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Durchschnittlich fast 1,9 Millionen Euro: In dieser Gemeinde auf Mallorca kostet Wohnen ein Vermögen

Calvià ist teurer als Marbella und für viele unerschwinglich. Während Luxushäuser boomen, werden bezahlbare Wohnungen rar. Jetzt wächst die Kritik – auch an der Steuerpraxis im Rathaus

Wer hier eine Immobilie kaufen will, muss viel Geld mitbringen | Foto: JOAN DOLS

| | Calvià, Mallorca |

Calvià war schon immer beliebt bei den Reichen – doch inzwischen gehört die Gemeinde im Südwesten von Mallorca zu den teuersten Gegenden ganz Spaniens. Laut dem Immobilienportal Idealista liegt der durchschnittliche Angebotspreis bei 1,81 Millionen Euro – nur zwei Gemeinden, Santa Eulàlia auf Ibiza und Benahavís bei Málaga, sind noch teurer.

Was Calvià besonders macht: Es ist die einzige Gemeinde auf Mallorca, die es in die Top 3 der spanischen Luxus-Hotspots geschafft hat – und selbst Marbella abgehängt hat. Der Boom ist sichtbar: Auf Idealista stehen derzeit 2683 Immobilien in Calvià zum Verkauf, das sind rund 14 Prozent aller Angebote auf der Insel.

Luxusverkäufe im Wochentakt – und kein Platz für die Mittelschicht

Allein in den letzten sieben Tagen wurden zwei Villen verkauft – für je 29,5 Millionen Euro, beide in Portals Nous und Bendinat. Meerblick, Pool, Garage – klar. Die luxuriöseste derzeit verfügbare Immobilie ist eine Villa in Sol de Mallorca für 25 Millionen Euro, mit über 1000 m² Wohnfläche und sieben Badezimmern.

Doch das wahre Problem liegt woanders: 66 Prozent aller derzeit angebotenen Immobilien in Calvià kosten über eine Million Euro. Und: 2431 der 2683 Angebote liegen bei über 500.000 Euro. "Calvià war schon immer teuer, aber jetzt wird es absurd", sagt Natalia Bueno, Immobilienmaklerin und ehemalige Vizepräsidentin der Maklerkammer. Sie zieht gerade weg – nach Galicien. "Ich kann nicht mehr mit ansehen, wie der Markt hier entgleist." Laut Bueno wird kaum noch Wohnraum für die Mittelschicht gebaut. "Alle Neubauten sind Luxuswohnungen. Aber irgendwo müssen doch die Menschen wohnen, die in Hotels, Supermärkten und Restaurants arbeiten."

Von der Eigentumswohnung in 52 Jahren

Das Gehalts-Gefälle könnte größer kaum sein: Während Wohnungen im Schnitt 1,81 Millionen Euro kosten, liegt das durchschnittliche Jahreseinkommen in Calvià bei 34.714 Euro. Wer also kaufen will, müsste rechnerisch über 52 Jahre sein gesamtes Gehalt zurücklegen – ohne einen Cent auszugeben. Selbst das "günstigste" Angebot im Ort ist kein Lichtblick: Ein 36 Quadratmeter großes Studio für 160.000 Euro, verkauft inklusive Mieter. "In den 1990er Jahren konnte sich ein Hotelangestellter mit seinem Saisonverdienst ein kleines Apartment leisten", sagt Bueno. "Heute ist das vollkommen illusorisch."

Steuern auf Verdacht – und ohne Besichtigung

Von dieser Preisexplosion profitiert auch die Gemeindeverwaltung von Calvià – vor allem über die sogenannte Wertzuwachssteuer, die Verkäufer bei der Veräußerung einer Immobilie abführen müssen. Allein 2024 brachte diese Abgabe dem Rathaus über 9,3 Millionen Euro ein – ähnlich viel wie im Vorjahr.

Doch wie die Beträge berechnet werden, sorgt für juristischen Ärger. Die Gemeinde lässt die Immobilien von einem privaten Gutachterbüro aus Andalusien bewerten – oft pauschal, ohne Besichtigung. Ein Praxis, die laut Anwalt Alejandro del Campo gegen geltendes Recht verstößt. "Die Gemeinde misstraut den Kaufpreisen in den notariellen Urkunden", sagt del Campo. "Wenn der gemeldete Wert zu niedrig erscheint, wird ein externes Unternehmen beauftragt – das erstellt dann eine Fantasiebewertung, ohne jemals vor Ort gewesen zu sein." Bis 2021 war die Steuer nach einer pauschalen Formel berechnet worden, doch das Verfassungsgericht erklärte diese Methode für verfassungswidrig. Seither müssen tatsächliche Verkaufspreise herangezogen werden – jedenfalls in der Theorie.

Calvià ist und bleibt ein Magnet für Vermögende. Doch während immer neue Millionen-Villen entstehen, verschwindet die Perspektive für jene, die die Region am Laufen halten – Kellner, Lehrerinnen, Reinigungskräfte. Wenn selbst die Immobilienmaklerin geht, ist es wohl höchste Zeit für einen Perspektivwechsel.

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