In diesem und im nächsten Jahr möchte das Domkapitel der Kathedrale von Palma zwei Persönlichkeiten ehren, die maßgeblich auf die Baugeschichte des Gotteshauses eingewirkt haben. Das ist zum einen der Bischof Pere Joan Campins (1898-1915), der die Diözese von Palma geistig und sprachlich der Insel näher bringen wollte. Und er wollte seine Bemühungen um eine freie, offene Kirche auch in Mallorcas Wahrzeichen sichtbar machen. Sein Todestag jährt sich 2015 zum 100. Mal.
Campins war es, der den berühmten katalanischen Architekten Antonio Gaudí (1852-1926) mit Neuerungen im Inneren des Gotteshauses beauftragte.
Palmas Kathedrale – der Baubeginn datiert auf das Jahr 1229, wenn auch die Westfassade erst 1604 fertiggestellt wurde - war angelegt wie die meisten gotischen Kirchen. Im Innenraum befand sich der sogenannte "Coro", eine Kirche in der Kirche mit eigenem Altar, die nur dem Klerus, sprich dem Domkapitel vorbehalten war. Dieses Areal war begrenzt mit einem Chorgestühl, wenn es auch keinen Chorumgang mit einzelnen Kapellen hatte. Dennoch war durch den Chor den meisten Gläubigen der Blick auf den Hochaltar versperrt.
Gaudí leitete zwischen 1904 und 1914 revolutionäre bauliche Veränderungen im gesamten Altarraum. Er verlegte den Chor schlicht nach vorne in Richtung Königskapelle, ordnete das wunderschön geschnitzte Chorgestühl mit rund 100 Sitzen zu beiden Seiten des Altars aus dem 14. Jahrhundert. Er verfügte die Verlegung der Kanzel an ihren heutigen Platz, links vom Altarraum, und ließ einige der Wände mit Keramiken schmücken, die nach seinen Entwürfen von der mallorquinischen Firma La Roqueta hergestellt wurden.
So hatten und haben Gläubige und Besucher nun einen freien Blick durch die drei Kirchenschiffe bis zum Altar. Der Raum beeindruckt durch die Höhe der 14 schlanken Säulen, die fast 22 Meter hoch sind, aber nur einen Durchmesser von 1,50 Meter haben.
Doch was Besucher bis heute am meisten entzückt, was jeder Messe das Flair von absoluter Feierlichkeit gibt, ist der über dem Altar schwebende Baldachin. Er hat die symbolische Form einer Krone - manche sprechen auch von einer Wolke oder dem Bug eines Schiffes, womit Bezug auf die Nähe des Meeres genommen wird.
Der neue Platz für den Altar wurde im Jahr 1904 feierlich geweiht. Die restlichen Arbeiten zogen sich noch bis 1914 hin.
(aus MM 11/2014)