Es klingt wie eine Erfolgsmeldung: Auf Mallorca wird wieder kräftig gebaut. Doch was auf den ersten Blick nach Fortschritt aussieht, birgt laut der Architektenkammer der Balearen (COAIB) erhebliche Risiken für die Zukunft der Insel.
Boom durch Amnestie
Die aktuellen Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Im ersten Halbjahr wurden auf den Balearen 4311 neue Wohnungen genehmigt – fast 35 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Besonders auffällig: Der Bau von Einfamilienhäusern stieg um satte 47 Prozent. Grund dafür ist eine von der Regierung vorangetriebene Amnestie, die illegale Bauten in ländlichen Gebieten nachträglich legalisiert.
"Diese Legalisierungen verzerren die Statistik erheblich", warnt Joan Cerdà, Mallorca-Delegierter des COAIB. Hinter vielen Zahlen stecken Umbauten von alten Geräteschuppen oder wild errichteten Häusern auf dem Land, die nun nachträglich genehmigt werden.
Gefahr für ländliche Räume
Vor allem die Zersiedelung der ländlichen Gebiete bereitet den Architekten Sorgen. In Gemeinden wie Pollença treibt die Möglichkeit, Ferienhäuser zu legalisieren, die Anträge in die Höhe. "Wenn wir den ländlichen Raum nicht schützen, werden wir zu einer Kulisse aus Pappmaché, in der es schwer sein wird zu leben", mahnt COAIB-Dekan Bernat Nadal.
Dabei sei der Trend zu Mehrfamilienhäusern an sich positiv. Diese machen mittlerweile mehr als die Hälfte der neuen Bauten aus. Doch gleichzeitig schrumpft der soziale Wohnungsbau dramatisch – um fast 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Sozialer Wohnungsbau auf der Strecke
Die Architekten fordern ein Umdenken: Mehr frei finanzierte Wohnungen alleine würden die Wohnungsnot nicht lindern. Es brauche mehr sozialen Wohnraum, striktere Preisgrenzen und klare Regeln. „Nur so können wir den Preisdruck für Einheimische senken“, so Nadal.
Ein weiteres Problem sehen die Fachleute im neuen Gesetz für Bauen in Übergangsgebieten. Sie warnen davor, ländliche Areale in Bauland umzuwandeln „Das eigentliche Kapital der Insel ist ihre Landschaft – nicht die Hotels“, betont Nadal.
Schutz historischer Gebäude unklar
Neben den ländlichen Flächen sorgt auch der mangelnde Denkmalschutz für Zündstoff. Der Abriss eines Hauses des bekannten Architekten Gaspar Bennàssar in Palma erhitzt die Gemüter. COAIB-Vertreter Cerdà sieht die Ursache im fehlenden Schutzkatalog. „Es gäbe keine Debatte, wenn klar wäre, was erhalten werden muss“, sagt er. Doch selbst bei Bennàssar sei nicht jedes Gebäude automatisch schützenswert.
Die Architekten sind sich einig: Wenn Mallorca seine Identität bewahren will, braucht es klare Regeln – und einen Plan, der über die nächste Legislaturperiode hinausdenkt.