Es gibt Frauen, die auf Mallorca eine Party betreten wie ein Knallbonbon — Natalie Bernsteiner knallt gleich doppelt. Einmal als sie selbst. Und einmal als ihre schillernde Zweitgeburt: Mrs. Marnali.
Wo James Bond an Aluminium schimmert
Mitten in Palmas Altstadt, zwischen Espresso-Bar, Boutiquen und neugierigen Touristen, liegt ihr Reich. Die Galerie, in der James Bond an Aluminium schimmert, Jack Nicholson in Harz konserviert ist, und Bernsteiner selbst als Mrs. Marnali jeden Tag ein bisschen Glanz verkauft — und sich gleich mit. „Natürlich gehört das dazu. Kunst ohne Auftritt funktioniert nicht”·, sagt sie, während sie ihren Lippenstift nachzieht. „Aber hinter Mrs. Marnali stehe immer noch ich.”
Geboren 1986 in Berlin, ist Natalie Bernsteiner kein Zufallsfund im Rampenlicht. Ihre Familie, die Fotodynastie Urbschat, fotografierte halbe Generationen Berliner Prominenz am Ku’damm. Großvater Horst gründete das Atelier, Mutter zog mit Kamera und Tochter nach Mallorca, wo Natalie schon als Kind zwischen Blitzlicht und Palmen pendelte. „Ich hab das Gen einfach mitbekommen”, sagt sie. „Meine erste Kamera hatte ich mit zehn, aber eigentlich habe ich Motive lieber später neu zusammengesetzt, als sie nur abzubilden.”
Als Teenager schaute sie bei RTL hinter die Kulissen, begleitete ihre Schwester Nadine ans GZSZ-Set. „Die Maskenbildner haben mich fasziniert. Wie man aus Gesichtern Figuren macht — ich wollte das auch.” Also wurde sie Maskenbildnerin. Doch statt Theater und Film warteten Ehen, Kinder, Pflichten. Zweimal verheiratet, zwei Kinder, ein Unternehmen, eine alleinerziehende Mutter — Bernsteiner verschwand jahrelang im Funktionieren. „Ich war die Jüngste von vier Geschwistern, bei uns war jeder kreativ. Aber ich war vielleicht immer die Ehrgeizigste.”
Erste Experimente mit Photoshop und Collagen
Und dann trat Marko Bernsteiner in ihr Leben. Ein Promi-Fotograf aus Berlin, groß, extrovertiert, faszinierend. Auch wenn es nicht Liebe auf den ersten Blick war, wurden Natalie und er ein Paar. „Marko hatte jahrelang an roten Teppichen Vips abgelichtet, sein Archiv war riesig. Ich hab gesagt: Da müssen wir was draus machen. Diese Bilder müssen Kunst werden!” So begannen die beiden in Berlin zu experimentieren: Photoshop, Collagen, erste Drucke auf Leinwand, erste Versuche mit Harz. „Am Anfang ist uns das Zeug von den Bildern getropft — aber ich wusste, das hat Zukunft.”
Auf Mallorca bei Null angefangen
Berlin wurde schnell zu eng für das große gemeinsame Experiment — und noch schneller für ihre Familie. „Deutschland war für die Kinder nichts mehr. Wir wollten raus, Luft, Sonne, Freiheit”, sagt Bernsteiner. Also verkaufte sie ihre Foto- und Maskenbildnerschule, er schloss sein Studio, und mit mittlerweile drei Kids im Gepäck fingen sie auf Mallorca bei null an.
„Keiner hier hat auf uns gewartet”, sagt sie. „Die Galeristen haben uns ausgelacht. Aber wir hatten diese Bilder, wir hatten uns — und wir wollten es zeigen.” Eine Ausstellung im Ritzi in Puerto Portals machte die beiden schließlich sichtbar. Es war die Geburtsstunde von Mrs. und Mr. Marnali, deren Bezeichnung sich aus der Verschmelzung beider Vornamen ergibt, und die sich im Laufe der nächsten Jahre in das vielleicht glamouröseste Künstlerpaar auf der Insel entwickelten. Mit selbst organisierten Party-Events zog das Duo die vor allem deutschsprachige Inselsociety in seinen Bann. Events, die als funkensprühende Werbeveranstaltungen für seine Kunst und die Galerie dienten.
Privat ging es bei Mrs. und Mr Marnali dagegen bergab.„Marko war gut darin, sich selbst in Szene zu setzen, sich feiern zu lassen und unser Geld auszugeben. Nur selten hat er gesagt, wer die Bilder wirklich gemacht hat.” Während er sich im Blitzlicht sonnte, arbeitete Natalie im Atelier. „Ich war sein kreatives Bienchen. Irgendwann wurde mir klar: Ich will nicht mehr nur fleißig sein. Ich will selbst gesehen werden.”
Marko Bernsteiner starb im vergangenen Jahr an Krebs. „Ich habe ihn bis zur letzten Minute gepflegt”, sagt sie leise. „Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Aber mit seinem Tod durfte ich endlich laut sein.”
Ausstellungen in Europa und den USA
Heute ist Mrs. Marnali ein fester Name in der Pop-Art Szene, und das längst nicht nur auf der Insel. Ihre Werke werden bereits in halb Europa und den USA ausgestellt oder gleich online bestellt und gekauft. Als Society-Lady tanzt Bernsteiner auf etlichen Hochzeiten. „Ich bin auf vielen Events, klar. Aber ich brauche auch meine Me-Time. Dann bin ich einfach Mama. Dann kochen wir, schauen Filme — und Mrs. Marnali verschwindet im Kleiderschrank.”
Drei Kinder, drei Leben, ein Atelier zwischen Farbe und Familie. „Meine Kinder wissen, dass Mama manchmal weg muss. Aber sie wissen auch: Ich komme immer zurück. Die Kunst bezahlt unser Leben. Und sie zeigt mir jeden Tag, dass ich richtig liege.”
Ihre Technik ist inzwischen perfektioniert: Originalfotos, digital verfremdet, gedruckt auf Alu-Dibond, handveredelt mit Splittern und Swarowski-Kristallen. Jedes Werk ein Unikat, jeder Verkauf eine Message. „Ich mache keine Kunst für schlechte Laune. Wer meine Bilder kauft, will Spaß, Farbe, positive Energie.”
Jedes Bild zeigt nur die halbe Wahrheit
Und doch erzählt jedes Werk mehr, als es glitzert. Es erzählt von einer Frau, die gelernt hat, dass ein schickes sexy Kleid manchmal die beste Rüstung ist. Eine Frau, die sich neu erfindet, wenn andere sie kleinhalten wollen. Die ihren Kindern beibringt, dass Träume manchmal funkeln müssen, um zu überleben. Vielleicht ist das ihre eigentliche Kunst: zu wissen, dass jedes Bild nur die halbe Wahrheit zeigt. Natalie Bernsteiner ist beides: Glamour und Erdung. Mutter und Diva. Maske und Wahrheit. Mrs. Marnali knallt doppelt — doch wer sie kennt, merkt: Dahinter steht Natalie. Ganz ohne Harz und Filter. Ganz echt.