Die Kartause von Valldemossa zählt neben der Kathedrale und Palmas Altstadt zu den bedeutendsten Wahrzeichen und Attraktionen Mallorcas. Selbst Bill Clinton, Japans Kaiser Akihito und der Chinas Premier Li Keqianq kamen in das malerische Bergdorf, um jenen Ort zu besuchen, an dem der Komponist Frédéric Chopin und die Schriftstellerin George Sand den Winter 1838/1839 verbrachten. Doch rund 1000 Besucher an einem normalen Wochenende Ende Oktober, damit hatte niemand gerechnet, zumal sich viele Einheimische unter ihnen befanden.
Der große Andrang hatte seinen Grund. Die Kartause wurde einem museistischen Update unterzogen. Verantwortlich dafür ist María Antonia Bauzá de Mirabó, die im September 2015 die Leitung des ehemaligen Kartäuserklosters übernahm. Ihr Anliegen: "Die Leute sollen verstehen, was sie auf dem Rundgang durch die Kartause zu sehen bekommen."
Und zu sehen gibt es viel hinter den dicken Wänden des Gebäudes, das König Jaume II. von Mallorca 1309 als königliche Residenz erbauen ließ. 1399 übergab Martin I. von Aragón den Palast dem Kartäuserorden, der das Gebäude im Laufe der Zeit erweiterte. Gut 400 Jahre später wurde das Kloster im Zuge der sogenannten Desamortisation in staatlichen Besitz überführt, seine Zellen und Räumlichkeiten wurden an Privatpersonen versteigert.
Unter den Besitzern taten sich vor 70 Jahren sechs Parteien zu einer Privatgesellschaft zusammen, um ihre Räume der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. "Das Problem war, dass nie jemand an der Spitze dieser Gesellschaft stand", erklärt Bauzá. Die Folge: Bislang konnten Besucher gegen einen Eintritt zwar die Kartause besichtigen. Doch bei dem, was sie zu Gesicht bekamen, waren sie sich selbst oder einem Fremdenführer überlassen.
Unter Bauzás Ägide hat sich dies nun geändert. Vor jedem der zehn Räume, die zu besichtigen sind, liefert eine Tafel eine allgemeine Erklärung. Eine weitere Tafel enthält Informationen zu einem ausgesuchten Aspekt, der einmal im Jahr ausgetauscht wird.
Auf diese Weise erfahren die Besucher etwa an der ersten Station der Route, dass es sich bei der Kirche nicht um den ursprünglichen Tempel der Mönche handelte, sondern dass sie erst 1812 erbaut und wegen der Desamortisation nicht fertiggestellt wurde. Der genauere Blick richtet sich nach oben in die Kuppel. Die Fresken dort stammen von dem Mönch Manuel Bayeu, seines Zeichens Schwager von Francisco de Goya.
Neu ist auch ein Audioguide als App für das Smartphone. Sie heißt iBeacons, kann gratis bei iTunes und Google Play heruntergeladen werden und funktioniert für die Betriebssysteme iOS und Android. Dank Bluetooth werden vor jeder Informationstafel drahtlos Signale ausgesendet. Auf diese Weise ist automatisch in jedem neuen Raum die jeweilige Information abrufbar. Derzeit ist dies in folgenden fünf Sprachen möglich: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Katalanisch. Weiter Sprachen sollen hinzukommen.
Außerdem lassen sich über die App ein kleines Video, Spiele und die Route abrufen. Ihr Verlauf führt von der Kirche zur Klosterapotheke, die bis 1929 in Betrieb war. Von dort geht es zur einstigen Zelle des Priors, die zugleich als Refektorium und Empfangsraum diente. Weitere Stationen sind die bedeutendste Sammlung von Privatgegenständen von Chopin und Sand, die Sammlung Guasp mit einer Druckpresse aus dem Jahr 1622 und 1590 Holzdrucken, ein Raum mit Utensilien und Originalbüchern des Erzherzogs Ludwig Salvator, eine Ausstellung von Landschaftsgemälden der Serra de Tramuntana, der Königspalast, eine Sammlung mit zeitgenössischer Kunst aus dem Fundus des Verlegers Pere Serra, der Konzertsaal mit Malerei von Ricard Anckerman.
Nur ein Ort fehlt auf der Route: Die Zelle 4, in der Chopin und Sand residierten. Ihre Besitzer seien sich nicht grün mit den übrigen Parteien, weshalb die Einbindung in die Route bislang nicht möglich sei, erklärt Bauzá. Die Folge: Wer auch diese Räumlichkeiten sehen will, muss an einer Extra-Kasse vier Euro zusätzlich zahlen.
(aus MM 45/2016)