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Die Spanier und ihre Häppchen

Ein Klassiker: frittierte Tintenfischringe, Zitrone und eine Scheibe Weißbrot. In vielen spanischen Lokalen werden längst ausgefallenere Tapas gereicht. | Foto: J. Bagur

| Mallorca |

Mal so richtig schön Tapas essen! Das ist der Wunsch vieler Urlauber, die nach Mallorca kommen. Dabei glauben einige, ein Gericht in eine kleine getöpferte Schale zu füllen, mache es zur Tapa. Weit gefehlt! Überhaupt hat das mittlerweile auch in Deutschland bekannte "Tapas essen gehen" wenig mit dem eigentlichen Ursprung der kleinen Häppchen zu tun. Aber was genau sind eigentlich Tapas und wo kommen sie her?

Um ihre Entstehung ranken sich in Spanien Mythen. Einer besagt, dass König Alfons X. von Kastilien während einer Krankheit gezwungen gewesen war, zwischen den Mahlzeiten viel Wein und kleine Häppchen zu sich zu nehmen. Nachdem er wieder gesund war, soll er veranlasst haben, dass Wein nur noch zusammen mit einer Kleinigkeit zu essen kredenzt werden dürfe.

Eine andere Geschichte führt die Entstehung auf den Brauch zurück, Getränke mit einem Deckel (spanisch "Tapa") abzudecken. Dieser sei zu Anfang mit Oliven beschwert worden, um nicht fortgeweht zu werden, und mit der Zeit seien die Beschwerungsmethoden immer einfallsreicher und kunstvoller geworden.

Egal, wie genau die Tapas entstanden sind, eines haben sie gemeinsam. Sie sind meist kostenlose Beigaben zu einem Getränk, die im Stehen verzehrt werden. Wer größere Portionen möchte, bestellt dann die "Ración", also einen oder mehrere Teller mit Tapas einer bestimmten Sorte, die auch im Sitzen gegessen werden können. Typische Gerichte, die sowohl als "Tapa" als auch als "Ración" gereicht werden, sind Tortilla (Kartoffelomelette), Albóndigas (Fleischbällchen), Oliven, Pimientos de Padrón (kleine Paprikas), Patatas Bravas (frittierte Kartoffelstücke mit scharfer Sauce oder Aioli), Chorizo, Serrano-Schinken oder Garnelen in Knoblauch.

Doch längst kommen in Spanien nicht nur diese Klassiker auf den Tisch beziehungsweise die Theke. Die Gastro-Szene hat sich - auch im Bezug auf Tapas - weiterentwickelt. Die kleinen Häppchen sind in vielen edleren Lokalen mittlerweile zum Lifestyle-Produkt aufgestiegen. Aufwendige Kreationen mit hochwertigen Produkten haben vielerorts die öllastigen "clásicos" abgelöst, und der Übergang zwischen "Tapas" und anderen Spezialitäten ist mittlerweile fließend. Vor allem die nordspanische Küche mit ihrem exzellenten Ruf hat vielerorts Einzug gehalten.

In diesem Zusammenhang sind in erster Linie die Pinchos (auch Pintxos) zu nennen - Brotscheiben mit Belag, die vielfach aufwendig zubereitet werden, eine Spezialität aus dem Baskenland. Die kalte Variante liegt meist ansprechend auf der Bartheke in Kneipen und Gaststätten aus. Gäste bedienen sich selbst mit einem der bereitgestellten Teller oder bestellen bei einem Barista. Warme Pinchos werden oft auf den Punkt zubereitet und serviert.

Der Name Pincho stammt von dem spanischen Wort für "Spieß", denn häufig werden Zahnstocher oder kleine Holzspieße verwendet, um das Konstrukt zusammenzuhalten. Die Preisgestaltung orientiert sich an der Größe und Variante des Pinchos. In echten Pinchos-Kneipen wird die Anzahl der verzehrten Häppchen dem Kellner angegeben oder die auf dem Teller liegenden Holz- oder Plastikspieße gezählt.

Und dann wären da noch die Montaditos, kleine Sandwiches aus Weißbrot, meist gefüllt mit Fleisch oder Fisch, Schinken oder Käse, oft garniert mit Mayonnaise. Vielerorts werden aber auch Pinchos als Montaditos bezeichnet. Anderswo werden wiederum die Pinchos als Tapas gereicht. Manche Lokale verbinden beides miteinander, eine große Auswahl an "Raciones de Tapas" und eine Pinchos-Theke.

Allen Häppchen gemein ist der gleichzeitige Verzehr einer Caña (Glas Bier) oder einer Copa de Vino (Glas Wein). Und das Wichtigste ist doch immer, dass es schmeckt. Da muss man mit den Begrifflichkeiten dann auch nicht so genau sein.

(aus MM 28/16)

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