen ist, eine Entscheidung zu treffen. Diese Entscheidung fällt gegen seine Frau aus, die wiederum sagt, es ist eine Entscheidung gegen die Familie. Und das macht für mich diese Figur Matti Adler so interessant. Wir haben auf der einen Seite ein ganz hohes Maß an Kampfbereitschaft, auch mittlerweile eine ganz hohe Bereitschaft, Gewalt anzuwenden, und die Mittel der Gewalt werden auch drastischer. Gleichzeitig ist er aber auch verletzlich und offenbart diese verletzliche Seite. Er ist also eine sehr aufgebrochene Figur, a mixed character, würde Shakespeare sagen.
MM: In der ersten Staffel spielte Sandra Borgmann Mattis Frau Sylivie, in der zweiten Staffel Heike Makatsch. War das eine Umstellung für Sie?
Baum: Ich schätze Sandra Borgmann sehr und habe das Spiel mit ihr sehr genossen. Insofern war ich voller Hoffnung, dass das mit Heike Makatsch auch möglich sein würde, und bin froh und dankbar, dass sich das erfüllt hat. Man spricht dann ja davon, dass die Chemie stimmt. So muss das auch sein, wenn man ein Ehepaar und so intime Vorgänge spielen muss. Ich glaube, wir haben uns sogar erst am ersten Drehtag richtig gesehen, das war aus technischen Gründen vorher nicht möglich. Das kommt sehr häufig vor, dass man die engsten Spielpartner erst am Set trifft. Und da muss man in der Lage sein, diese Vertrautheit sehr schnell herzustellen. Das war mit Heike sehr schön möglich und das war natürlich ein Geschenk.
MM: Als Protagonist waren Sie jeden Tag am Set. Wie erholt man sich in den kurzen Pausen?
Baum: Ich muss natürlich schlafen und ich muss trainieren. Ich muss also einen gewissen Rhythmus haben, dem ich sehr regelmäßig nachgehe. Aber wenn man so einen Typ spielt, verändert einen das auch energetisch. Diese Energie von Matti Adler erfüllt mich ja, ich muss damit als Rohstoff arbeiten. Und das ist nicht ganz einfach. Ich muss diese Energie danach wieder ablegen. Mit dieser Willenskraft und dieser Aggressivität sollte ich nicht durch den Alltag laufen, ich will ja nicht zu einer gefährlichen Person werden.
MM: Wie schnell geht das, diese Energie abzulegen?
Baum: Der Prozess findet erst nach Drehende statt, das dauert mindestens eine Woche. Das ist wie eine Medikamentenkur, die man ausschleichen muss.
MM: Sie haben zum zweiten Mal auf Mallorca gedreht. Bekommt man da noch mal ein anderes Verhältnis zur Insel?
Baum: Ja, aber das vor allem damit zu tun, dass ich auch mit Mallorquinern und Leuten aus Spanien im Team drehe. Das ist etwas völlig anderes als wenn man nur als Tourist da wäre, was auch gar nicht mein Interesse wäre. Das gemeinsame Arbeiten ist eigentlich eine hervorragende Brücke, um eine Kultur oder Leute kennenzulernen.
MM: Wie sieht es mit einer dritten Staffel aus?
Baum: Eine dritte Staffel würde sich aus erzählerischer Perspektive auf jeden Fall lohnen, denn die Geschichte geht dann erst richtig los. Es wäre ausgesprochen spannend, zu sehen, was jetzt passiert, das kann ich Ihnen aber versichern.
MM: Am 20. Juli kann man Sie erneut auf RTL sehen, nicht als „König von Palma”, sondern als Rettungssanitäter in „Einsatz für Henning Baum”.
Baum: Diese Dokumentation mache ich jetzt zum dritten Mal, einmal Polizei, einmal Bundeswehr und jetzt eben die Welt der Notfallmedizin. Das hat nichts mit Schauspiel zu tun. Das ist eher eine journalistische Arbeit, wobei ich ja kein Journalist bin, aber jemand, der neugierig ist und dann diese Welten betritt. Also, das war für mich eine schöne Zeit. Ich bin ja Rettungssanitäter. Vor 30 Jahren hatte ich die Ausbildung erfahren und mich für die Doku nochmal vier Wochen lang vorbereitet, auch Prüfungen durchlaufen. Ich liebe diese Einsätze, ich liebe es, auf dem Wagen zu fahren, ich liebe auch die Ungewissheit, was einen erwartet, und diese unglaubliche Konzentration, unter der man dann arbeiten muss. Ich war da nicht irgendein Celebrity, der in einen anderen Beruf reinguckt, sondern war ganz normal in meiner Position als Rettungssanitäter unterwegs.