Eine junge, perfekt gestylte Frau sitzt in ihrer Designer-Wohnung mit Meerblick, schminkt sich, kocht, putzt und kommentiert ihre Videos mit den Worten: "Ich tue alles, um meinen Mann glücklich zu machen”, oder auch "Natürlich erlaubt mir mein Mann, vor die Tür zu gehen, schließlich muss ich ja den Müll herausbringen oder shoppen gehen".
Die Frau in den Videos heißt "Malischka" und ist eine Kunstfigur, die Carolina Tolstik vor einigen Jahren erschaffen hat. Seitdem erreicht die deutsche Residentin Millionen Menschen als Content Creatorin auf den Plattformen Instagram und Tiktok. Sie präsentiert sich und ihr Leben als "Stay-at-home- girlfriend" und folgt damit einem Trend in den sozialen Medien, der aus den USA kommt. Junge Frauen nehmen aus eigenem Willen die traditionelle Rolle der Hausfrau ein und kümmern sich ums Heim sowie alle darin anfallenden Arbeiten. In Videos auf Social Media glorifizieren sie ihr Leben.
So macht es auch Carolina Tolstik, doch sind ihre Videos immer mit einem Augenzwinkern produziert und enthalten satirische Pointen, die bei genauerem Hinsehen auch kritisch mit dem Thema umgehen. "Ein bisschen Malischka steckt in mir und umgekehrt auch ein bisschen von mir in Malischka", erklärt die 27-Jährige im Gespräch mit MM. "Ich bin ein sehr häuslicher und fürsorglicher Mensch. Ich koche und backe wirklich gerne."
Für sie stehen Tradition und Moderne aber nicht im Konflikt. Vielmehr schafft Carolina Tolstik, beides zu einem neuen Rollenbild verschmelzen zu lassen. Denn sie sieht sich dennoch als emanzipierte Frau. "Feminismus bedeutet für mich, die freie Wahl zu haben, selbst zu entscheiden, was man will, und das auch auszuleben", sagt sie mit fester Stimme.
Seit zwei Jahren lebt die Deutsche mit ukrainischen Wurzeln auf Mallorca. Zuerst kam sie zu Besuch, um ihre Verwandten zu sehen, dann blieb sie jedes Mal ein wenig länger. „Auf Mallorca geht mir einfach das Herz auf. Der Umgangston in der Gesellschaft ist so viel liebevoller als in Deutschland”, begründet sie ihre Entscheidung, Residentin geworden zu sein.
Auf der Insel lernte sie auch ihren Freund kennen. Aus einem Spaß heraus fing das Paar an, Videos zu produzieren und auf Social Media hochzuladen, mit erstaunlichem Ergebnis. "Manche unserer Videos sind so viral gegangen, dass sie plötzlich fünf Millionen Klicks hatten." Doch Carolina wollte ihren eigenen Weg gehen – so entstand die Idee, ´"Malischka" zu erschaffen.
Kurz nachdem sie angefangen hatte, ihre Follower täglich mit Videos über ihr Hausfrauenleben auf dem Laufenden zu halten, überrollte sie eine „Flut von Hass", blickt die junge Frau zurück. "Warum gehst du nicht arbeiten?” oder "Wie kannst du dich nur so präsentieren?”, sind dabei nur eine harmlose Auswahl. Auch Beleidigungen und sexuellen Übergriffen sei sie ausgesetzt, berichtet sie. Noch immer müsse sie sich fast täglich Hasskommentaren im Netz stellen. „Mittlerweile komme ich damit klar, denn ich bin im Reinen mit mir selbst”, sagt sie abgeklärt, „und da spricht nur die eigene Unzufriedenheit aus den Menschen. Ich tue ja niemandem weh, weil ich meinem Mann gerne einen Kuchen backe.”
Eigentlich hat die Dortmunderin Deutsch und Sport auf Lehramt studiert und ist jahrelang einen geraden Weg gegangen. "Abi, Bachelor, Master", beschreibt sie es. „Aber irgendwann wusste ich für mich einfach, ich will nicht höher und weiter”, erklärt sie ihre Entscheidung, der Schule erst einmal den Rücken zugekehrt und eine ganz andere Linie eingeschlagen zu haben: die traditionelle Rolle der Hausfrau.
Ein wenig täuscht dieser Begriff aber. Denn hinter dem Bild, das die Deutsche auf Social Media vermittelt, steckt eine Businessfrau, die mit beiden Beinen im Berufsleben steht. Gemeinsam mit ihrem Freund gründete sie auf Mallorca vor kurzem eine Werbeagentur. Zusätzlich zu den Kundenaufträgen bestückt sie ihre eigenen Social-Media-Accounts fast täglich mit Beiträgen und Videos. „Dass ich manchmal acht Stunden am Rechner sitze, glaubt mir keiner”, sagt die Residentin. Sich ein Drehbuch für ihre Videos zu überlegen, das passende Outfit bereitzustellen, sich zu stylen und zu schminken, alle Szenen zu drehen, das Material zu sichten und schneiden sowie zum Schluss hochzuladen, sei "unglaublich viel Arbeit". Das kontroverse Bild, das die 27-Jährige in den sozialen Medien bedient, kommt ihr zugute. Mittlerweile folgen ihr bei Instagram rund 20.000 Menschen, auf Tiktok sind es knapp 30.000.