Colm Meaney war einer der prominenten Gäste beim Evolution Film Festival. Im MM-Interview sprach der irische Schauspieler mit Zweitresidenz auf Mallorca über sein neuestes Projekt. Auch politisch nahm er kein Blatt vor den Mund.
Mallorca Magazin: Herr Meaney, bei der Eröffnung des Evolution Film Festivals haben Sie sich sehr im Hintergrund gehalten.
Colm Meaney: Habe ich das?
MM: Sie sind nicht einmal über den roten Teppich gegangen.
Meaney: Vor dem Theater war so viel Gedränge, da sind wir einfach hintenrum gegangen. Es wurde ja auch nicht mein Film gezeigt. Ich unterstütze zwar gern das Festival, war aber froh, ohne Aufsehen ins Theater schlüpfen zu können. Und ich war erstaunt, was für einen tollen Film ("El Destierro; d. Red.) diese Jungs ohne Unterstützung gemacht haben.
MM: Einer der Produzenten war Toni Bestard. Mit ihm haben Sie auch schon gedreht ...
Meaney: Ja, der Film hieß "El perfecto desconocido" (Der perfekte Unbekannte, d. Red.). Für diesen Film gab es wenigstens ein geringes Budget.
MM: So manche Mallorquiner kennen Sie eher wegen dieses Films und weniger als Chefingenieur O'Brian von "Raumschiff Enterprise".
Meaney: Großartig, das freut mich sehr! Wissen Sie, ich habe zwar bei "Star Trek" mitgespielt. Aber es ist, als ob ich zwei verschiedene Karrieren hätte. Manche Leute kennen mich nur von Star Trek, andere nur von den anderen Filmen. Viele von ihnen wissen nicht einmal, dass ich bei Star Trek gespielt habe.
MM: In Ihrer letzten TV-Serie "Hell On Wheels" spielten Sie einen Eisenbahnpionier, in Ihrer nächsten Serie "Will" einen Theaterpionier zu Shakespeares Zeiten. Springen Sie von einem Visionär zum anderen?
Meaney: Ein bisschen schon. Wir haben "Hell On Wheels" im September letzten Jahres beendet, und ich hielt nach einer anderen Serie Ausschau. Unter dreien, die mir gefielen, befand sich dieses Drehbuch. Es wurde von Craig Pierce geschrieben, der mit Baz Luhrmann (Regisseur und Drehbuchautor; d. Red) zusammengearbeitet hat. Und wer immer für ihn schreibt, ist interessant. Der Regisseur ist Shekhar Kapur. Ich habe ihn vor zehn Jahren als Juror eines Wettbewerbs kennengelernt, er ist ziemlich genial.
MM: Was fasziniert Sie an dem Projekt?
Meaney: Die Handlung ist verrückt, wundervoll und brillant. Sie spielt in der Zeit von Shakespeare, enthält aber viele moderne Einflüsse, etwa einen Soundtrack mit Punk-Musik. Shekhar bringt zudem viel indische Farbigkeit hinein und es gibt eine Menge Piercings und Tattoos, was offenbar in dieser Zeit so war. Im Skript ist auch viel von den Spannungen der damaligen Zeit enthalten, die auf einen Krieg zwischen der politisch etablierten Kirche und den Katholiken zusteuerte. Von Shakespeare selbst wird ja vermutet, dass er ein heimlicher Katholik war. Also, alle Arten politischer und religiöser Intrigen treten dort auf. Das ist spannend und interessant.
MM: Haben Sie sich für die Serie in diese Zeit eingearbeitet?
Meaney: Das ist eher über die Jahre passiert. Ich habe mich vor allem mit der etwas späteren Zeit von Cromwell beschäftigt. Ich finde es faszinierend, wie er die Monarchie in England abgeschafft und eine Art Republik errichtet hat, die eigentlich eine Theokratie war, weil sie sehr von den Puritanern dominiert war. Natürlich interessieren mich auch die Auswirkungen von Cromwell auf Irland.
MM: Welche Rolle spielen Sie in dieser Serie?
Meaney: Ich spiele die Rolle von James Burbage, dem Vater von Richard Burbage, einem berühmten Schauspieler dieser Zeit. James Burbage war eigentlich ein Zimmermann, aber war fasziniert vom Schauspiel. Er baute in London das erste große Theater, war sein Direktor und ziemlich erfolgreich.
MM: Bekommen Sie da nicht Lust, selbst wieder Theater zu spielen?
Meaney: Ich bin nicht so sehr Theaterschauspieler und stand das letzte Mal vor acht oder neun Jahren am Broadway auf der Bühne. Jetzt schlage ich mich damit herum, es wieder einmal zu tun. Wissen Sie, meine ältere Tochter hat vor ein paar Jahren ihren Abschluss an der Yale School of Drama gemacht. Sie ist jetzt in New York am Theater und arbeitete viel in San Francisco. Und dort fragten sie, ob wir Interesse hätten, zusammen aufzutreten. Vielleicht werde wir das dieses oder nächstes Jahr machen. Aber für eine kurze Zeit, vielleicht für vier Wochen.
MM: Diesen September hatte der Film "The Journey" Premiere. Der Film handelt von der wahren Geschichte, wie aus zwei politischen Feinden, dem von Ihnen gespielten irisch-republikanischen Martin McGuinness, und dem Loyalisten Ian Paisley eine Freundschaft entsteht, die den Lauf der Geschichte änderte. Wie war das für Sie als Ire?
Meaney: Ich unterstützte Martin McGuinness 2011 als Präsidentschaftskandidat und ich unterstütze Sinn Fein in der Bemühung um ein vereintes Irland. Als man mir dann von der Rolle erzählte, war ich zunächst sehr vorsichtig und wollte zuerst das Drehbuch lesen. Ich war beeindruckt, wie politisch fair und ausgeglichen es war. Gespräche zwischen zwei Politikern sind nicht gerade das Ideal für gute Unterhaltung. Tatsächlich waren die Dialoge aber politisch interessant und zugleich voller Humor.
MM: Gehen solche Filme am Ende mit Politik ernsthafter um als Politiker wie Donald Trump, Nigel Farage oder Boris Farage in der Realität?
Meaney: Der amerikanische Wahlkampf wäre ganz lustig gewesen, wenn er nicht so verdammt ernst gewesen wäre. Donald Trump ist ein Clown, aber ein gefährlicher. Was er sagt, ist falsch, aber das ist allen egal. Dass die Leute den Begriff des postfaktischen Zeitalters akzeptabel finden, bedeutet, dass die Wahrheit für sie nicht zählt. Das gilt auch für den Brexit. Farage und Johnson logen in allem, aber die Leute stimmten trotzdem dafür. Danach wollten sie es nicht wirklich so gesagt haben. Stimmt aber nicht, sie haben gelogen. Doch das hat keine Konsequenzen für sie.
Die Fragen stellte Martin Breuninger
(aus MM 46/2016)