Mallorca Magazin: Herr Bruemmel, im Oktober beginnt die neue Spielzeit des Festivals Música Mallorca. Wo steht das Festival in seinem 15. Jahr?
Wolf Bruemmel: Der Tod des Gründers und längjährigen künstlerischen Leiters Toyo Tanaka vor zwei Jahren war eine schmerzhafte Zäsur. Die Planung eines Festivals hat ja einen langen Vorlauf, und die Programme hatte bisher immer Toyo gemacht. Nun habe zum ersten Mal ich eines gestaltet, und ich hoffe, es ist ein sehr schönes Programm geworden.
MM: In den vergangenen zwei Jahren waren Sie sichtlich mitgenommen vom Tod Ihres Partners. Hat sich das geändert?
Bruemmel: Ich denke schon. Am Anfang musste ich einfach weitermachen, weil wir bereits Vorverträge mit verschiedenen Theatern hatten, die man dann auch erfüllen muss. Jetzt ist die Lust, nach vorne zu gehen, enorm. Ich habe Energie und starte wieder durch. Möglicherweise habe ich auch bald einen genialen Geschäftsführer an meiner Seite, der schon Praktikant bei Música Mallorca war. Und in dem Bariton Tohru Iguchi habe ich einen Berater, mit dem ich das ganze Programm diskutieren kann. Es ist sehr schön und hilfreich, da nicht allein zu sein.
MM: Wodurch erhielten Sie den neuen Energieschub?
Bruemmel: Das ist schwer zu sagen. Zwei Dinge haben dabei sicherlich eine Rolle gespielt. Zum einen wurde ich als Intendant der Sommerfestspiele Theater im Eichenkranz im Gartenreich Dessau-Wörlitz angenommen. Zum anderen bin ich nun auch Dozent für Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Theater München. Da bin ich eigentlich wach geworden und dachte: Du bist ja doch noch da!
MM: Nicht mehr da als Präsident des Festivals ist Utz Claassen.
Bruemmel: Richtig, seine Nachfolge hat Olaf Zachert angetreten. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft OZ Capital. Mit ihm haben wir also einen respektablen Präsidenten, der die erfolgreiche Tätigkeit von Utz Claassen fortsetzen und die internationale Entwicklung und Strahlkraft unseres Festivals weiterbringen wird.
MM: Was ist eigentlich die Aufgabe des Präsidenten?
Er repräsentiert das Festival, holt Sponsoren heran und sponsert selbst.
MM: Dieses Jahr steht im Festivalprogramm nicht die Gala "Viva l'Opera" ganz oben, sondern der Festgottesdienst zum Reformationsjahr, der am 15. Oktober in der Kathedrale von Palma stattfindet.
Bruemmel: Die Idee für den Festgottesdienst kam von der Pfarrerin der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde auf den Balearen, Heike Stijohann. Sie ist mit der deutschen Konsulin, Sabine Lammers, befreundet, und die wiederum empfahl für die musikalische Programmgestaltung Música Mallorca. Das ist natürlich eine große Ehre für mich.
MM: Warum findet die Große Operngala am 21. Oktober erstmals im Auditorium statt und nicht im Teatre Principal?
Bruemmel: Wir hatten bekanntlich letztes Jahr große Probleme mit dem Theaterdirektor Carlos Forteza. Da keine Änderung abzusehen war, haben wir uns anderweitig orientiert. Leider, denn davor waren wir in diesem Haus immer willkommen. Aber wenn das Publikum in das Auditorium kommt, dann werde ich mit "Viva l'Opera" dort bleiben. Denn die Organisation und das Team sind ganz toll, die Besitzer Rafael und Marcos Ferragut sowieso.
MM: Heißt das: Adieu Teatre Principal?
Bruemmel: Die Verhandlungen mit dem Inselrat von Mallorca breche ich nicht ab. Der Inselrat hat immer zu Música Mallorca gehalten, egal unter welcher Regierung. Das ist sehr schön. Ich weiß, dass der Vertrag von Theaterdirektor Forteza 2019 endet. Und wenn er weg ist, werde ich sofort wieder vorstellig werden.
MM: Welches sind die Höhepunkte des Festivals?
Bruemmel: Eigentlich ist jedes Konzert ein Highlight. Ich bin aber sehr stolz, dass ich für die Große Gala "Viva l'Opera" den bekannten Tenor Oscar Marín gewinnen konnte. Er wurde ja von Montserrat Caballé entdeckt und hatte an ihrer Seite in Berlin und Dessau sein Debüt. Er trat mit Orchestern wie dem Royal Philharmonic Orchestra London und dem Orchester der Deutschen Oper Berlin auf, war auch mit ZDF und auf Arte zu sehen. Obwohl Oscar Mallorquiner ist, singt er nun zum ersten Mal öffentlich auf der Insel. Er ist gerade an der Königlichen Oper in Kopenhagen verpflichtet und hat glücklicherweise für die Gala in Palma frei bekommen.
MM: Nach vielen Jahren steht nun auch der Pianist Stefan Matthias Lademann wieder auf den Festivalprogramm.
Bruemmel: Am 28. Oktober wird er im Caixaforum die Sopranistin Maia Planas, die Mezzosopranistin Waltraud Mucher und Tohru Iguchi begleiten. Stefan Matthias Lademann ist Professor an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Er hat Sängerinnen wie Diana Damrau, Edita Gruberova und Daniela Fally begleitet und trat in Häusern wie der Berliner Philharmonie, dem Wiener Musikverein und der Carnegie Hall auf. Dass er dieses Jahr wiederkommt, freut mich sehr.
MM: Warum tritt Tohru Iguchi bei jedem Konzert auf?
Bruemmel: Tohru ist Artist in Residence 2017. Er wollte gar nicht in allen Konzerten singen. Aber das ist die Voraussetzung für den Artist in Residence, damit man ihn in unterschiedlichen Konzertformaten erleben kann. Er war ja schon letztes Jahr bei Música Mallorca und hat sich fantastisch gemacht. Für seine Rolle als Diener in Rossinis "La Cenerentola" in der Pasinger Fabrik hat er in der "Süddeutschen Zeitung" eine großartige Kritik bekommen.
MM: Zurück zu den Highlights ...
Bruemmel: Am 4. November gibt es im Hörsaal des Konservatoriums mit "Wolfgang Amadeus Mozart und Antonio Salieri eine Festival Premiere. Das Programm ist eine Ko-Produktion mit dem Musikfest Theater Eichenkranz des Dessau-Wörlitz Gartenreichs und mit dem Internationalen Lied-Festival am Zürichsee. Die Idee kam von mir und Tohru hat sofort das Programm zusammengestellt. Mittlerweile habe ich die Produktion schon an acht Festivals verkauft. Aber die Premiere ist in Palma.
MM: Wie viele Künstler nehmen insgesamt am diesjährigen Festival teil?
Bruemmel: Música Mallorca ist mit 498 Sängerinnen und Sängern, Instrumentalsolisten und Orchestermusikern aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, England, Frankreich und vom spanischen Festland am Start. Dazu kommen 44 Solisten und Musiker aus Mallorca. Also wie in besten Zeiten!
Die Fragen stellte Martin Breuninger.
Details zum Festprogramm finden Sie hier.
(aus MM 37/2017)