Wenn an diesem Donnerstag, 13. Dezember, das Santa Lucia-Fest gefeiert wird, dann zeigt eine kleine Gemeinschaft ausländischer Mallorca-Residenten in Palma eindrucksvoll Flagge. Und zwar auf eine ebenso schlichte wie gewinnende Weise; skandinavisch eben: Die Schweden auf der Insel versammeln sich vor dem Rathaus, während ihre Kinder auf dem Steinsockel vor dem Gebäude Weihnachtslieder auf Schwedisch, Englisch, Spanisch und Mallorquín singen. Die Jungen haben rote Zipfelmützen auf, die Mädchen stecken in weißen Gewändern. Die jährlich wechselnde Darstellerin der Heiligen Lucia trägt zudem einem Kranz mit brennenden Kerzen auf dem Haupte, ganz so, wie es von der frühchristlichen Märtyrerin überliefert ist. Eltern, Bekannte, Vertreter aus Politik und Gesellschaft sowie viele weitere Zuschauer lauschen den Liedern, trinken Glühwein und erfreuen sich am Lichterglanz des weihnachtlich geschmückten Rathausplatzes.
Das ist das positive Bild, das die Mallorquiner mit den Schweden auf der Insel verbinden.
Wie keine andere Ausländer-Gemeinschaft auf Mallorca haben es die Skandinavier verstanden, sich auf der Rangliste der Sympathie einen Spitzenplatz zu sichern. Mit lärmenden, trunkenen Touristenhorden sind die Schweden auf der Insel ebensowenig über einen Kamm geschoren worden wie mit heuschreckenartig einfallenden Heerscharen von Immobilien-Aufkäufern. Vielmehr haben die nordeuropäischen Residenten sich vor allem dezent und taktvoll in die multikulturelle Realität der Insel zu integrieren gewusst.
Und das, ohne sich zu verstecken. So besteht die schwedische Kirche, die Svenska Kyrkan seit 1959 in Sant Agustí in Palma. In einer Jugendstilvilla in El Terreno wiederum ist seit 1967 die Schwedische Schule zu Hause. (Im Jahre 2003 nahmen die Schweden dort auch die Deutsche Schule Mallorca auf, um gemeinsam die Keimzelle des Schulprojekts Euro-Campus zu bilden.) Im schwedischen Zweig werden derzeit 75 Schüler unterrichtet, 15 mehr als noch vor zwei Jahren. „Wir haben vor allem Zuwächse bei den unteren Klassen, aber auch in der Abschlussklasse. Unsere Gemeinschaft auf Mallorca wächst”, sagt Direktor Stefan Sandqvist. Undenkbar für die deutschen Schulen auf Mallorca: Der schwedische Staat trägt die Hälfte der Schulkosten und überwacht die Qualität der Ausbildung.
Bei den schätzungsweise 3000 Schweden auf Mallorca – über genaue Zahlen verfügt selbst das Konsulat nicht – handelt es sich somit nicht um eine unscheinbare Gemeinschaft. Im Gegenteil. Die Nachfahren der Wikinger sind im Stillen so geschäftstüchtig wie man es allenfalls von Schweizern erwarten würde. Die Nordmänner (und -frauen) sind Firmengründer und Investoren, die vor allem in Palma erfolgreich Unternehmen aufgezogen haben. Das Möbelhaus Ikea der Inhaber Anders und Ola Alm vor den Toren der Stadt ist nur das augenscheinlichste Beispiel für schwedischen Pioniergeist. Kaum jemand weiß, dass die Skandinavier hier eine eigene Hotellerie aus dem Nichts geschaffen haben, und dies unter Bewahrung mallorquinischer Kulturgüter. So wurden unter den Auspizien schwedischer Geldgeber – und ihrem skandinavischen Fingerspitzengefühl für Ästhetik – aus heruntergekommenen Altstadtpalästen gediegene Designer-Herbergen. In Palma sind dies unter anderem die Hotels Portitxol, Tres und Puro. Letzterer Inhaber, Mats Wahlström, hatte zudem vor zwei Jahren die Idee, das bei Can Pastilla vorgelagerte Inselchen mit dem Barbetrieb El Cielo in den exklusiven Beach-Club Purobeach zu verwandeln. Die Portitxol-Eigentümer Johanna und Mikael Landström wiederum erweckten vergangenes Jahr das abgetakelte Hotel Espléndido in Port de Sóller zu neuem Leben. Ganz ähnlich verfährt die schwedische Immobilien-Unternehmerin Kerstin Englund. Mit ihrer mallorquinischen Baufirma Rustic verwandelt sie leerstehende Altbauten zu neuen Wohnwelten oder „Urban Hotels”, wie das Misión de San Miguel in der Altdtadt oder das Azul Playa am Strand von Ciudad Jardin.
Doch die schwedischen Unternehmer wussten nicht nur in Hotels zu investieren. Der Nordsee-Ölmillionär Stellan Lundqvist schuf 1985 das Weingut Santa Catarina bei Andratx sowie die Euroclinic in Son Verí Nou bei Arenal (Llucmajor). Beide Unternehmen befinden sich dem Vernehmen nach weiterhin in Lundqvists Besitz, obgleich die Immobilien verpachtet sind. Im Weingut zeichnet die mallorquinische Bodega Macià Batle für den Betrieb verantwortlich.
Weitere schwedische Unternehmer auf der Insel sind etwa Lars-Erik Magnusson, der langjährige Inhaber des einzigen Kasinos der Insel in Sol de Mallorca bei Magaluf. Ola Holmgren und seine Frau Grete wiederum starteten 1993 die Filmproduktionsfirma Palma Pictures. In den Studios im Gewerbegebiet von Marratxí entstehen Werbespots für internationale Marken wie BMW, Fosters-Bier oder Haarkosmetikprodukte von Schwarzkopf.
Auch in der Inselgastronomie sind die Schweden aktiv. Insbesondere in Palmas Altstadt und dem In-Viertel Santa Catalina haben sich Lokale, Bars und Geschäfte etabliert. Viele der Unternehmer sind im aktiven Alter von 35 bis 55 Jahren.
Außer in der Wirtschaft spielen die Schweden auch im gesellschaftlichen Leben eine herausragende Rolle. Neben den genannten Magnaten selbst ist etwa Olga Lallerstedt de Bestard eine informelle, wenn auch rührige Botschafterin ihrer Heimat auf der Insel. Verheiratet mit dem langjährigen US-Konsularagenten Tumy Bestard ist die Sprecherin des Golfplatzes Santa Ponça aus dem Treffen der Insel-High Society nicht wegzudenken.
Das gilt auch für die prominenteste Schwedin auf Mallorca, der Schwester von König Carl Gustaf, Prinzessin Birgitta. Sie ist nicht nur der renommierteste Repäsentant des nordischen Königreiches auf der Insel, sondern zugleich auch Mallorcas inoffizielle Werbeträgerin Nummer eins in Skandinavien.