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Schlechter Ruf bis nach L.A.

Dreharbeiten 2011 zum Film "Cloud Atlas" in Sóller. Foto: J. Lladó / Ultima Hora

| Port de Sóller, Mallorca |

"Die Politik ist das Paradies zungenfertiger Schwätzer", schrieb einst George Bernard Shaw. In Mallorcas Filmbranche würde dies derzeit wohl jeder vorbehaltlos unterschreiben. Denn mit nicht eingehaltenen Zusagen haben Politik und Verwaltung in nur einer Legislaturperiode das Image der Insel als Drehort gründlich ramponiert.

Rückblende, Frühjahr 2011. Damals erhielt Pedro Barbadillo, Direktor der Mallorca Film Commission, eine Anfrage. Die Produktionsfirma Calle Cruzada suchte nach einem Drehort für den Hollywoodfilm "Cloud Atlas" (Der Wolkenatlas) mit Tom Hanks und Halle Berry.

Im Vergleich zur Konkurrenz hatte Mallorca wenig zu bieten. Kroatien hätte über steuerliche Anreize 15 Prozent der Kosten vor Ort erstattet. Das hätte einer Summe von 450.000 Euro entsprochen. Mit 25 Prozent, rund 600.000 Euro, hatte Malta ein noch besseres Angebot.

Mallorca war diesbezüglich unterentwickelt. Erst seit Januar 2015 sieht ein Gesetz für Produktionsfirmen spanienweit eine 15-prozentige Steuervergünstigung auf die Investitionskosten vor. Damals konnte Barbadillo dagegen lediglich 150.000 Euro aus seinem Jahresbudget in Höhe von 350.000 Euro anbieten. Und nur mit dem Segen der Fundació Mallorca Turisme (FMT), die beim Inselrat von Mallorca angesiedelt war und unter deren Dach die Mallorca Film Commission agierte.

Dennoch erhielt Mallorca den Zuschlag. Dabei gab vor allem die hervorragende Infrastruktur der Insel den Ausschlag, angefangen bei den Flugverbindungen über die Autovermieter und Profis vor Ort bis hin zu dem Vorteil, dass die 600 Mitarbeiter nicht auf weit voneinander entfernte Hotels verteilt werden mussten, wie es in Kroatien der Fall gewesen wäre.

Was dann geschah, liest sich wie eine Anleitung zur Abschreckung von Investoren. Barbadillo hatte zwar schriftlich grünes Licht von oben erhalten, doch wegen der bevorstehenden Autonomiewahl wurde die offizielle Bewilligung ausgesetzt. Im Mai wechselte die Regierung von links nach rechts, vier Monate später wurde die FMT aufgelöst und die "herrenlose" Mallorca Film Commission dem Inselrat zugeschlagen.

Amtlich unterschrieben war immer noch nichts. Zwar sagten Inselratspräsidentin Maria Salom und ihr zuständiger Dezernent Jaume Juan die versprochene Summe zu. Doch weigerten sich nun die Sachbearbeiter wegen rechtlicher Vorbehalte, die Zusagen ihrer politischen Vorgesetzten umzusetzen. Unterdessen hatten die Dreharbeiten bereits begonnen.

Im November 2012 folgte der nächste Schlag: Die Mallorca Film Commission, die das Jahr zuvor Investitionen in Höhe von fast 40 Millionen Euro auf die Insel gebracht hatte, wurde aufgelöst. Mallorca hatte keine Film Commission mehr, wie es sie überall gibt, um Filmproduktionen an Land zu ziehen und dabei möglichst viele Aufträge für die Branche vor Ort zu gewinnen.

Blende, Februar 2015. Die versprochenen 150.000 Euro wurden bis heute nicht gezahlt. Dezernent Jaume Juan hatte zwar jüngst ein Gutachten des Rechtsbeirats der Balearen eingeholt. Danach muss der Inselrat die Summe begleichen. Hatte Juan mit einer anderen Antwort gerechnet? Jedenfalls wies er gegenüber der MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" darauf hin, dass das - vom Inselrat selbst in Auftrag gegebene - Gutachten des Rechtsbeirats nicht bindend sei und es auch anderslautende Expertisen gebe. Das letzte Wort hätten die Sachbearbeiter.

"Cloud Atlas" ist kein Einzelfall. Nicht erstattet wurden ebenfalls 35.000 Euro für den Dreh von "Stranger within - Gefährlich fremd". Auch die vertraglich zugesicherten 75.000 Euro für "The Pelayos" wollte der Inselrat nicht begleichen. Er lenkte erst ein, als ihn die Produktionsfirma verklagte.

Derzeit ist das Image von Mallorca als Drehort keinen Cent wert. Das "Missverständnis über potenzielle Finanzierungsmöglichkeiten" habe sich in Deutschland herumgesprochen, sagt Rolf Wappenschmitt, Geschäftsführer der Produktionsfirma SunnySideUp in Palma. Die Folge: Die Produktion von Fernsehspielen und Filmen habe deutlich nachgelassen.

Der schlechte Ruf Mallorcas sei gar bis nach Los Angeles gedrungen, räumte Pilar Garcés ein. Sie ist die Koordinatorin der im Juni 2014 geschaffenen Illes Balears Film Commission (IBFC). In einem Interview mit der "Ultima Hora" klagte sie: "Wir fangen nicht bei null an, sondern bei minus 50."

Doch auch die neue Film Commission unter dem Dach der Balearen-Regierung ist bisher kein Ruhmesblatt. Zwar hat sie im vergangenen halben Jahr bei rund 30 Aufnahmeprojekten, vom Fotoshooting bis zum Spielfilm, vor allem bei Aufnahmegenehmigungen und der Suche nach Locations geholfen. Doch öffentlich ist sie bisher kaum präsent. "Da rauft man sich als Filmmensch die Haare", sagt Rolf Wappenschmitt.

Im vergangenen Jahr leitete er vor Ort die Produktion des Kinofilms "Da muss Mann durch". Öffentliche Förderung? Fehlanzeige. Der stellvertretende Ministerpräsident der Balearen, Antonio Gómez, habe zwar betont, wie wichtig solche Filme für die Balearen seien. Doch außer warmer Worten gab es nur dies: "Man hat sich freundlich die Hand gegeben und nett angelächelt."

Wie wenig die Politik für den Filmstandort Mallorca tut, zeigt auch diese Episode: 2014 hätte der Europäische Filmpreis in Palma verliehen werden können. Dazu hätte die Balearen-Regierung zwar nicht die Kosten zahlen, jedoch die Geldgeber finden müssen. Die Frist für die Unterzeichnung des Vertrags verstrich, die Preisverleihung fand in Riga statt.

(aus MM 10/2015)

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