Im Familien- und Freundeskreis eine Paella auf der Terrasse genießen, so gestaltet sich in Spanien so mancher Sonntag im Sommer. Die Reispfanne gilt als Nationalgericht schlechthin und ist trotz ihrer Wurzeln im Raum Valencia auch auf Mallorca privat und in der Gastronomie weit verbreitet.
"Die klassische Paella auf dem Festland wird trockener gegessen als in der Landküche Mallorcas. Die Reisschicht in der Pfanne ist in Valencia nur etwa einen Finger dick, hier sind es manchmal vier Finger und viel mehr Saft", sagt Küchenchef Guillem Moyà vom Designhotel und Restaurant Ca's Xorc an der Landstraße von Sóller nach Deià.
Moyà setzt bewusst auf die hochwertigere klassische Variante. Den lokalen Touch erreicht er durch Meeresfrüchte wie Garnelen und Langusten aus den Inselgewässern sowie durch Kreativität und eigene Erfahrungen. "Eine meiner Paella-Varianten basiert auf Sepia-Tintenfischen, Rotbarben und Kakao-Flocken. Das ist ein Rezept aus Menorca mit einer leicht bitteren Nuance. Eine ungewöhnliche, aber interessante Kombination, die von gut informierten Gästen sehr geschätzt wird", so Moyà.
Gängiger ist natürlich eine einfache Variante mit Hähnchen, Ente, Böhnchen und kleinen Nudeln zusätzlich zum Reis, wie sie vielerorts auf der Insel zubereitet wird. "Paella ciega" (blinde Paella), so die Bezeichnung für eine Zubereitung ohne Knochen, Gräten oder Muschelschalen - also eine, die man blind essen kann. Mit der "Paella mixta" (gemischte Paella) ist hingegen eine Spielart gemeint, die sowohl Fleisch als auch Meeresfrüchte enthält. In Kombination gibt es das Ganze als "Paella mixta ciega".
Ebenfalls beliebt: Die Paella mit schwarzem Reis, die ihre Färbung durch Kalmar-Tinte bekommt. Dass die schmackhaften Kraken komplett mitverarbeitet werden, versteht sich von selbst. Paprika und weiteres Gemüse kommen ebenfalls in die Pfanne. Eine fast schon deutsch anmutende Variation mit Spanferkel, Pilzen, Blumenkohl und Zwiebelchen ist ebenfalls im Repertoire von Guillem Moyà vertreten.
Gegessen wird die Paella sowohl auf dem spanischen Festland als auch auf Mallorca ausschließlich mittags, da es sich um ein schweres Gericht handelt, das auf die Nacht nicht besonders verträglich wäre.
Üblich ist eine Bestellung für mindestens zwei Personen, da die Zubereitung dann punktgenau "al dente" erfolgen kann. Kocht man auf Vorrat in einer großen Pfanne, wie man sie als Spanien-Klischee kennt, erhält man am Ende einen ziemlich zerkochten Reis. Billige Paella-Varianten aus der Tiefkühltruhe erkennt man im Übrigen daran, dass sie Farbstoff enthalten und dadurch knallgelb werden. Mit echtem Safran zubereitet geht die Farbe hingegen Richtung Gelbgrau oder Gelbbraun. Die aus einer Krokuspflanze gewonnenen Blütenfäden sorgen erst für das richtige Aroma.
Obwohl die heutigen Restaurant-Paellas durchaus hochpreisig sein können, war das Gericht ursprünglich eher ein Arme-Leute-Essen - auf Mallorca mit Gemüse und etwas Huhn, in der Region Valencia sogar mit hamsterähnlichen Nagetieren aus den Reisfeldern, die von den Bauern kurzerhand geschlachtet und mitgekocht wurden. Kleinere Fleischstückchen mit lästigen Knochen erinnern noch heute manchmal an diese bescheidenen Ursprünge. Vor allem mit Meeresfrüchten ist die Reispfanne aber längst zur Delikatesse geworden. "Wir setzen auf Sepia, Gambas oder Miesmuscheln. Bei unseren Gästen gehört die Paella zu den gefragtesten Gerichten überhaupt", sagt jedenfalls Patrice Perrotte vom Restaurant Es Canyis in Sóller.
(aus MM 33/2017)